Der Versand von Smartphones ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen; und ein großer Teil dieses Rückgangs hängt mit den hohen Preisen und der zunehmenden Frustration seiner Verbraucher zusammen. Ein Experte bezeichnet den heutigen Smartphone-Markt nicht umsonst als "Chaos". [...]
Die Verkaufszahlen von Smartphones sind nun im fünften in Folge deutlich zurückgegangen, sodass sich das vergangene Jahr als das wohl schlechteste in der Geschichte des Smartphones etablierte, so die neuen Daten des US-amerikanischen Forschungsunternehmens IDC.
Die Daten zeigten an, dass nach einem „herausfordernden Urlaubsquartal“ Ende 2018 das weltweite Smartphone-Volumen im vergangenen Jahr um 4,1 Prozent zurückging und insgesamt 1,4 Milliarden Einheiten ausgeliefert wurden. Allein im vierten Quartal ging das Volumen mit nur 375,4 Mio. ausgelieferten Einheiten um weitere 4,9 Prozent zurück. Und es ist nicht zu erwarten, dass sich die Situation dieses Jahr wesentlich verbessern wird.
„Angesichts der anhaltend schwierigen Marktbedingungen im ersten Quartal 2019 wird die Wahrscheinlichkeit eines rückläufigen Marktes in diesem Jahr zunehmend Realität“, äußerte sich IDC in ihrem Bericht über den weltweiten vierteljährlichen Mobile Phone Tracker.
Ein zweites Forschungsunternehmen, IHS Markit, veröffentlichte erst kürzlich seine eigenen Smartphone-Verkaufszahlen und berichtete, dass die Auslieferungen fürs vierte Quartal noch schlechter waren als die von IDC. Die weltweiten Smartphone-Lieferungen erreichten im vierten Quartal 365,2 Millionen Einheiten, was einen Rückgang von 5,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal bedeutet. Die IHS-Zahlen für das gesamte Kalenderjahr waren dagegen allerdings besser als die von IDC. IHS gab außerdem an, dass die Smartphone-Lieferungen von insgesamt 2,44 Mrd. Einheiten im Jahr 2017 um 2,4 Prozent auf nur 1,41 Mrd. Einheiten im Jahr 2018 zurückgingen.
Die Gründe für den Umsatzrückgang sind unterschiedlich und umfassen die Verlängerung der Smartphone Replacement Circles; eine zunehmende Penetration in vielen großen Märkten; politische und wirtschaftliche Unsicherheit; sowie eine wachsende Frustration der Verbraucher über kontinuierlich steigende Preise.
„Weltweit ist der Smartphone-Markt derzeit ein einziges Chaos“, so Ryan Reith, Vice President von Worldwide Mobile Device Trackers. „Außer einer Handvoll wachstumsstarker Märkte wie Indien, Indonesien, Korea und Vietnam haben wir 2018 keine positive Aktivität gesehen.“
Apple gehört zu den am stärksten von rückläufigen Umsätzen betroffenen Unternehmen, die trotz der Veröffentlichung von drei neuen iPhone-Modellen im vierten Quartal um ganze 11,5 Prozent zurückgingen. Für das Gesamtjahr sei der iPhone-Umsatz um insgesamt 3,2 Prozent zurückgegangen, was angesichts der Tatsache, dass seine beiden größten Märkte – USA und China –, das wohl schlechteste Jahr für Smartphone-Verkäufe aller Zeiten erlebte, nur einleuchtend ist.
„Apple ist mit Sicherheit noch nicht raus aus dem Spiel, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es im Jahr 2019 kein 5G-iPhone geben wird, bedeutet, dass nun es ein besonders starkes iPhone und einen sicheren Platz im Ökosystem braucht, um erfolgreich zu sein“, so IDC in ihrem Jahresbericht. „Wenn irgendjemand das kann, dann ist es Apple. Aber es wird sicher nicht leicht sein; vor allem nicht, wenn man sich mit all dem anderen Abwärtsdruck am Markt konfrontiert sieht.“
Apple hat auf kurze Zeit nur begrenzte Optionen zur Verfügung, meint Gerrit Schneemann, Senior Analyst der IHS Markit-Sparte für Mobile Handsets, Technology, Media & Telecom.
„Es ist klar, dass sie sich nicht von ihrem Premium-Branding entfernen werden und es gibt nicht viel Spielraum für Preiselastizität. Daher werden sie ihre Trade-In-Programme und Finanzierungsoptionen ausbauen, um ihren Premiumpreis für die meisten Verbraucher auf ein überschaubares Niveau zu bringen“, erklärt Schneemann.
Für einige Märkte könnte die Wiedereinführung älterer Modelle in Zukunft eine größere Rolle spielen, doch Apple scheint zögerlich zu sein, sich dieser Strategie voll zu widmen, so Schneemann. Langfristig könnten die Carrier in gewisser Weise wieder Subventionen einführen, auch wenn sie sich in den letzten zwei Jahren in vielen Märkten davon entfernt haben.
„Wenn die Upgrades weiterhin schlecht abschneiden, haben die Carrier auch wieder einen Anreiz, die Preise zu manipulieren“, sagte Schneermann.
Anthony Scarsella, Research Manager bei IDCs Worldwide Quarterly Mobile Phone Tracker, sagte, die Einführung von sowohl 5G- als auch faltbaren Geräten im Laufe des Jahres könnte der Smartphone-Branche neues Leben einhauchen – je nachdem, wie Anbieter und Carrier die tatsächlichen Vorteile dieser Technologien vermarkten.
Samsung hat angekündigt, in diesem Jahr ein faltbares Smartphone einzuführen, aber die Kosten könnten laut Spekulationen der Branche letztlich bis zu 2000 Euro betragen. Das Unternehmen ist angeblich Vorreiter in der Herstellung eines faltbaren Smartphones.
In den kürzlich veröffentlichten Finanzergebnissen für das vierte Quartal und für das Gesamtjahr 2018 gab Samsung an, dass das Betriebsergebnis von Quartal zu Quartal (und von Jahr zu Jahr) zurückgegangen sei. Dies sei auf einen Rückgang des Verkaufsvolumens bei Smartphones und des Umsatzes an sich zurückzuführen.
Während die Smartphone-Verkäufe zurückgingen, versprach Samsung, „man strebe an, mit der Einführung von faltbaren und 5G-Geräten die Trends auf dem Markt anzuführen, um nachhaltiges Wachstum sicherzustellen.“
Samsung wird das Galaxy S10 nächsten Monat auf der Unpacked-Veranstaltung in San Francisco vorstellen. Das neue Flaggschiffmodell der Smartphones wird in den kommenden Monaten voraussichtlich den Umsatz und die Geschäftsentwicklung deutlich unterstützen.
Samsung verzeichnete im vierten Quartal einen Rückgang des Smartphone-Volumens um 5,5 Prozent bei einer Gesamtmenge von 70,4 Mio. Einheiten. Während dies dennoch ausreichte, um die Spitzenposition zu halten, sank der Marktanteil erneut unter 20 Prozent – auf insgesamt 18,7 Prozent – und lag damit nur wenige Punkte über Apple und Huawei.
Huawei war im vergangenen Jahr einer der drei größten Smartphone-Hersteller, die im vergangenen Jahr einen Umsatzanstieg verzeichneten. Der Verkauf stieg im Jahr 2018 um 33,6 Prozent.
„Huawei verzeichnet einen wachsenden Erfolg bei seinen Geräten aus der Honor-Reihe, die mittlerweile fast die Hälfte seines Gesamtvolumens ausmachen“, so IDC.
China macht etwa die Hälfte des Smartphone-Geschäfts von Huawei aus. Dies ist jedoch rückläufig, da das Unternehmen seinen weltweiten Erfolg fortsetzt und in fast allen internationalen Märkten wächst, an denen es laut IDC 2018 teilnahm.
Außerdem werde Huawei voraussichtlich auf dem Mobile World Congress in Barcelona ein eigenes klappbares Smartphone vorstellen. Am 24. Februar ist für diese Ankündigung eine Pressekonferenz geplant.
Mit der Markteinführung neuer Modelle wird jedoch auch mit einem Anstieg der durchschnittlichen Verkaufspreise gerechnet, da neue Displays, Chipsätze und Radios bei der Materialmanufaktur höhere Kosten verursachen, meint Schneemann von IHS Markit.
„Um dem entgegenzuwirken, müssen Carrier und Einzelhändler die Trade-In-Angebote für ältere Geräte als eine Art Subvention, um Upgrades im gesamten Jahr 2019 voranzutreiben, voll ausschöpfen“, sagte er.
Insgesamt nimmt der Replacement Lifecircle für Smartphones vor allem bei den Verbrauchern zu. Unternehmen, die Smartphones für ihre Arbeitnehmer kaufen, sind in der Regel auf einen längeren Zeitraum und nicht auf einen jährlichen oder sogar zweijährigen Upgrade-Zyklus angewiesen.
Die Preisgestaltung könnte sich in diesem Jahr als attraktiver erweisen, wenn die Hersteller von Mobiltelefonen ihre Smartphones in einem Nischen-Ansatz verfolgen, sich auf Anwendungsfälle konzentrieren und die Hardware zur Unterstützung bereitstellen.
„Dies könnte ein Mittelklasse-Gerät mit vielen Kameraobjektiven sein, das nicht den besten Bildschirm hat, oder ein Smartphone mit einem großen Akku, aber dafür mit anderen Kompromissen“, so Schneemann. „Anstatt nach einem Flaggschiff mit Premium-Preisen suchen zu müssen, könnten Unternehmen aufgrund eines geänderten Portfolio-Ansatzes [der Gerätehersteller] schon bald eine gute Mittellösung finden.“
*Lucas Mearian ist Senior Reporter bei Computerworld.com
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