Talente verlassen Unternehmen oft nicht wegen zu wenig Geld oder öder Arbeit - sondern wegen schlechter Chefs. Führungsschwach etwa darf ein Vorgesetzter nicht sein. [...]
Bereits vor 17 Jahren äußerten zwei Forscher der Managementberatung Gallup die Vermutung, dass Arbeitnehmer eher wegen ihres Chefs als wegen der Arbeit an sich das Unternehmen verlassen. Marcus Buckingham und Curt Coffman haben ihre Beobachtungen im Buch First, Break All the Rules – What the World’s Greatest Managers Do Differently veröffentlicht. Ihre These: Nicht die Gehälter, Boni und das Arbeitsumfeld machen den großen Unterschied. Das gewichtigste Bleibeargument für Mitarbeiter sei tatsächlich das Verhältnis zu ihrem Chef, so die beiden Forscher.
„Menschen verlassen ihren Manager, nicht das Unternehmen“, lautet ein gern zitierter Satz aus dem Buch von Buckingham und Coffman. Bob Kantor, Coach und IT-Management-Consultant, hat für CIO.com drei Tipps für IT-Manager zusammengestellt. Wer sie befolgt, wird zu einem Chef, für den die Mitarbeiter gern arbeiten anstatt sich wegzubewerben, so Kantor.
1. FÜHRUNGSSTÄRKE ZEIGEN
Auch wenn dieser Ratschlag auf der Hand liegt, beobachtet Kantor, dass ein Fünftel der Teilnehmer von IT-Führungskräfte-Coachings damit ihre Probleme haben. Das sei besonders häufig bei Personen der Fall die gerade zur Führungskraft aufgestiegen sind, doch nicht ausschließlich. Oft setzen solche Chefs das Management der Aufgaben im Team mit dem Management des Teams gleich. Dann legen sie ihren Fokus viel zu stark auf das Aufgabenmanagement und schenken ihren Mitarbeitern zu wenig Aufmerksamkeit.
Neu-Manager, so Kantor, definieren ihre Rolle häufig darüber, dass sie aus ihrer Machtposition heraus nach unten ins Team führen. Sie verstehen es hingegen oft noch nicht, ihre Macht einzusetzen, um Manager auf ihrer Hierarchie-Ebene und darüber hinaus zu beeinflussen. Teammitglieder beobachten in der Regel sehr genau, ob ihre Führungskraft auch nach oben führen kann und entscheiden schnell, ob sie wirklich führt oder nur die Anweisungen ihres eigenen Chefs befolgt. Vermissen Angestellte bei ihrem Vorgesetzten wichtige Entscheidungen, kann sich schnell der Eindruck im Kopf festsetzen, im Team einer schwachen Führungskraft zu arbeiten.
2. DELEGIEREN UND SO DIE MITARBEITER WEITERENTWICKELN
Kantor ist der Meinung, dass ein großer Teil der IT-Manager deutlich weniger delegiert als sie könnten oder sollten. Viel zu selten werde das Delegieren eingesetzt, um Mitarbeiter weiterzuentwickeln. Anstatt Aufgaben abzugeben und die Teammitglieder während der Bearbeitung dabei zu betreuen, übernehmen IT-Manager die Aufgaben häufig lieber direkt selbst. Andere delegieren deshalb so wenig, weil sie es als Schwäche betrachten, Aufgaben nicht selbst zu erledigen.
Manager, die Aufgaben delegieren, sind meist erst einmal sehr überrascht, wie zufrieden es ihre Teammitglieder macht, herausfordernde Projekte übernehmen zu dürfen. Führungskräfte vermitteln so, dass ihnen die Karriere ihrer Mitarbeiter wichtig ist und sie ihnen verantwortungsvolle Aufgaben zutrauen. Das sind zwei wichtige Eigenschaften von Chefs, für die Angestellte gern arbeiten.
3. VERANTWORTLICHKEITEN IM TEAM KLAR DEFINIEREN
Mitarbeiter erwarten von ihren Führungskräften, dass sie sie für ihre Aufgabenbereiche zur Verantwortung ziehen. Erlauben Manager Angestellten auf Kosten der erfolgreicheren Teammitglieder eine schlechtere Leistung, sinkt nach Ansicht von Kantor die Bereitschaft der Mitarbeiter, für einen solchen Chef zu arbeiten.
Er rät, Verantwortlichkeiten in drei Schritten klar abzustecken. Dafür müsse man zuerst klare Erwartungen an seine Teammitglieder kommunizieren. Der zeitliche Rahmen und das Ziel müssen dabei so formuliert sein, dass der Mitarbeiter das Gespräch nicht mit offenen Fragen oder einem schlechten Gefühl verlässt, sondern mit vollem Einsatz auf das Projektziel hinarbeitet.
Im zweiten Schritt zum klaren Abstecken von Verantwortlichkeiten geht es darum, Konsequenzen einzuführen – sowohl positive als auch negative. Diese Konsequenzen sollten nach Meinung von Kantor nicht nur thematisiert werden, wenn einmal im Jahr über die Leistung und das Gehalt gesprochen wird. Als Beispiele für Belohnungen nennt er den Besuch einer Fachveranstaltung, die Übernahme von verantwortungsvolleren Aufgaben oder die Repräsentation des Teams in Meetings. Negative Konsequenzen könnten sein, mit dem Teammitglied über seine schlechte Leistung zu sprechen, die Auswirkungen dieser Performance zu erläutern oder eine Zusatzleistung zu verweigern.
Schließlich steckt man Verantwortlichkeiten klar ab, indem man regelmäßige Gespräche führt, die sich auf Fakten beziehen. Wer seinem Mitarbeiter einfach nur mitgibt, dass er sein Verhalten verbessern muss, lässt viel Raum für Diskussionen. Nennt man konkrete Beispiele aus einem gemeinsamen Meeting, ist der Punkt deutlich klarer. Führungskräfte werden dann als besonders fair und effektiv angesehen, wenn ihr Feedback auf Fakten fußt. Als angesehenere Chefs verbessern sie nicht nur die Gespräche im Team, sondern werden zum Bleibeargument für Mitarbeiter.
*Andrea König arbeitet als freie Journalistin unter anderem für CIO.de
Be the first to comment