6 Phasen zur Kundenbindung: Wie sich die IT im Business behauptet

Skeptiker aus dem Business halten nicht viel von der hauseigenen IT. Forrester rät zu einem 6-Phasenmodell, mit dem sich CIOs im Unternehmen behaupten. [...]

Alarmierend ist dieser Befund selbstverständlich. Business Leader gehen nicht felsenfest davon aus, dass die hauseigene IT den Erfolg ihrer Abteilung beschleunigt. Das zeigt eine Studie von Forrester Research – und man beachte die höfliche bis wachsweiche Formulierung. Besonders ausgeprägt ist die Skepsis in den Abteilungen für Kundendienst, Produktentwicklung und Sales. Mehr als drei Viertel der Befragten in diesen Abteilungen haben den Erfolgsbeitrag der IT auf einer Skala von 0 bis 10 höchstens mit 7 bewertet.
CHEFS WOLLEN KUNDENERLEBNISSE VERBESSERN
Problematisch ist das sicherlich. Aber Schwarzmalerei ist nicht das Ziel, das die Analysten Sharyn Leaver und Kyle McNabb in ihrer Studie „Top Technologies For Your BT Agenda“ (BT = Business Technology) verfolgen. Auf den ersten Blick könnte man dabei durchaus argwöhnen, dass es um einen bekannten Aufguss geht. 77 Prozent von knapp 3000 befragten Managern aus aller Welt nennen Umsatzwachstum als Top-Priorität, 74 Prozent die Verbesserung des Kundenerlebnisses. Der Kunde, so die schon einmal irgendwo gehörte erste Botschaft, rückt in den Mittelpunkt der geschäftlichen Bestrebungen. Und die IT steuert für den Kampf um die Gunst des Umworbenen zu stumpfe Waffen bei.
Leaver und McNabb belassen es dabei indes nicht, sondern geben durchaus konkrete Empfehlungen zur Besserung. Schlichter Unwille der IT dürfte schließlich in den seltensten Fällen Kern des Problems sein. Vielmehr herrscht offenbar Ratlosigkeit vor, wo sich bei der Unterstützung des Geschäftsprozesse tatsächlich sinnvoll ansetzen lässt. Forrester erläutert das, indem der so genannte Customer Life Cycle analysiert wird. Aus sechs Phasen besteht dieser – und für jede dieser Perioden lässt sich einfach deutlich machen, inwieweit die IT Unterstützungsdienste leisten kann.
BUSINESS TECHNOLOGY AGENDA UND IT-AGENDA AUFSETZEN
Investitionen in Business Technologies seien zentral, um Kunden gewinnen, halten und zufrieden stimmen zu können, so die Autoren. „Business-Verantwortlich wissen das, aber sie glauben nicht, dass der CIO in seiner Position ein Hilfe sein kann“, schreiben Leaver und McNabb. „CIOs müssen das ändern, indem sie ein Business Technology Agenda aufsetzen, die sich von ihrer IT-Agenda unterscheidet.“ In Mittelpunkt müssten sowohl auf der B2C-Ebene als auch auf der B2B-Ebene die Kunden rücken; eine gemeinsame Vision im Unternehmen als Ganzes sei gefragt.
Als CIO stehe man unter Druck zu beweisen, dass die eigene Abteilung eine wesentliche Rolle beim Erreichen von Wettbewerbsvorteilen spielen kann. „Eine wichtiger erster Schritt für CIOs ist das Verständnis darüber, welche der heutigen Technologien am besten auf Kundenbedürfnisse zugeschnittene Ziele unterstützen“, heißt es in der Studie. Dies gelte es auf eine Weise zu kommunizieren, dass die Business-Seite es auch versteht.
DIE 6 PHASEN DES CUSTOMER LIFECYCLE IM ÜBERBLICK
Hier kommen die sechs Phasen des Customer Lifecycle ins Spiel. Forrester Research bezeichnet sie so: Discover, Explore, Buy, Use, Ask und Engage. Für jede dieser Phasen werden Technologien benannt, die die angestrebten Ziele des Unternehmens unterstützen.
1. Discover: Die Kunden müssen erst einmal auf Marken, Produkte und Services aufmerksam werden und sich informieren können. Auf der Technologie-Ebene heißt das, dass Informationen fließen müssen: auf der eigenen Website, über Social Media-Angebote wie Facebook oder durch klassische Werbung.
2. Explore: In der zweiten Phase orientieren sich die Kunden weiter. Sie vergleichen Ratings und Produktkritiken, besuchen Shops und Webshops, vergleichen Angebote und treten mit dem Anbieter in Kontakt. Was gilt es hier zu tun? „Ihre Lösungen müssen es den Kunden einfach machen, das alles zu tun“, rät Forrester.
3. Buy: Wer in dieser Kaufphase schlecht aufgestellt ist, droht Kunden zu verlieren – womöglich für immer. 81 Prozent der US-Kunden besuchen Websites nicht wieder, wenn man sie dort vergrätzt hat. Und mehr als 70 Prozent meiden fürderhin auch die physischen Läden der Unternehmen, die sie online enttäuscht haben. Technologie muss an dieser Stelle für einen reibungslosen Kaufvorgang sorgen. Laut Forrester sollten die Lösungen den Review-Prozess von Produktbesonderheiten unterstützen, übersichtlich sein, für die Kunden verständlich sein und Hilfestellungen bieten, falls Probleme auftreten.
4. Use: Irgendwann verfügen die Kunden über das Produkt und bilden sich ihre Meinung darüber. An dieser Stelle gilt es, Customer Usage-Daten einzufangen, aus den sozialen Netzwerken oder über eingebettete digitale Funktionalitäten. Auf Grundlage dieser Daten gilt es an der Optimierung und Innovation der eigenen Angebote zu feilen.
5. Ask: Auch nach dem Kauf suchen die Kunden nach Hilfe und Unterstützung und wollen ihre Fragen adressieren können. Lösungen müssen dafür sorgen, dass das über alle Kanäle hinweg leicht und wirksam funktioniert.
6. Engage: Kunden wollen langfristig gebunden werden Auf der technologischen Ebene lässt sich das unter anderem durch Programme wie Voice of the Customer (VOC) oder Customer Experiment Measurement befördern.
EIN CIO MACHT IT UND BT ZUGLEICH
Technologien, die diese sechs Phasen unterstützen, subsummiert Forrester zur von der IT abgegrenzten BT (Business Technology). Verbunden ist damit ein wachsender Anspruch an den CIO. „Man muss weiterhin bei der IT herausragen – also bei Technologie, Systemen und Prozessen zur Unterstützung der internen Operationen“, heißt es in der Studie. „Zugleich gilt es BT beschleunigt zu entwickeln, um zu liefern und sich zu verbessern.“
BT umfasst laut Forrester an die Kunden gerichtete Produkte und Services, an den Kunden orientierte Operationen und einen Kundenfokus bei Mitarbeitern und Geschäftspartnern. In die erste Rubrik fallen mobile Apps und Online-Kundenerlebnisse wie beispielsweise das Tool Fleet Optimizer von GE Capital, mit dem sich eine Fahrzeugflotten managen lässt – bis hin zur Vorhersage der Spritkosten. Eingebettete digitale Technologien fallen in die zweite Kategorie. Als Beispiel für die dritte Rubrik nennt Forrester Lösungen, die Service-Mitarbeiter bei Kundenbesuchen mit benötigten Informationen beliefern.
4 TECHNOLOGIEN NOTWENDIG
Jeweils mehrere der genannten sechs Phasen werden befördert durch vier Technologie-Arten: Product Innovation Solutions, Enterprise Marketing Solutions, Sales & Fulfillment Solutions und Customer Service Solutions. Sie bilden die „Engagement Platform“, die Forrester auch noch auf andere Weise unterteilt. Nämlich in Interaction Technologies, Digital Delivery Solutions, Aggregation Technologies und Infrastructure & Context Technologies.
KEIN ALTER CRM-WEIN NEUEN SCHLÄUCHEN
Die Analysten warnen davor, diese Technologien jeweils nur für sich zu betrachten oder mit althergebrachten Systemen fürs Customer Relationship Management (CRM) gleichzusetzen. „Erforderlich ist ein erweitertes Portfolio an CRM“, mahnt Forrester ein Umdenken an. „Dieses sollte mit gezielt gebauten Lösungen bestückt sein, die über die wichtigsten Touchpoints die Kundenbindung vorantreiben und zugleich Verbindungen über den gesamten Customer Life Cycle hinweg ermöglichen.“
Eine Engagement Platform als Komplettpaket gebe es momentan nicht zu kaufen, so Forrester. Deshalb muss man sich die sinnvollen Elemente selbst zusammensuchen. Das ist allerdings nicht auf allen Ebenen gleich einfach. Unproblematisch erscheint nach Forrester-Einschätzung etwa die Suche nach Interaktionstechnologien: Smartphones und Tablets, Sensoren, Wearables, Embedded Products, Implanted Devices.
MARKTREIFE FÜR DIGITAL DELIVERY FEHLT NOCH
Dafür fehlt es etwa beim Digital Delivery noch an Reife des Marktes. „Content Delivery Networks (CDNs) der nächsten Generation von Anbietern wie Instart Logic werden auf Sicht diese Lücke füllen“, vermutet Forrester. „Zugleich werden sich Digital Experience Delivery Tools von Anbietern wie Adobe und IBM dahin entwickeln, dass sie kontextualisierten digitalen Content über digitale Touchpoints hinweg präsentieren können.“ Darüber hinaus müsse man Innovationen wie Software-Defined Networking (SDN) auf dem Schirm haben.
5 TIPPS FÜR CIOS VON FORRESTER
Forrester empfiehlt den CIOs fünf Dinge:

  • Priorisierung der Top-Technologien
  • Diskussion mit dem Business-Management auf Grundlage des Customer Life Cycle
  • flankierenden Aufbau der benötigten Customer Experience Skills
  • Nutzung dieser Skills beim Zusammenstellen der Engagement Platform
  • Agieren als Strategic Planning Change Agent.

Jährliche Planung und Budgetierung reiche nämlich nicht mehr. „Arbeiten Sie mit Ihren Business-Kollegen zusammen, um von fixen Planungszyklen zu kontinuierlichen strategischen Assessments zu gelangen, die auf Customer Impact abzielen“, raten Leaver und McNabb.
* Werner Kurzlechner ist Redakteur der deutschen CIO.


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