Laut Forrester sorgt Automatisierung bis 2027 allein in den USA für rund 25 Millionen Jobverluste. Dafür entstehen 15 Millionen neue Stellen. Wie Unternehmen den Wandel mitgestalten können. [...]
CHANCEN ZUR OPTIMIERUNG FÜR ROBOTER, KUNDEN UND MITARBEITER
Chancen zur Optimierung gibt es laut Studie auf Seiten der Roboter, der Kunden und der Mitarbeiter. Roboter können beispielsweise organisatorische Probleme lösen, veraltete Software-Systeme neu zusammenfügen und wiederbeleben oder die Ausnutzung physischer Räume verbessern. Zu denken ist hier etwa an die automatische Platzierung von Fahrzeugen in Großgaragen. Die Reduzierung von Fehlerquoten und die automatische Ausführung von Routinetätigkeiten sind weitere Anwendungsfelder.
Auf Kundenseite geht es insbesondere um die präzise Vorhersage von Kundenbedürfnissen und um die Ermöglichung von Selbstbedienung. Hinzu kommt die Optimierung des Kundendienstes – wenn beispielsweise die Software Wartungsbedarf feststellt und deshalb einen Techniker losschickt.
Beim menschlichen Personal ist die Zusammenarbeit mit Robotern eine Chance einerseits, die aber andererseits auch ihre Grenzen hat. Für selten auszuführende Tätigkeiten etwa oder bei Beurteilungen mit ästhetischer Komponente sind diese Grenzen offensichtlich. Hinzu kommt der Wunsch der Kunden nach persönlichem Kontakt. Ein Masseur oder Personal Trainer sollte aus Fleisch und Blut sein – und auch im Supermarkt möchten die Kunden gerne menschliche Ansprechpartner haben.
SOFTWARE SCHREIBT SCHON ZEITUNGSMELDUNGEN
Für die Nutzbarmachung komplexer Computerintelligenz liefert Forrester folgendes Beispiel. So gibt es inzwischen Lösungen für das Schreiben standardisierter Artikel – zum Beispiel über die Bilanzzahlen von Unternehmen. Associated Press (AP) könne so pro Quartal 4300 Artikel erstellen, während die beschäftigten Journalisten bisher nur 300 Stück beisteuern konnten. Sind die Autoren aber deshalb überflüssig? Im Gegenteil, so Forrester. Sie produzieren weiterhin die fraglichen 300 Artikel, sind dabei aber befreit von Standardarbeit und können sich umso stärker der Einordnung der Zahlen widmen.
I&O PACT – 6 EMPFEHLUNGEN VON FORRESTER
Für die Entwicklung eines strategischen Automatisierungsplans rät Forrester zum Vorgehen in sechs Schritten:
I – Identify key work processes: Zu identifizieren sind in diesem ersten Schritt zunächst einzelne Routinetätigkeiten, die Teil eines reifen Geschäftsprozesses sein sollten und sich für einen Automatisierungseinstieg eignen. Als Beispiele nennt Forrester das Formulieren von Marketing-E-Mails, den Gütertransport innerhalb der Lieferkette und das Begrüßen von Kunden im Geschäft.
O – Orchestrate collaboration: Als nächstes gilt es eine Brücke zu betroffenen Führungskräften zu bauen – bei den oben genannten Beispielen also zu Marketingmanagern, Betriebsdirektoren und den Verantwortlichen für den Kundendienst. Ihnen sollten Schulungen zu neuen Technologien angeboten werden. Das gilt aber immer auch für die Personalabteilung, weil diese das Change Management beim Robotereinsatz ausübt.
P – Pilot solutions extensively: Bei der Pilotierung von Lösung kann auf bestehende Prozesse zurückgegriffen werden – insbesondere wichtig bei Projekten mit Kundenkontakt. Diese Prozesse sollten einhergehen mit intensivierter Zusammenarbeit – und den entsprechenden Schulungen. Und vermutlichen müssen die KPIs angepasst werden. Nötig könnten etwa spezielle Leistungsindikatoren sein, die die effektive Nutzung von Robotern durch die Mitarbeiter messen.
A -Automate real-life processes: Auch beim tatsächlichen Einsatz von Automatisierungstechnologie sollte man den intern bewährten Best Practices folgen. Der Rückgriff auf KPIs ist weiterhin nötig, ebenfalls sollten Kunden und interne User eingebunden werden.
C – Connect to broader systems: Eine Verankerung in einem breiteren Kontext einer digitalen Strategie ist laut Forrester ratsam. Gemeint ist damit etwa das Zusammenknüpfen von Elementen der Backend-Systeme wie ERPund CRM mit Systemen für den Kundenkontakt wie Web, Mobile und In-Store. T – Train workers continously: Die kontinuierliche Schulung der Mitarbeiter ist deshalb unumgänglich, weil diese mit ihren menschlichen Kollegen direkt kommunizieren können, mit den Robotern aber nicht. Forrester empfiehlt, klare kurz- und langfristige Schulungsziele zu definieren und KPIs für die Bewertung der erworbenen Kompetenzen zu nutzen.
Nötig ist alles das, weil – wenngleich nicht mit den übelsten Verlustkonsequenzen – Robotics auch in den Augen von Forrester mit einer sozialen Revolution einhergeht. Gownder malt einige Aspekte davon in seiner Studie aus. So wird es tatsächlich Arbeitskonflikte geben, wie auch schon zu Zeiten der industriellen Revolution. Aber diese werden die Entwicklung nach Forrester-Einschätzung nicht aufhalten. Abgeschnitten werde ein Entwicklungspfad für Entwicklungsländer. Denn das Offshoring von einfachen Dienstleistungs- und Fertigungsjobs sei keine Option mehr, wenn Roboter alles günstiger erledigen können als selbst die billigsten Arbeitskräfte.
ZU IQ UND EQ TRITT DER RQ – ROBOTIC INTELLIGENCE QUOTIENT
Gleichzeitig werde eine Nähe zu den Robotern entwickelt. Denn diese kümmerten sich ums Wohlergehen und würden sogar zu Freunden. Ein – sicherlich ausbaufähiges – Beispiel dafür ist Microsoft Cortana. Arbeitnehmer müssen sich im Forrester-Szenario letztlich dahin entwickeln, für die Zusammenarbeit mit Robotern befähigt zu sein. Neben dem IQ und EQ wird demnach auch der RQ wichtig: der Robotic Intelligence Quotient.
*Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin
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