Agiles Management in IT-Projekten

Agiles Projektmanagement basiert, anders als das klassische Projektmanagement, auf der Annahme, dass insbesondere IT-Projekte zu komplex und deshalb nicht durchgängig in der klassischen Weise planbar sind. [...]

IT-Projekte werden immer komplexer und unüberschaubarer. Erfolgreiches Projektmanagement rückt daher zunehmend in den betrieblichen Fokus, auch in KMU. Dementsprechend stand das diesjährige IKT-Forum des Studiengangs Informationstechnik & System-Management der FH Salzburg, das am 21. Mai 2015 stattfand, unter dem Motto „Projektmanagement im Wandel – Agiles Management für komplexe Projekte“. Ziel war es, einen Überblick hinsichtlich aktueller IT-Projektmanagementansätze zu geben, zu zeigen wie sich diese in der Praxis bewähren und auch einen Blick in die Zukunft der verschiedenen Ansätze zu wagen: Welche Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen ergeben sich konkret durch die agilen Projektmanagement-Methoden für Organisationen und Mitarbeiter?

„Unternehmen müssen immer rascher auf die Anforderungen ihrer Kunden reagieren, neue Produkte kreieren und sich vom Markt abheben. Dies ist keine leichte Aufgabe und stellt das Management immer wieder vor Herausforderungen“, sagt Manfred Mayr, Fachbereichsleiter für IT-Management und Wirtschaft am Studiengang Informationstechnik & System-Management der FH Salzburg. „Die ständigen Veränderungen der Kundenanforderungen und die zu hohe externe Änderungsdynamik veranlassen Projektmanager zum Umdenken.“

IM WANDEL

In den nächsten fünf Jahren wird Projektmanagement daher immer wichtiger. „Prognosen sehen voraus, dass 2020 zirka 15 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung von Projektgeschäften bestimmt werden. Derzeit liegen wir bei etwa zwei Prozent“, erklärt Mayr. „Es wird somit schneller und riskanter.“ Kurzlebige Wertschöpfungsstrukturen, beschleunigte Wissensentwicklung, deutlich verkürzte Produktlebenszyklen, höhere Risikobereitschaft, stärkere Kapitalmarktorientierung und mehr Selbstständige werden in Zukunft Geschäfte dominieren. Mayr: „Ebenso nehmen Nischen an Bedeutung zu, dementsprechend müssen sich die Unternehmen mehr spezialisieren.“ Die Projektwirtschaft wird daher auch verstärkt Partner und Kunden miteinbeziehen. „Informierte Käufer erwarten Auswahlmöglichkeiten und fordern mehr Systemprodukte. Daher sind Unternehmen gezwungen mit neuen Methoden den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.“

Die vergangenen Jahrzehnte waren überwiegend vom klassischen Projektmanagement bestimmt. Mayr: „Hier steht zu Beginn die klare Formulierung der Ziele im Vordergrund. Darauf aufbauend planen die Projektmanager Meilensteine und weitgehend voneinander abgegrenzte Phasen, wie Planung, Umsetzung und Validierung.“ Zusätzliche Anforderungen fließen typischerweise erst nach der Projektumsetzung ein. Die bekanntesten Ansätze für klassisches Projektmanagement sind IPMA, PMI und PRINCE 2.

KLASSISCH ODER AGIL?

Die Zukunft des Projektmanagements liegt jedoch im dynamischen Bereich. „Agiles Projektmanagement basiert, anders als das klassische Projektmanagement, auf der Annahme, dass insbesondere IT-Projekte zu komplex und deshalb nicht durchgängig in der klassischen Weise planbar sind“, erklärt Mayr. Hier ist mit einer hohen Dynamik zu rechnen, die eine Veränderung der Ziele, des Umfelds und der Erwartungen an die Lösung beinhaltet. Agile Projekte setzen dabei auf enge, interaktive Zusammenarbeit zwischen dem Projektauftraggeber und den umsetzenden – sich weitgehend selbst organisierenden – Teams. Kurze Zeitabstände, nach denen Änderungen und neue Anforderungen in die Planung aufgenommen werden können, sind ebenfalls typisch. Hierbei setzen Projektmanager derzeit vermehrt auf Scrum oder Kanban. Das aus der Softwareentwicklung stammende Scrum ist die bekannteste agile Methodik. Wesentliches Merkmal ist dabei die regelmäßige Lieferung von funktionsfähigen, qualitätsgesicherten Zwischenprodukten in relativ kurzen Zeitintervallen.

„Man muss bei jedem Projekt und Team abschätzen, nach welchen Ansatz man agieren sollte“, erklärt Mayr. „Sowohl die eine als auch die andere Methode bietet Vorteile.“ In einer Studie von GULP 2013 sind deshalb mehr als die Hälfte der Befragten der Meinung, dass künftig immer mehr IT-/Engineering-Projekte nach hybriden – also nach einer Kombination aus klassischen und agilen – Methoden durchgeführt werden.

SELBSTORGANISATION BRAUCHT FÜHRUNG

Kern des agilen und des hybriden Projektmanagements sind Freiwilligkeit, klare Auftragserfüllung, Sinnstiftung und Wertschätzung. Alle Teammitglieder schauen dabei positiv auf die Sache, kämpfen gemeinsam, um ans Ziel zu kommen. „Dafür brauchen sie aber einen Raum, einen Rahmen und jemanden, der diesen Rahmen aufspannt. Hier kommt die agile Führung ins Spiel“, sagt Boris Gloger, Scrum-Pionier und Vortragender beim diesjährigen IKT-Forum des Studiengangs Informationstechnik & System-Management. Gloger ist der Meinung, dass „agile Organisationen viel stärker Manager brauchen, die ihre Aufgabe darin sehen, andere Menschen zu fördern.“

Gerade in agilen Projekten sind demnach die Softskills der Projektleiter besonders gefordert. „Als Leiter übernehme ich das Servant Leadership, die dienende Führung. Ich lade zu Meetings ein, die freiwillig besucht werden können. Ich sorge dafür, dass mein Team seine Deadlines einhalten kann, indem ich den Leuten den Rücken freihalte. Und ich muss vor allem zuhören können.“ Dann fungiere agiles Projektmanagement auch als Detektionssystem, mit dem sofort Funktionsstörungen aufgezeigt werden können.

Um das zu erreichen, muss sich allerdings im Management etwas verändern. „Das tayloristische Managementsystem, das zwischen 1890 und 1910 entstanden ist und heute noch fast überall vorherrscht, geht davon aus, dass Mitarbeiter nicht wissen, wie der Job zu tun ist“, sagt Gloger. „Es braucht also eine Managerschicht, die die Entscheidungen trifft und die anderen Mitarbeiter dazu bringt, zu arbeiten.“ Dieses Modell habe ein System erzeugt, in dem es als Leistung gilt, wenn jemand lange im Büro sitzt. Darüber hinaus sei eine Kaste entstanden, das Management. Management bilde in Unternehmen eine abgehobene Schicht – Manager würden mehr untereinander als mit den Mitarbeitern kommunizieren.

„Das Problem ist: Es ist in den letzten Jahren zu wenig vermittelt worden, wie man mit Menschen umgeht, die sehr gut ausgebildet sind und Sinn in der Arbeit suchen“, erklärt Gloger. Das alte Bild vom Management und das, was heute gebraucht wird, passen nicht mehr zusammen. Laut Gloger funktioniert die junge Generation nicht mehr so, wie vor fünf Jahren. „Junge Leute wollen sich einbringen und selbstverwirklichen. Sie wollen von den Älteren lernen, aber keine Befehle entgegennehmen. Sie wollen Spaß haben, und ich muss sie davon überzeugen, dass mein Vorhaben genau das bietet. Ich muss ihnen einen Rahmen bieten und ihnen die Richtung vorgeben. Aber wie sich die Teammitglieder organisieren, um das zu erreichen, liegt in ihrem freien Handlungsspielraum.“ In Zukunft müssen Projektmanager folglich umdenken und sich an die veränderten Anforderungen anpassen. Sie sind gefordert, den bestmöglichen Weg einzuschlagen, ihren Teams den optimalen Rahmen zu bieten und den passenden Ansatz – sei es agil oder hybrid – zu wählen, um ihre Projekte erfolgreich abzuschließen. (pi/oli)


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