Das AV-Test Institut hat 21 Antivirusprogramme für private Anwender unter Windows 10 getestet. Keines der Produkte ist durchgefallen, nur zwei haben die Maximalpunktzahl erreicht. [...]
Das AV-Test Institut hat 20 Antivirusprogramme geprüft, die ihre Hersteller zur Zertifizierung eingereicht hatten. Zum Vergleich ist auch wieder der serienmäßige Windows Defender dabei. Die ausführlichen Tests haben im September und Oktober unter Windows 10 Version 1703 (64 Bit) stattgefunden, der vorherige Test unter Windows 10 fand im Frühsommer statt. Das Testfeld ist bis auf Versionsänderungen nahezu gleich geblieben. Erstmals dabei ist das Produkt PC Matic des Herstellers PC Pitstop, der für sich in Anspruch nimmt, seine Software komplett in den USA herzustellen. Der chinesische Hersteller Qihoo 360 ist wieder dabei, diesmal mit zwei unterschiedlichen Konfigurationen desselben Produkts.
Geprüft wird wie üblich in den drei Kategorien Schutzwirkung, Geschwindigkeit und Benutzbarkeit. Die Schutzprogramme müssen knapp 10.000 Schädlinge erkennen und abwehren, die nicht älter als vier Wochen sind. Zudem werden sie im so genannten Real-World-Test mit 202 tagesaktuellen Schädlingen konfrontiert (0-Day-Malware). Die Tester prüfen, wie sehr die Antivirusprogramme gängige Alltagsabläufe ausbremsen, etwa den Aufruf von Web-Seiten, Downloads, das Kopieren von Dateien oder die Installation und Benutzung legitimer Software. Die Benutzbarkeit ergibt sich aus Fehlalarmen, die bei solchen Vorgängen auftreten.
In jeder Kategorie gibt es maximal sechs Punkte, in der Summe also höchstens 18. Diejenigen Produkte, die insgesamt mindestens zehn Punkte und in jeder Kategorie wenigstens einen Punkt erreichen, erhalten ein Zertifikat. Zusätzlich vergibt AV-Test das Prädikat „Top Product“ für Lösungen, die in allen Testkriterien hervorragend abschneiden und insgesamt 17,5 Punkte oder mehr erzielen.
DIE TEST-ERGEBNISSE
Die Mindestanforderungen für ein Zertifikat haben alle Kandidaten mühelos erfüllt. Kaspersky Lab hat, wie schon in den drei vorherigen Tests, die vollen 18 Punkte erreicht, diesmal hat das allerdings auch AhnLab aus Südkorea geschafft. Knapp dahinter folgen Avira , Bitdefender , McAfee und Norton/Symantec . Diese sechs Schutzlösungen erhalten das AV-Test-Prädikat „Top Product“.
Volle sechs Punkte für die Schutzwirkung haben auch weitere fünf Kandidaten erzielt: Avast Free Antivirus , AVG Internet Security , F-Secure Safe , Trend Micro sowie Vipre Security (vormals ThreatTrack). Die beiden Letztgenannten haben je einen halben Punkt bei Geschwindigkeit und Benutzbarkeit eingebüßt. Die Geschwister Avast und AVG haben bei den Geschwindigkeitstests (Bremswirkung) je einen ganzen Punkt verloren und einen halben bei den Fehlalarmen. F-Secure hat vor allem bei den Fehlalarmen Punkte liegen lassen. Die meisten Produkte in diesem Test bieten eine gute bis sehr gute Malware-Erkennung, lediglich Comodo und Qihoo 360 sind schlechter als der Windows Defender.
AV-Test hat die Bremswirkung der Schutzprogramme auf einem Standard- und einem High-End PC geprüft. Dabei haben sich nur wenige auffallende Resultate gezeigt. So verzögert Comodo Kopiervorgänge auf dem langsameren Rechner um 39 Prozent, auf dem schnellen System dauert das Kopieren jedoch etwa dreimal so lange wie ohne Schutz. ESET bremst auf dem langsameren Rechner das Starten gängiger Programme spürbar (um 64 Prozent längere Startzeit), beim schnellen PC fällt das hingegen kaum auf (8 Prozent). K7 TotalSecurity schafft es, das Kopieren von Dateien auf dem schnelleren PC ohne messbare Geschwindigkeitseinbußen zu ermöglichen. Microsofts Windows Defender verhält sich meist unauffällig – nur bei der Installation gängiger Software tritt der Defender merklich auf die Bremse.
Die Zahl der Fehlalarme ist in diesem Test auffallend hoch – jedenfalls bei einigen Kandidaten. Avira, ESET, Kaspersky und McAfee haben den gesamten Test absolviert, ohne falschen Alarm auszulösen. Während beim Surfen im Web kein einziges Programm fälschlich Alarm geschlagen hat, haben bei System-Scans (kompletter Scan eines sauberen Systems) fast alle Kandidaten mindestens einmal Fehlalarme produziert. Den Negativrekord haben hierbei die stolzen Amerikaner von PC Pitstop mit 76 falschen Befunden aufgestellt, gefolgt von Qihoo 360 mit 40, Microsoft mit 38 sowie F-Secure mit 19 Fehlalarmen. Bei der Installation und Benutzung legitimer Software gab es kaum Fehlalarme.
Qihoo 360 ist in diesem Test doppelt vertreten. Das Produkt TotalSecurity hat den Testparcours einmal mit dem Standard-Scan-Modul und einmal mit den Zusatzmodulen von Avira und Bitdefender absolviert. Gegenüber der mäßigen Malware-Erkennung mit der Standard-Engine hat das deutsch-rumänische Zusatzgespann einige Verbesserungen gebracht, ohne die Rechner spürbar stärker auszubremsen. Die ohnehin schon hohe Zahl der Fehlalarme (33) ist auf 40 gestiegen. Die Leistung der Originalprodukte von Avira und Bitdefender wird jedoch nicht erreicht.
Die offenbar auf der Trump-Welle reitenden Amerikaner setzen beim Schutz vor Malware auf den Whitelist-Ansatz. Dabei können nur bekanntermaßen harmlose Programme ausgeführt werden, alles andere wird blockiert. Damit erreicht PC Pitstop PC Matic tatsächlich ein hohes Schutzniveau, allerdings um den Preis einer neuen Rekordmarke bei den Fehlalarmen. Wer gehässig sein will könnte auch sagen, PC Matic produziere eine Menge Fake News…
Die Ergebnistabelle ist nach der letzten Spalte sortiert. Darin haben wir mehr Gewicht auf die Schutzwirkung gelegt (60 Prozent), während AV-Test alle drei Kategorien gleichrangig wertet (vorletzte Spalte). Bei der Reihenfolge ergeben sich daraus wenige kleine Verschiebungen im unteren Teil der Tabelle.
*Frank Ziemann ist seit 2005 als freier Autor für die PC-WELT tätig, schreibt News und Testberichte
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