Apple: Highlights der WWDC 2021 – Sicherheit über alles

Die Eröffnung der jährlichen Entwicklermesse zeigte vor allem, dass macOS, iOS und iPadOS weiter zusammenrücken. [...]

Alle Systemversionen sind ab Herbst verfügbar, das Update ist wie immer kostenlos (c) Apple Inc.

Apple zeigte an der virtuellen Keynote zur Hausmesse «World Wide Developer Conference» (WWDC), was uns mit den nächsten Systemen erwartet, namentlich iOS 15, iPadOS 15, watchOS 8, macOS 12 und tvOS 15. Aus dieser Lawine an Neuerungen haben wir jene herausgepickt, die besonders vielversprechend sind.

FaceTime im Browser

Was von Software-Chef Craig Federighi eher beiläufig erwähnt wurde, kommt einem kleinen Erdbeben gleich: FaceTime, also Apples eigene Lösung für Videochats, wird in Zukunft auch in einem Browser laufen! Damit lassen sich zum ersten Mal auch Android- oder Windows-Anwender an Bord holen. In Anbetracht der enormen Verbreitung von FaceTime und iMessage wird der Dienst damit zu einem globalen Konkurrenten zu Zoom, Microsoft Teams und ähnlichen Diensten.

FaceTime läuft jetzt im Browser – und vergrößert damit seine Reichweite enorm (c) Apple Inc.

Zusätzlich wurde FaceTime massiv aufgerüstet. Neu besteht die Möglichkeit, einen Link am iPhone, iPad oder Mac zu erstellen und ihn über Nachrichten, Kalender, Mail oder Apps von Drittanbietern zu teilen. FaceTime-Anrufe im Web bleiben Ende-zu-Ende-verschlüsselt, sodass die Privatsphäre unangetastet bleibt.

Siri auf Abwegen

Neben der Öffnung von FaceTime gibt es eine zweite «kleine Revolution»: Hersteller von HomeKit-Zubehör können jetzt «Hey Siri» in ihren Produkten aktivieren, sodass Siri auf Geräten von Drittanbietern reagiert und antwortet. Die Anfragen werden dabei über den HomePod oder HomePod mini weitergeleitet, damit keine fremden Ohren mithören. Unterstützt werden deshalb auch persönliche Anfragen, Intercom, Timer und Alarme. Die Integration ist ab sofort möglich, aber es wird wohl noch ein wenig Zeit vergehen, bis die ersten Siri-fähigen Geräte auf den Markt kommen.

Neue Wetter-App

Die Wetter-App zeigt sich von ihrer neuen Sonnenseite. Die Darstellung wurde deutlich aufgebretzelt und ändert sich je nach Wetterlage. Auch weitere Informationen und Radarbilder sind jetzt eingebunden. Jetzt bleibt nur noch die Hoffnung, dass auch für die Schweiz die richtigen Datenquellen angezapft werden, damit auch wir in den Genuss der Neuerungen kommen – und zwar mit zuverlässigen Vorhersagen.

Die Aussichten sind heiter, wenn die richtige Datenquelle angezapft wird (c) Apple Inc.

Automatisches Übersetzen

Zu den spannendsten Neuerungen gehört «Live Text», das auf Macs und Mobilgeräten verfügbar sein wird. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine integrierte OCR-Funktion, die Texte in Fotos, Screenshots und anderen Pixelbildern erkennt. So können Benutzer nach dem Bild einer handgeschriebenen Notiz suchen; enthält der Text zum Beispiel eine Telefonnummer, kann diese direkt gewählt werden. In eine ähnliche Richtung läuft «Visual Look Up», das Bilder analysiert und weitere Informationen liefert, etwa zu Blumen, Tieren, Kunstwerken oder Bücher.

Texte in Fotos werden lesbar und damit durchsuchbar gemacht (c) Apple Inc.

HomePod mini als Lautsprecher

Zusammen mit einem Apple-TV-Gerät wird der HomePod mini zu einem externen Lautsprecher, zwei sind natürlich besser, von wegen Stereo und so. Der HomePod mini ist in der Schweiz nicht direkt bei Apple verfügbar. Allerdings lassen sich Import-Geräte aus Deutschland, die auch hierzulande bei Online-Händlern erhältlich sind, ohne Adapter oder Kompromisse verwenden. Unseren Test zum HomePod mini finden Sie hier.

Mehr Privatsphäre

Und damit wären wir bei Apples Lieblingsthema. Mit iOS 15 wird der Datenschutz weiter ausgebaut. So bearbeitet Siri jetzt Spracheingaben ausschließlich auf dem jeweiligen Gerät, was als Nebeneffekt auch zu einem massiven Schub bei der Bearbeitungszeit führen soll. Der Mail-Datenschutz verhindert, dass Absender einer Werbemail erfahren, ob die Nachricht geöffnet wurde – und von wem. Diese Funktion verbirgt dazu unter anderem die IP-Adresse, um die Erstellung eines Profils zu erschweren.

Privacy Report

Diese Neuerung ist fast schon delikat. Wie bis anhin müssen Apps um Erlaubnis fragen, um dieses oder jenes zu tun, also zum Beispiel auf den Standort zuzugreifen. Der neue «Privacy Report» bietet einen Überblick darüber, wie Apps den Zugriff nutzen, der in den letzten sieben Tagen gewährt wurde, und welche anderen Domänen kontaktiert werden.  Das betrifft neben dem Standort auch Fotos, die Kamera, das Mikrofon und die Kontakte. Das könnte für den einen oder anderen App-Anbieter ein wenig peinlich werden, wenn er nicht brav war.

Kleine Petze: Der «Privacy Report» zeigt, wozu eine App die erteilte Berechtigung vewendet (c) Apple Inc.

iCloud+

Datenschutz betrifft jedoch immer auch die Cloud, oder in Apples Fall: die iCloud. Sie erfährt unter der Bezeichnung «iCloud+» einige interessante Verbesserungen. So lassen sich mit einer Apple-ID und «HomeKit Secure Video» die Aufnahmen von beliebig vielen Überwachungskameras speichern, statt wie bisher maximal 5. Und weil wir schon beim Thema sind: Neu erkennt eine Kamera auch, wenn vor der Tür ein Paket abgelegt wurde.

Des Weiteren nimmt sich Apple auch dem Thema «Digitales Erbe» an: Ein ausgewählter Kontakt des Vertrauens erhält im Falle des Ablebens den Zugang auf alle Daten, die in der iCloud gespeichert sind.

Besonders gut gefällt auch die Funktion «Hide My Email»: Dabei wird die eigene E-Mail-Adresse durch ein Gewusel wie «bb56qr29f@icloud.com» ersetzt und an die richtige Adresse weitergeleitet; bei Bedarf wird dieses Alias einfach gelöscht, damit die Verbindung zu einem Dienst oder Newsletter gekappt wird.

Die richtige Adresse wird auf Wunsch verschleiert (c) Apple Inc.

Mit dem «Private Relay» offeriert Apple außerdem eine Art VPN-Dienst, um die Privatsphäre im Web zu schützen. Dabei geht die Umleitung sogar über zwei Instanzen, weil Apple um jeden Preis verhindern will, dass sie selbst wissen, was der Anwender getrieben hat: Das erste Relais führt über Apple selbst, das zweite dann über einen Drittanbieter, der den Ursprung nicht nachvollziehen kann. Bei diesem Anbieter handelt es sich vermutlich um den populären Dienstleister Cloudflare, der Sicherheitsdienste und verteilte DNS-Dienste bereitstellt.

Zurzeit sieht es allerdings so aus, dass das «Private Relay» nicht den ganzen Internet-Verkehr umleitet, sondern nur das Surfen mit Safari. Trotzdem ist das ein heftiger Schlag in die Magengrube der VPN-Anbieter.

Das Beste aber: iCloud+ ist nur ein neuer Name. Tatsächlich kostet iCloud genau gleich viel wie bis anhin. Bestehende Abos werden im Herbst automatisch aufgerüstet. Alle Funktionen sind auch Teil der Familienfreigabe, bei der sich Kontingente ab 200 GB mit bis zu fünf Personen teilen lassen.

Mehr Zeugs in Wallet

Die iPhone-App «Wallet» ist der zentrale Sammelpunkt für vertrauliche Informationen wie Kreditkarten und Tickets aller Art, aber auch für digitale Autoschlüssel. Neu ist die Möglichkeit, mit dem iPhone auch die Zimmertüre in ausgesuchten Hotels zu öffnen. In den Disney-Themenparks ersetzt das iPhone außerdem das sperrige «Magic Band», das für die Bezahlung oder Reservierung einer Attraktion verwendet wird.

In den USA wird es außerdem möglich sein, auch amtliche Dokumente wie den Führerschein zu hinterlegen. Da fehlt allerdings der Glaube, dass es diese praktische Eigenschaft in der nahen Zukunft zu uns schafft.

Es wird wohl seine Zeit brauchen, bis solche Neuerungen auch bei uns ankommen (c) Apple Inc.

Auch macOS wird aufgerüstet

Doch neben iOS und der iCloud kommt auch macOS 12 «Monterey» zum Zug, wobei die Grenzen zunehmend verschwimmen. So ist zum Beispiel die neue «Quick Note» auch unter iOS und iPadOS verfügbar.

Quick Note und Tags

Hier handelt es sich genau genommen um eine neue Funktion innerhalb der Notizen-Anwendung. Eine «Quick Note» lässt sich überall und sofort anlegen, sodass kein Geistesblitz verpasst wird. Dabei lassen sich natürlich Texte, aber auch Links und sogar Zeichnungen eingeben, die auf dem iPad mit dem Pencil gekritzelt wurden. Auch hier greift die neue OCR-Funktion, die Handschriftliches und Gescanntes durchsuchbar macht.

Die «Tags» (Etiketten) erlauben es wiederum, Notizen so auszuzeichnen, dass sie zu beliebigen Sammlungen zusammengestellt werden können – ohne dass dabei die Ordner-Hierarchie beschädigt wird.

Shortcuts für macOS

Die «Kurzbefehle» (Shortcuts) schaffen es mit macOS 12 auf den Mac. Für Einsteiger: Dabei handelt es sich um eine App, die Abläufe automatisieren kann. Dabei sind keine Programmierkenntnisse notwendig, weil die einzelnen Aktionen einfach wie Bauklötze aneinander getippt werden. Die Kurzbefehle gibt es unter iOS und iPadOS schon länger. Es wird spannend zu sehen, wie sich diese Einrichtung auf dem Mac schlägt – und inwiefern diese Makros zu einer Konkurrenz für AppleScript werden.

Universal Control

Die neue Einrichtung «Universal Control» wirkte zumindest in der Demo fast schon spektakulär aus. Ob und wie sich diese Einrichtung in den Arbeitsalltag eingliedern wird, muss sich allerdings erst noch zeigen.

Bei «Universal Control» werden die Apple-Geräte zu einer einzigen Arbeitsfläche. Steht ein Mac neben einem iPad, lässt sich der Mauszeiger von einem Gerät zum nächsten bewegen, für die Steuerung verwenden oder um Objekte einfach von einem Gerät in das nächste zu ziehen. Dabei bleibt das iPad ein iPad mit all seinen Apps und Eigenheiten. Deshalb unterscheidet sich die Funktion fundamental vom bekannten «Sidecar», bei dem das iPad einfach zu einem weiteren externen Display wird.

Von einem Gerät zum nächsten, als wären sie aus einem Guss: das ist Universal Control (c) Apple Inc.

AirPlay to Mac

Der Mac wird zu einem Ausgabegerät für AirPlay, so wie es viele Fernseher schon heute können. Damit ist es ein Leichtes, den Inhalt eines MacBooks auf dem großen Schirm eines iMacs zu zeigen. Dasselbe gilt natürlich auch für die Inhalte von einem iPhone oder iPad.

Der Mac wird zur großen Bühne (c) Apple Inc.

Verfügbarkeit und Kompatibilität

Alle Systemversionen sind ab Herbst verfügbar, das Update ist wie immer kostenlos. Eine besondere Überraschung erwartet die Besitzer eines älteren iPhones: Alle Geräte, die iOS 14 erhalten haben, lassen sich auch auf iOS 15 aufrüsten. Das heißt, dass sogar das iPhone 6s von 2015 und das erste iPhone SE von 2016 noch im Rennen sind!

Für macOS 12 «Monterey» sind folgende Macs qualifiziert (oder natürlich neuere Modelle): iMac Late 2015, Mac Pro Late 2013, iMac Pro 2017, Mac mini Late 2014, MacBook Air Early 2015, MacBook Early 2016, MacBook Pro Early 2015.


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