Wenn es um das eigene Innenleben geht, zeigt man sich bei Apple relativ verschlossen. Wir sagen Ihnen, wie es sich anfühlt, für den amerikanischen iPhone-Riesen zu arbeiten. [...]
Die Unternehmenskultur bei Apple veränderte sich mit der Rückkehr von Steve Jobs zum Unternehmen, wie die Aussagen vieler ehemaliger Mitarbeiter belegen. Softwareentwickler Robert Bowdidge erzählt davon, wie er für ein neues Projekt verpflichtet wurde: „Wir wurden schlicht und ergreifend darum gebeten, zu verschwinden. Es war ein bisschen so, als würde man den Leuten weismachen, man habe ein Drogenproblem entwickelt und würde nicht mehr regelmäßig zur Arbeit erscheinen. Ich durfte nicht einmal meinem direkten Vorgesetzten etwas erzählen. Der wusste nur, dass ich an einem Geheimprojekt arbeite.“
Der Geheimhaltungswahn bei Apple betrifft aber nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch deren Freunde und Familien. Die Großkapitalanlegerin Kim Scheinberg etwa kann davon ein Lied singen. Ihr Partner war beim Umstieg der Mac OS X-Plattform auf Intel-Prozessoren beteiligt. Scheinberg kann sich noch gut an den Tag erinnern, an dem er ihr sagte: „Vergiss alles, was du weißt. Ich bin nicht befugt, mit dir darüber zu sprechen, bevor es öffentlich bekannt gemacht wird.“
IPHONE-GIGANT MIT NSA-STRUKTUREN?
Die Kultur bei Apple ist nicht gerade typisch für ein IT-Unternehmen, meint Experte Lashinsky: „Meiner Meinung nach unterscheidet sie sich von jedem anderen Unternehmen, mit dem ich mich bislang beschäftigt habe. Das ist fast schon wie bei einem Geheimdienst. Ich hatte die Gelegenheit, mit einem Ex-NSA-Mitarbeiter über das Thema zu sprechen und er hat mir bestätigt, dass ihn die Arbeitsweise bei Apple an die der NSA erinnert.“
Diese Art der internen Kommunikation hat jedoch auch ihre Vorteile: Viele Apple-Mitarbeiter haben bereits bestätigt, dass Politik hinter den Kulissen kaum eine Rolle spielt. Lasinsky meint: „Das ist so, weil es keinerlei Informationen gibt, mit denen sich Politik betreiben ließe. Stattdessen geht man als Angestellter bei Apple zur Arbeit und arbeitet einfach. Das ist – in Kurzform – der ‚way of life‘ bei Apple.“
Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Die rigorose Geheimniskrämerei bedeutet nicht, dass keiner mehr weiß, was der andere tut. Um das zu verhindern, gibt es in der Apple-Unternehmenskultur die Rolle des DRI (Directly Responsible Individual). Experte Lashinsky erklärt: „Wenn man bei Apple zu einem Meeting kommt, gibt es eine Agenda mit Tagesordnungspunkten. Neben jedem Punkt steht ein Name – der DRI. Diese Person hat dafür zu sorgen, dass der ihm zugeordnete Punkt erledigt wird.“
Trotz aller Geheimhaltung gibt es im Netz übrigens jede Menge Fotos aus dem Inneren der Apple-Zentralen zu sehen. Die Website Apple Gazette etwa zeigt diverse Fotos aus dem Headquarter in Cupertino.
Video: Apple’s culture of secrecy
START-UP-MENTALITÄT BEIM TECHNOLOGIE-RIESEN
Apple setzt in der täglichen Arbeit in erster Linie auf kleine und kompakte Teams und stattet diese – laut Aussagen von Mitarbeitern – mit umfassenden Kompetenzen und Unabhängigkeit aus. Wenn es also angebracht ist, ist das Großunternehmen Apple in der Lage, wie ein Start-Up zu handeln und kleine, protektierte Freiräume für Projektteams zu schaffen, die diese vor den Business-Mechaniken schützt.
„Design steht bei Apple ganz klar im Fokus“, verdeutlicht Lashinsky: „Bei Apple wäre es ein absolut grotesker Vorgang, wenn ein Mitarbeiter aus der Finanzabteilung einem Designer sagt ‚das geht nicht, weil es zu teuer ist‘ oder ‚wir sind nicht vertraut mit dieser Art von Technologie‘. Die Antwort des Apple-Designers wäre wahrscheinlich: ‚Hey, ich habe dir gerade gesagt wie das Teil aussehen wird. Jetzt geh‘ und finde gefälligst heraus wie wir das genau hinkriegen und finanzieren‘.“
*Florian Maier kümmert sich um reichweitenstarke und populäre IT-Themen für die COMPUTERWOCHE und CIO.de und Lucy Hattersley scheibt für macworld.co.uk.
Video: Bad Apple Store Employee Prank!
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