Aufklärung in Sachen BYOD

Auf der Communication World 2012 in München bemühten sich IT-Entscheider in einer Gesprächsrunde, das Thema "Bring your own Device" zu entmystifizieren. [...]

Auch wenn der BYOD-Trend hierzulande gerade erst aufkeimt und angeblich schon wieder am Abklingen ist, gibt es doch etliche Unternehmen, die den Trend bereits vor einiger Zeit aufgegriffen haben. Für Thomas Eichhorn, IT-Verantwortlicher bei Adidas für globale Infrastruktur, Betrieb und Enterprise Architecture, ist der Fall klar: „BYOD ist eine Entwicklung, die wir als Unternehmen zur Mitarbeiterbindung nutzen müssen. Der Altersdurchschnitt bei Adidas beträgt zirka 29 Jahre, und darauf müssen wir auch mit der IT-Ausstattung reagieren.“ Frank Penning, CTO von ProSiebenSat.1 Media, bestätigt die Sicht seines Kollegen: Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass Mitarbeitern die Arbeit mehr Spaß mache, wenn sie ihr eigenes Endgerät nutzen könnten. Ähnliche Gewohnheiten beobachte man ja auch bei Friseuren oder Köchen.
Zwei Geräte sind eine Zumutung

Für Matthias Goettler, IT-Verantwortlicher für den Bereich Field Services von SAP in EMEA, kommt zudem ein praktischer Aspekt zum Tragen. 40 Prozent der Mitarbeiter seien „hochmobil“, erklärt er. Diesen könne man es nicht zumuten, zwei Geräte – ein berufliches und ein privates Handy – zu nutzen. Andererseits gebe es aber auch Anwender, die sich zwei verschiedene Geräte und damit eine bewusste Trennung zwischen Beruf und Freizeit wünschten. Hier biete BYOD die Chance, den unterschiedlichen Kulturen im Unternehmen Rechnung zu tragen.

Karl-Heinz Schneider, Werkleiter von it@M, dem ITK-Dienstleister der Stadt München, begegnet dem Thema hingegen mit Vorbehalt: „In der öffentlichen Verwaltung gibt es wirklich dringlichere Probleme als BYOD. Wir haben es mit Bürgerdaten zu tun. Diese mobil zur Verfügung zu stellen, ist ein absolutes No-go.“ München als Großstadt stehe im Fokus der Politik: Wenn entschieden werden müsse, ob mit dem Budget neue Kita-Plätze eingerichtet werden oder ein BYOD-Konzept etabliert wird, dann liege die Priorität klar bei Ersterem.

BYOD NICHT GRUNDSÄTZLICH RISKANT
Michael George, Referent für Informationssicherheit beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz, kennt den Zugriff mit privaten Geräten auf geschäftliche Daten primär von einer anderen Seite: „Wir von der Spionageabwehr werden meist ins Boot geholt, wenn die Daten bereits weg sind.“ Auf der Suche nach den Ursachen entdecke man dann häufig, dass bei den Policies vieles nicht zu Ende gedacht worden sei. So würden Daten an das private E-Mail-Konto weitergeleitet oder per USB-Stick mitgenommen. Policies müssten durchgängig sein und Ausnahmen beschreiben, so seine Empfehlung.

BYOD hält George für ein unvermeidliches Phänomen einer flexibilisierten Arbeitswelt: Von den Mitarbeitern werde heute Mobilität und Erreichbarkeit wie selbstverständlich erwartet. Nicht immer würden dafür die notwendigen Vorkehrungen getroffen. So komme es zu Sicherheitsproblemen, wenn Mitarbeiter auch mal ihren Privat-PC einbänden, um liegen gebliebene Aufgaben zu Hause zu bearbeiten.

Firmen, die das Thema BYOD angehen wollen, empfiehlt SAP-Mann Goettler, sich an eine unternehmensweite mobile Strategie zu halten. Auch wenn die Bereiche oft unterschiedlich tickten, sei es nötig, hier einen Konsens herbeizuführen und dann technisch festzulegen, was privat und was geschäftlich genutzt werden darf. Außerdem sei es wichtig, private Geräte hundertprozentig zu integrieren und nicht nur teilweise. Bei der Umsetzung einer BYOD-Strategie sieht Goettler vor allem die international unterschiedlichen Rechtslagen als Herausforderung. Am einfachsten sei es, mit Ländern wie Japan zu beginnen, wo es vergleichsweise wenig Einschränkungen gebe. In Deutschland funktioniere BYOD nur über eine wasserdichte Container-Lösung, erklärt der SAP-Manager.

Auch Adidas-Manager Eichhorn ist ein Befürworter von Container-Systemen, weil diese als einzige Lösung über fast alle Länder hinweg eine rechtssichere Trennung zwischen Privat und Geschäftlich böten und insbesondere in den USA und Deutschland unproblematisch seien. Darüber hinaus rät er, die Mobility-Strategie konsequent zu Ende zu denken: „Wenn Sie – etwa zu Dropbox – keine adäquate Alternative bieten, finden die Benutzer einen Weg, das zu machen, was sie für richtig halten.“

KEIN KOSTENTHEMA
In der Diskussion um das Für und Wider von BYOD wird von den Befürwortern häufig die potenzielle Kostenersparnis für Unternehmen angeführt, da Mitarbeiter die Endgeräte selbst anschaffen und warten würden. Die BYOD-Befürworter in der Gesprächsrunde können diese Darstellung nur bedingt bestätigen: „Die Investitionen werden nur verlagert“, befindet SAP-Manager Goettler. Klar entfielen die Anschaffungskosten, diese seien aber gegenüber den laufenden Kosten vernachlässigbar: „BYOD ist kein Kosten-, sondern ein Personalthema.“

Adidas-Manager Eichhorn stimmt zu: „BYOD als Sparmodell ist eine Illusion. Nimmt man die Aufwände zur Integration in die Rechnung mit auf, hält sich das die Waage.“ Immerhin, so berichtet er, hätten sich aber die Sorgen der IT-Organisation wegen potenziell steigenden Support-Aufwands nicht bestätigt. Im Gegenteil: Die Geräte würden zum Teil von den Usern selbst gewartet. Er erinnere sich etwa an eine Begebenheit, als ein Nutzer stolz schilderte, wie er sein iPhone in vier Stunden via iTunes wiederbelebt habe. „Bei Blackberry finden Sie einen solchen Fall nicht so schnell“, stellt Eichhorn fest. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass die Pflege eines iOS-Device einfacher sei als die eines Blackberry. Penning von ProSiebenSat.1Media ergänzte, dass ein Apple-Rechner auch mehr Spaß mache als etwa ein Windows-PC. Gerade Ältere freuten sich, wenn sie ein Gerät sofort bedienen könnten und nicht zuerst die Anleitung studieren müssten.

Wie stark sich diese Begeisterung in Form von höherer Produktivität bemerkbar macht, können die beiden BYOD-Befürworter allerdings nicht genau sagen. „Die Mitarbeiter haben Spaß, das kann man beobachten, aber nicht messen“, erklärt Eichhorn. Immerhin besagten Studien, dass die IT-Ausstattung für jobsuchende Studienabgänger ein ausschlaggebendes Kriterium ist. In Deutschland sei sie zwar nicht so vorrangig, dafür aber in für Adidas wichtigen Ländern wie Russland oder China.

Trotz dieser Argumente sieht Schneider von it@M keinen Handlungsbedarf: „Wir sind zwar in einer anderen Branche tätig, greifen aber auf den gleichen Arbeitsmarkt zu. Unseren Erkenntnissen zufolge spielt das Endgerät keine große Rolle, sondern vielmehr Aspekte wie ein sicherer Arbeitsplatz, eine familienfreundliche Arbeitsumgebung oder kein Leben aus dem Koffer – erst dann kommt das Spielzeug!“

* Manfred Bremmer ist Redakteur unserer deutschen Schwesternzeitschrift Computerwoche.


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