Wie unterscheidet sich eine "Weltklasse-IT" von einer durchschnittlichen IT-Organisation? Die Hackett Group hat sechs Erfolgsfaktoren identifiziert. [...]
Nur etwa zehn bis 15 Prozent der Unternehmen weltweit verfügen über eine hochklassige IT-Abteilung. Sie geben pro Endnutzer fast ein Fünftel weniger Geld aus als ihre durchschnittlichen Kollegen, obwohl sie drei Prozent mehr in Technologie investieren. Zu diesem Schluss kommt die Unternehmensberatung Hackett Group in einer aktuellen Studie.
Dabei haben die Analysten ihre Bewertungskriterien gegenüber früheren Studien ausgeweitet: Stakeholder-Erfahrung und Digital Enablement ergänzen nun die klassischen Bewertungsmaßstäbe. Diese beziehen sich auf den Standardisierungsgrad von Daten und Prozessen, Prozessautomatisierung, Plattform-Konsolidierung, Umsetzung eines Global Business Services-Modells (GBS) sowie durchgängiges Prozess-Design und weltweite Process Ownership.
Mehr Projekte erreichen den geplanten ROI
„Weltklasse-IT-Abteilungen“ zeichnen sich laut der Studie durch einige besondere Merkmale aus: sie geben 41 Prozent weniger Geld für Outsourcing aus als der Rest des Feldes. Bei ihnen erreichen dreimal so viele Projekte den geplanten ROI (Return on Investment). Sie lösen gut ein Fünftel (22 Prozent) mehr Anrufe beim Service Desk schon beim ersten Kontakt und erledigen doppelt so viele Prozesse technologiebasiert im Self-Service. Insgesamt haben sie 51 Prozent mehr Geschäftsprozesse automatisiert.
Die Hackett Group nennt sechs Faktoren für diese Erfolge: Technologie-Enablement, Daten und Analytics, eine Cloud-basierte, moderne Architektur, die ständige Weiterntwicklung des Betriebsmodells sowie Innovation Management und Mitarbeiter. Im Einzelnen:
1. Technologie-Enablement: Hier beziehen sich die Studienautoren vor allem auf die Automatisierung von Prozessen. Üblicherweise konzentrieren sich Unternehmen zunächst auf Prozesse rund um Kreditoren und das Rechnungswesen. Mit steigender Automatisierung sinkt die Notwendigkeit manuellen Eingreifens. Das spart Kosten.
Darüber hinaus automatisieren hochklassige IT-Abteilungen sogenannte Knowledge-Prozesse, damit sich die Sachbearbeiter wertschöpfenden Tätigkeiten widmen können. Das setzt eine geeignete Daten-Architektur voraus. Die Sachbearbeiter haben in diesen Unternehmen Einblick in alle Daten, die sie brauchen, und generieren Reports und Analysen selbst. Basis dessen ist ein zentraler Datenspeicher. Fast acht von zehn hochklassigen IT-Teams haben ein zentrales Repository eingerichtet, dagegen nur 50 Prozent der durchschnittlichen IT-Abteilungen.
2. Daten und Analytics: Die Folgen der Corona-Pandemie verstärken nochmals den Bedarf an aussagekräftigeren Daten und Prognosen für die Entwicklung der Märkte. Die Hackett Group stuft Data und Analytics auf Platz zwei der Dringlichkeiten ein, hinter der Automatisierung von Arbeitsabläufen. Die Unternehmen überprüfen jetzt, ob sie die richtigen Ansätze verfolgen und über die erforderlichen Tools verfügen.
Besonders fortschrittliche IT-Teams arbeiten daran, Datenanalyse-Prozesse durchgängig transparent zu gestalten. Dazu zählen das Automatisieren der Datenerfassung und neue Techniken wie Predictive Modeling. Hochklassige Unternehmen entwickeln doppelt so oft eine formale firmenübergreifende Datenanalyse-Roadmap wie der Durchschnitt.
3. Cloud-basierte Architektur: Altsysteme werden im Idealfall integriert – oder abgeschaltet. Neu aufkommende Technologien werden implementiert, Anwendungen in die Cloud migriert und Daten aus verschiedensten Quellen integriert. So umreißt die Hackett Group das Vorgehen der Spitzenreiter unter den geprüften IT-Abteilungen.
Die Analysten bezeichnen das Modernisieren der Architektur als Dreh- und Angelpunkt in der Entwicklung zum agilen Technologie-Partner. Der Weg in die Cloud gehört dazu. Die Hackett Group erwartet, dass der Einsatz Cloud-basierter Kernanwendungen pro Jahr um ein Viertel ansteigt. Die besonders erfolgreichen CIOs und CDOs haben innerhalb ihrer Unternehmen Rollen und Ownerships in Zusammenhang mit der Cloud-Migration und -Nutzung entwickelt. Dadurch profitieren sie von den Fertigkeiten ihrer externen Service Provider. Im Ergebnis erfüllen sie ihre Ziele besser.
4. Ständige Weiterentwicklung des Betriebsmodells: Mit der Veränderung des Rollenverständnisses geht ein anderer Blick auf den Betrieb einher. Mehr als jeder Zweite erklärte gegenüber der Hackett Group, sein Betriebsmodell im laufenden Jahr deutlich verändern zu wollen. Dabei zeichnen sich zwei Entwicklungen ab: die Nutzung von Shared Services und orchestrierten Lösungen sowie Ende-zu-Ende-Service-Alignments mit den Fachabteilungen.
5. Innovation Management: Die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens zeigt sich nicht in einzelnen Projekten und Initiativen, sondern in einer innovationsfreundlichen Kultur. Als probates Mittel empfehlen die Analysten regelmäßige Events wie beispielsweise Veranstaltungen außerhalb der Firma oder das Einladen von Gastrednern. Wichtig sind außerdem „Lessons learned“-Rückschauen nach abgeschlossenen Projekten. Zu einer innovationsfreundlichen Kultur gehört, Mitarbeiter für gute Ideen zu belohnen und Leistungsbeurteilungen mit Innovation zu verknüpfen. Und nicht zuletzt müssen die Unternehmen Zeit für Forschung und Entwicklung aufwenden.
6. Mitarbeiter: Weltklasse-Unternehmen richten ihre Belegschaft neu aus. Die aktuell gefragten Qualifikationen kreisen um Endkundenzentriertheit, Veränderungsfähigkeit und Aufgeschlossenheit gegenüber Partnerunternehmen. Möglich wird das durch die Automatisierung von Routine-Aufgaben oder das Auslagern an Digital Operation Centers. Der stärkste Mangel besteht nach wie vor an Fachkräften im Bereich künstliche Intelligenz (KI) und ähnlicher Technologien. CIOs sehen zudem einen wachsenden Bedarf an IT-Fachleuten mit strategischem Denken.
*Christiane Pütter ist Journalistin aus München. Sie schreibt über IT, Business und Wissenschaft. Zu ihren Auftraggebern zählen neben CIO und Computerwoche mehrere Corporate-Publishing-Magazine, vor allem im Bereich Banken/Versicherungen.
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