Linux gilt als sicheres Betriebssystem – sicherer als Windows. Stimmt das wirklich? Und wenn ja: Was sind die Gründe? Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Aspekte zusammen. [...]
Darüber hinaus ist es unter Linux ausgeschlossen, dass ein bösartiges Script aus dem Internet versehentlich gestartet wird. Der Download ist nicht ausführbar, bis der Benutzer der Datei mit root-Recht explizit das Executable-Bit einräumt, sei es auf Kommandozeile oder im grafischen Dateimanager.
Windows? Als fatale Kehrseite dieser sehr offenen Softwareplattform darf hier jede EXE-Datei aus den dunkelsten Internetecken gestartet werden. Wenn sich das Programm mit dem Userkontext zufriedengibt, erfolgt nicht einmal eine Abfrage der Benutzerkontensteuerung. Flankierende Schutzmaßnahmen, die schon vorab beim Download warnen („Smartscreen“), sind Flickschusterei und können nicht darüber hinwegtäuschen, dass letztlich der vorsichtige User entscheiden muss, ob er den Virus haben will oder nicht.
OPEN SOURCE VERSUS PROPRIETÄRE SOFTWARE
Der Quellcode von Windows und der kommerzieller Programme ist Verschlusssache. Daher ist auch die Beseitigung von Sicherheitslücken Sache der Hersteller. Viele Unternehmen fahren hier die Strategie „Security through Obscurity.“ Sie hoffen darauf, dass Schwachstellen schwerer zu finden sind, wenn niemand die genauen Funktionen der Software kennt. Das ist aber ein Trugschluss, wie die Sicherheitslücken in proprietärer Software immer wieder zeigen. Angreifer finden die Schwachstellen auch ohne Einblick in den Quellcode.
Der Linux-Kern und die meisten Linux-Programme sind Open Source: Der Quellcode kann also von jedem eingesehen und geprüft werden. Sicherheitslücken gibt es überall, aber die Wahrscheinlichkeit, Fehler im Open-Source-Code frühzeitig zu entdecken, ist höher als bei kommerzieller Software.
SICHERHEIT UND NUTZERPFLICHTEN
Jeder Linux-Anwender genießt ein Plus an Sicherheit gegenüber Windows-Usern – und dies ganz ohne Antivirensoftware und Softwarefirewall. Das heißt aber nicht, dass das Ziel „Sicherheit“ mit der Linux-Installation erledigt wäre: Bei physischem Zugriff auf ein verlorenes Notebook sind die Daten unter einem gebooteten Fremdsystem genau so offen wie bei Windows. Selbst der Zugang mit dem regulären Benutzerkonto ist hier nach vorheriger Bearbeitung der Datei „/etc/shadow „möglich – und dies ist sogar einfacher als bei Windows. Dagegen hilft wie bei Windows nur das Verschlüsseln der Benutzerdaten, wobei Linux mehr Optionen anbietet als Windows mit Bitlocker. Ähnliches gilt für Mails oder Onlinekennwörter, über deren Sicherheit nicht Linux oder Windows entscheiden, sondern Software wie das Mailprogramm oder der Browser. Auch hier ist Verschlüsselung die richtige Antwort. Auch auf Linux-Servern sind es Softwarekomponenten, die durch Sicherheitslücken oder schlampige Konfiguration Scheusen öffnen. Apache, SSH, Portfreigaben lassen sich widerstandsfähiger absichern, als dies der Standard vorsieht. Gegen singuläre Programmfehler wie den fatalen Heartbleed-Bug in Open SSL ist letztlich kein Kraut gewachsen bis zur Erkennung und Korrektur durch ein Update. Auch in Content-Management-Systemen wie WordPress gibt es immer wieder Sicherheitslücken im Coresystem und bei den Plug-ins, die nur durch konsequente Updatepflege zu beantworten sind.
Mit dem Basissystem Linux selbst haben solche Serverlücken genau genommen nicht viel zu tun. Die nachfolgende Artikelsammlung wird sich aber mit allen Sicherheitsaspekten befassen – vom Datenschutz lokaler Daten über sichere Heimnetz- und Webkommunikation bis hin zu abgehärteten Homeund Webservern.
*Hermann Apfelböck ist Freie Mitarbeiter und gehört zur Kernmannschaft im Redaktionsbüro MucTec
Be the first to comment