Datenanalysen bewerten: Tools helfen bei Entscheidungen nicht immer

Manager versprechen sich von Datenanalyse-Tools immer genauere Vorhersagen. Doch die IT-Unterstützung allein reicht nicht, wie Professor Phil Rosenzweig zeigt. [...]

Horoskop-Jünger haben ihre Sterne, Wahrsagerinnen ihre Glaskugel. Des Menschen Wunsch nach Unterstützung bei der Entscheidungsfindung ist dieser Tage bei der IT angekommen. Datenanalysen sollen Entscheidern die Arbeit abnehmen oder zumindest erleichtern.
Das funktioniert aber nicht immer, wie Phil Rosenzweig betont, Professor für Strategie und internationales Business am International Institute for Management Development (IMD) in Lausanne. In einem Papier von McKinsey spricht er über „The benefits – and limits – of decision models“.
Grundsätzlich stellt Rosenzweig fest, dass C-Level-Manager diesem Thema seit einigen Jahren viel Aufmerksamkeit widmen. Sie versprechen sich von Datenanalyse-Tools immer genauere Vorhersagen, beobachtet der IMD-Professor.
WEIN: DER COMPUTER ÜBERTRIFFT DEN CONNOISSEUR
Rosenzweig liefert denn auch einige Beispiele dafür, wo die IT den Experten ersetzen kann. Eines bezieht sich auf französischen Wein. Wann und wo und wie dieser angebaut, kultiviert und geerntet werden solle, hat schon viele Kenner beschäftigt.
Einfacher hat es sich der Princeton-Wirtschaftswissenschaftler Orley Ashenfelter gemacht – er analysierte lediglich drei Variablen: Niederschlag im Winter, Niederschlag im Herbst, Durchschnittstemperatur. Zur Überraschung vieler ist sein Vorhersage-Modell erfolgreicher als die Expertise ausgewiesener Connoisseure.
Rosenzweig führt das steigende Interesse an IT-gestützten Entscheidungsmodellen darauf zurück, dass ihnen beispielsweise die menschliche Unzuverlässigkeit fehlt. Wer denselben Experten zum selben Thema an zwei aufeinanderfolgenden Tagen befragt, kann unterschiedliche Antworten erhalten – nicht so bei der Datenanalyse.
HAUPTKRITERIUM: BEEINFLUSSBARKEIT DER VARIABLEN
Der IMD-Professor will aber die Grenzen solcher Modelle nicht übersehen. Das Hauptkriterium für Sinn und Unsinn solcher Modelle liegt in der Beeinflussbarkeit der Variablen. Beim Thema Wein kann der verantwortliche Manager Regenfälle und Temperaturen nicht beeinflussen. Er tut also gut daran, sie so präzise wie möglich ausrechnen zu lassen.
Die Produktivität seiner Mitarbeiter dagegen kann ein Manager sehr wohl beeinflussen. Er kann sein Team motivieren und jeden einzelnen Mitarbeiter davon überzeugen, mehr aus sich herauszuholen. Rosenzweig erinnert an die Bedeutung des „E“ im Kürzel CEO. Aufgabe einer Führungskraft ist, Dinge umzusetzen, nicht, Unwägbarkeiten kontrollieren zu wollen.
DER EINFLUSS SELBSTERFÜLLENDER PROPHEZEIUNGEN
Rosenzweig bringt dann eine weitere Dimension ins Spiel: den indirekten Einfluss von Datenanalysen. Stichworte sind hier die selbsterfüllende und die selbstzerstörende Prophezeiung. Ein konkretes Beispiel dafür bieten Umfragen vor politischen Wahlen. Experten streiten darüber, ob in der Bundesrepublik Deutschland eine Aussage wie „Partei x käme jetzt auf 4,9 Prozent“ mehr oder weniger Menschen dazu bringt, ihr Kreuz bei eben jener Partei zu setzen. Dass solche Nachrichten Wähler beeinflussen, wird aber nicht bezweifelt.
Entscheider müssen verstehen, welche Bedeutung Datenanalysen und daraus abgeleitete Entscheidungsfindungen haben. Rosenzweig hat Verständnis für CEOs, die sich von der Menge an täglich zu treffenden Entscheidungen überfordert fühlen. Der Ruf nach IT-gestützten Modellen sei nachvollziehbar, sagt der IMD-Professor.
Gleichzeitig schließt er sich dem Appell von Jeremy Fox an, Associate Professor der University of Calgary. Fox weiß die heutigen ausgeklügelten Datenanalyse-Tools zu schätzen, warnt aber vor unerwünschten Nebenwirkungen nach dem Motto „Mundhalten und Zahlen ausrechnen“.
* Christiane Pütter ist Redakteurin der deutschen CIO.


Mehr Artikel

News

Große Sprachmodelle und Data Security: Sicherheitsfragen rund um LLMs

Bei der Entwicklung von Strategien zur Verbesserung der Datensicherheit in KI-Workloads ist es entscheidend, die Perspektive zu ändern und KI als eine Person zu betrachten, die anfällig für Social-Engineering-Angriffe ist. Diese Analogie kann Unternehmen helfen, die Schwachstellen und Bedrohungen, denen KI-Systeme ausgesetzt sind, besser zu verstehen und robustere Sicherheitsmaßnahmen zu entwickeln. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*