Komplette Desktop-Umgebungen kostengünstig und flexibel als Cloud-Service nutzen: Das versprechen Anbieter von Desktop-as-a-Service (DaaS), darunter Amazon und VMware. Doch als Alternative zur klassischen Virtual Desktop Infrastructure (VDI) taugt DaaS derzeit nur bedingt, warnen Experten. Niedrigere Kosten sollten Unternehmen nicht erwarten. [...]
LIZENZEN TREIBEN KOSTEN FÜR DAAS-PROVIDER IN DIE HÖHE
Komplex und potenziell kostenträchtig wird es laut Lockwood, wenn man die diversen Lizenzbedingungen für DaaS betrachtet. Zwar gibt es etwa für DaaS-Provider eine besonders günstige Windows-Server-Lizenz, das sogenannte Microsoft Service Provider License Agreement (SPLA). Doch für den Betrieb der Desktop-Betriebssysteme werden weitere Lizenzen etwa für den Remote Desktop Service (RDS) pro User fällig. Sollen Microsoft-Tools wie System Center für die Verwaltung der Desktops genutzt werden, kommen für den Provider in der Regel noch Client Access Licenses (CALs) hinzu.
Wes Miller, Lizenzexperte beim Analystenhaus Directions on Microsofts, fasst die komplizierten lizenzrechtlichen Voraussetzungen so zusammen: Wer den Einsatz von DaaS prüfe, solle besser nicht mit Einsparungen bei Softwarelizenzen rechnen. „Der wesentliche Vorteil von DaaS ist aus heutiger Sicht, dass Unternehmen die Systeme nicht selbst betreiben müssen“, so Miller. Kostenvorteile können sich nach seiner Einschätzung allenfalls auf der Hardwareseite ergeben, wenn On-Premise-Installationen wegfallen.
RECHNET SICH DAAS FÜR UNTERNEHMEN?
Ob Unternehmen mit DaaS unterm Strich überhaupt Kosten sparen können, zieht Gartner-Mann Lockwood zumindest in Zweifel. Nach seinen Erhebungen hat ein Viertel der Implementierungen von Amazon WorkSpaces nach einem Jahr sogar zu einem negativen RoI (Return on Investment) geführt, obwohl die Lösung immer noch günstiger sei als das Konkurrenzangebot von VMware. Und selbst wenn große Kunden meist nicht den Listenpreis bezahlten, könnten sich die monatlichen Kosten schnell zu hohen Summen addieren. „Nach achtzehn Monaten haben Sie womöglich mehr bezahlt als für eine physikalische Maschine oder für VDI“, argumentiert er.
WO SICH DESKTOP-AS-A-SERVICE LOHNEN KANN
Allen Unkenrufen zum Trotz gibt es zumindest einige Szenarien, in denen sich DaaS lohnen kann. Wenn Unternehmen etwa nur für eine kurze Zeit eine große Zahl von Desktops benötigen oder Entwicklern einen zweiten Rechner für Testzwecke zur Verfügung stellen möchten, kann DaaS eine kostengünstige Alternative sein. „Wenn Sie ein Unternehmen aufkaufen und den Mitarbeitern rasch Zugang zu Kernsystemen wie SAP geben wollen, ist DaaS sicher sinnvoll“, konzediert Lockwood.
Auch beim Testing von Windows 10 im Vorfeld größerer Rollouts könnten Desktops aus der Cloud schnell und flexibel die nötigen Ressourcen bereitstellen. Dafür eine VDI-Infrastruktur aufzusetzen oder gar physische Rechner anzuschaffen, rechne sich in den seltensten Fällen. Die Preise für DaaS würden mit der Zeit fallen, erwartet der Gartner-Mann. Doch schon auf dem gegenwärtigen Preisniveau lohnten sich die Cloud-Services beispielsweise für Unternehmen, die Saisonarbeiter beschäftigen und diese fürzwei oder drei Monate mit Rechnern ausstatten müssen.
HP OFFERIERT PCS AS SERVICE
Eine andere Variante des Servicekonzepts plant unterdessen HP Inc., die das PC- und Druckergeschäft der ehemaligen Hewlett-Packard Co. weiterführt. Gegen eine fixe monatliche Gebühr pro Mitarbeiter will der Hersteller Kunden künftig PCs und andere Client-Systeme zur Verfügung stellen. Auch bei diesem Angebot sparen sich Unternehmen die Anfangsinvestitionen für Hardware.
Die Marketiers führen allerdings noch weitere Verkaufsargumente ins Feld, die den Service von klassischen Miet- oder Leasingoptionen unterscheiden sollen. So würden die Rechner mit einer HP-eigenen Management-Software ausgestattet, die nicht nur die Verwaltung vereinfache, sondern beispielsweise auch sicherstelle, dass Nutzer nicht zu wenig oder zu viel Rechenleistung am Arbeitsplatz haben.
Auch eine Analytics-Komponente spielt dabei eine Rolle. Sie erlaubt es dem Anbieter zufolge, den Zustand einzelner Rechnerkomponenten zu überwachen. Ähnlich wie in Predictive-Maintenance-Szenarien könne die Monitoring-Software etwa den Austausch von Akkus anstoßen, noch bevor die Komponenten tatsächlich in die Knie gehen.
*Wolfgang Herrmann ist Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO
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