Typo3 ist speziell im deutschen Sprachraum eines der funktionellsten und am meisten genutzten Open-Source-Content-Management-Systeme (CMS). Die COMPUTERWELT hat fünf Agenturen mit Typo3-Fokus zu den Stärken und Schwächen des Systems befragt. [...]
Open-Source-Software ist kostenlos in der Anschaffung – aber wie steht es um Funktions-Vielfalt, Usability und Weiterentwicklung? Alle befragten Agenturen haben Erfahrungen mit diversen Open Source CMS gesammelt – genannt werden als Typo3-Herausforderer WordPress, Joomla, Contao und Drupal. WordPress punktet aus Sicht der Agenturen im News-Bereich, Drupal bei Community-Features, Contao und Joomla als Alternative bei kleineren Projekten. Alle Agenturen betonen aber unisono die Vorteile von Typo3: professionell programmiert, große Funktions-Vielfalt, hohe Sicherheit, großer Community Support und viel Literatur. „Alles was Typo3 nicht schafft, wird auch mit Profi-Systemen wie Vignette schwierig“, so Stefan Olbrich von „Den Seitenmachern“. Das CMS sei gut strukturiert und gut skalierbar. Auch der Produkt- und Updatezyklus sei mittlerweile sehr professionell geworden.
Den angeblichen Nachteil bei der Erlernbarkeit des Systems will man nicht gelten lassen. „Wir schulen unsere Kunden binnen zwei Stunden ein“, so Philipp Pfaller von Limesoda. Die längere Lernkurve liege auch an der höheren Funktionsvielfalt des Systems. Bestätigt werden hingegen Herausforderungen bei der Performance. Alexander Windbichler von Anexia: „Typo3 ist sehr ressourcenfressend wenn es falsch aufgesetzt ist. Wir haben uns daher auf Performance-Optimierung spezialisiert und konnten bei einigen Kunden deutliche Steigerungen erzielen.“
TREND GEHT ZU OPEN SOURCE
Der Umschwung zu Open-Source-Systemen sei laut Sabina Loicht von Plan2Net rund um das Jahr 2009 passiert. „Damals haben sehr viele Agenturen von kommerziellen Systemen zu OS-Systemen gewechselt“. Viele Agenturen hätten aber mit dem „Erstellen bunter Bildern überlebt, ohne den Motor unter der Haube zu kennen“. In Österreich gäbe es nur ein Dutzend wirklich gute Typo3-Agenturen. Loicht empfiehlt Kunden daher, auf die Anzahl der Typo3 zertifizierten Entwickler zu achten. Dies sei ein deutliches Qualitäts-Merkmal.
Ein weiteres Reiz-Thema: Outsourcing. Die billigeren Stundenlöhne in Indien würden auch mit Nachteilen erkauft. So müsse die gesamte Doku auf Englisch erstellt werden. „Für uns persönlich ist das nur sinnvoll wenn eine komplett unabhängige Extension programmiert werden soll“, meint Loicht. Externe Programmierer würden den Rest des Systems nicht kennen.
Ein anderes Thema sind aus der Community stammende Erweiterungen. „Viele Kunden glauben nur weil es viele Module gibt, kann man nahezu jede Funktionalität kostenlos einbauen. In Wahrheit muss aber jedes Modul adaptiert werden“, so Pfaller. Oft sei es schneller, sicherer und kostengünstiger ein Modul selbst zu programmieren als ein Bestehendes zu nehmen. WordPress sei hier besonders problematisch, da sich Plugins mitunter in die Quere kämen. Kunden wird angeraten, sich vorher genau anzuschauen wie die Systeme arbeiten und welche Module zur Verfügung stünden – und sich erst dann für ein System zu entscheiden.
Kunden sollen durchaus herausfordernd und visionär in der Zielformulierung sein, aber real in den Ressourcen (Personen, Tools). Schlimm seien Projekte vor allem dann, wenn der Projektmanager auf Kundenseite keine Entscheidungs-Kompetenzen und/oder keine Zeit habe. Erfahrung und Mitdenken sei gefragt, sowie eine Portion Kompromissfähigkeit und Mut Verantwortung zu übernehmen, anstatt blindem Weiterleiten von E-Mails.
FACHKRÄFTEMANGEL
Nicht ganz so rosig wird generell die Situation am Fachkräfte-Markt gesehen. Man finde zwar leicht Programmierer – wirklich gute Leute seien aber rar. Die meisten der befragten Agenturen bilden ihre Leute daher selbst aus und investieren viel Zeit und Geld in ihre Mitarbeiter. „Von allen Open-Source-Systemen findet man für Typo3 noch die meisten Leute“, meint Pfaller. Kunden seien dadurch am unabhängigsten von einer Agentur. Dennoch sollte man mit Freelancern vorsichtig sein, warnt Günter Weixlbaumer von Chilischarf. „Viele Firmen kaufen ein Template, installieren ein OS-System, arbeiten mit einem einzelnen Freelancer und laufen dann in massive Probleme. Wir haben heuer einige solcher Systeme repariert“.
Die mehrgleisige Weiterentwicklung von Typo3 in „CMS“ und „Neos“ wurde seitens der Anwender durchaus mit Misstrauen beäugt. Laut Loicht seien in letzter Zeit alle Neu-Entwicklungen aber unter der Dachmarke „Typo3“ wieder zusammengeführt worden. Ganz wichtig sei, dass die Version 4 weiterentwickelt werde. Es gäbe hier eine Sicherheit, dass alle Extensions mitgeführt werden könnten. „Das neue, für kleinere Seiten stark abgespeckte System mit dem Namen Neos ist noch in Entwicklung. Im derzeitigen Stand würden wir Firmen aber noch empfehlen abzuwarten bis alle Kinderkrankheiten beseitigt sind“, so Loicht. (kiss)
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