Welche Fähigkeiten Angestellte heute aufweisen müssen und warum Zuversicht und gute Laune unverzichtbar sind, erklärt Bernhard Kuntz. [...]
MITARBEITER MÜSSEN „SELBSTENTWICKLER“ WERDEN
Für die Mitarbeiter bedeutet dies: Sie müssen immer häufiger ihre Denk- und Verhaltensmuster den veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Hieraus resultiert laut Joachim Simon, Inhaber des Trainingsunternehmens simonconsult, Braunschweig, ein großer Lernbedarf – ein so großer, dass dieser durch Personalentwicklungsmaßnahmen, die von der Personalabteilung konzipiert und den Mitarbeitern „verordnet“ werden, allein nicht mehr gedeckt werden kann. „Dafür ist der Lern- und Entwicklungsbedarf auch zu verschieden.“ Das heißt, das Lernen muss ein Teil des Arbeitsalltags werden und die Mitarbeiter müssen ihre Entwicklung selbst in die Hand nehmen. Sie müssen laut Simon „Selbstentwickler werden“ – auch um begehrte Arbeitskräfte zu bleiben.
Das setzt eine Reihe von Fähigkeiten voraus. So müssen die Mitarbeiter zum Beispiel lernen, selbst – oder mit selbstorganisierter Unterstützung – ihren Entwicklungsbedarf zu ermitteln. Außerdem müssen sie lernen, eigene Lernprozesse zu organisieren, zu strukturieren und zu evaluieren. Und zudem müssen sie lernen, sich selbst zum Lernen zu motivieren und sich stets neu zu stimulieren, wenn es mal nicht auf Anhieb klappt.
Diese Fähigkeit zur Selbstmotivation brauchen Mitarbeiter in der modernen Arbeitswelt nicht nur bezogen auf das Lernen. Sie entwickelt sich, davon ist Sabine Prohaska überzeugt, zu der zentralen Schlüsselkompetenz in unser heutigen von Veränderung geprägten Arbeitwelt. Denn je eigenständiger und -verantwortlicher und ohne unmittelbare Kontrolle von oben Mitarbeiter arbeiten, umso häufiger müssen sie zu sich selbst sagen: Ich mache das jetzt, obwohl ich dazu keine Lust habe.
Und je häufiger sie vor neuen Herausforderungen stehen, umso öfter geraten sie an Punkte, bei denen sie – zunächst – das Gefühl haben: Ich kann das nicht. Dann wird von Arbeitnehmern, so Bald, heute zunehmend erwartet, dass sie nicht unmittelbar die Flinte ins Korn werfen, sondern sich fragen „Unter welchen Voraussetzungen könnte ich die Aufgabe vielleicht doch lösen?“ und einen Versuch wagen.
ZUVERSICHT „ICH SCHAFFE DAS SCHON“
Das setzt laut Joachim Simon zweierlei voraus. Zum einen müssen die Mitarbeiter im Verlauf ihrer Biografie eine gewisse Grundzuversicht entwickeln: „Irgendwie schaffe ich das schon. Schließlich habe ich in der Vergangenheit schon viele Aufgaben, die mir zunächst unlösbar erschienen, gelöst.“ Zum anderen müssen sie lernen, ihren Gedanken und somit ihre Gefühle und ihr Verhalten zu steuern. Das heißt, sie können, wenn eine neue Herausforderung auf sie zukommt, zwar durchaus zunächst innerlich fluchen: „So ein Mist. Jetzt muss ich auch noch …“.
Nach einiger Zeit sollten sie aber zum Beispiel denken: „Na ja, das gehört halt zu meinem Job. Und so schlimm, wie es auf den ersten Blick scheint, wird es schon nicht werden.“ Diese Fähigkeit, sich selbst zu motivieren und in eine positive, zuversichtliche Stimmung zu versetzen, haben viele Arbeitnehmer, so Stefan Balds These, noch nicht in ausreichendem Maße entwickelt.
Die Folge: Sie verfallen bei neuen An- und Herausforderungen in eine Art Schockstarre und fühlen sich schnell überfordert. Als Indiz hierfür verweist Bald auf die wachsende Zahl von Burn-outs und psychischen Erkrankungen. Seine Anregung: Zumindest sollte man mal darüber nachdenken, inwieweit hier ein Zusammenhang besteht. Denn dann ließen sich auch Unterstützungs- und Präventionsmaßnahmen organisieren.
*Renate Oettinger arbeitet als freiberufliche Autorin.
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