Arbeiten von zuhause und unterwegs ist keine Selbstverständlichkeit, erfolgreiches Arbeiten in verteilten Teams schon gar nicht. Was oftmals fehlt, ist Führungskompetenz, die länger als bis zur nächsten Bürotür reicht. Und die Erkenntnis, dass man Führungskräfte und Mitarbeiter individuell für die neuen Arbeitsweisen befähigen muss. [...]
„Gerade in virtuellen, mediengestützten Strukturen ist es entscheidend, die Mitarbeiter ins zu Gespräch bringen“, bestätigt Fraunhofer-Expertin Hofmann. Menschen vernetzen, Menschen begeistern, Menschen mitnehmen – allerdings ist nicht jeder Manager mit einer Fachkarriere dazu geeignet, Mitarbeiter über die Distanz zu führen, räumt Hofmann ein: „Eine erweiterte Medienkompetenz kann man mit kompetenter Begleitung durchaus antrainieren, aber aus einem Verstockten machen sie keinen Thomas Gottschalk.“
GEGENSEITIGES VERTRAUEN
Auch an anderer Stelle knirscht es im Management-Gebälk: „Die Führungskraft sollte den Rahmen schaffen, in dem Wissensarbeiter ihrem Wunsch nach selbstbestimmter Arbeit bestmöglich nachkommen können“, greift Wittenberger eine generelle Forderung auf. In der Praxis sieht es jedoch häufig anders aus: Mehr als die Hälfte der Befragten der Hays-Studie bezeichnet die Reduzierung der Kontrollfunktion des Managers hin zu mehr Eigenverantwortung als „Stolperstein“.
In diesem Zusammenhang wurde auch eine weitere hohe Hürde genannt: der in flexiblen Arbeitswelten nötige Wandel von einer Anwesenheits- in eine Ergebnisorientierung. „Die große Herausforderung bei verteilter Zusammenarbeit mit flexibler Zeiteinteilung ist, dass wir ganz stark auf das gegenseitige Vertrauen angewiesen sind“, so Wittenberger. Dies umfasst sowohl die vertikalen als auch die horizontalen Beziehungen in der Unternehmenshierarchie.
So sieht die Social-Beraterin bei den Führungskompetenzen für eine digitale Arbeitswelt „definitiv Nachholbedarf“. Dies betreffe erstens die selbstverständliche Bedienung der neuen Technologien, zweitens den adäquaten Umgang mit Informationen und drittens einen partizipativen Führungsstil. „Einige unserer Kunden weisen in der Führungskräfteentwicklung eine große Reife auf“, berichtet Wittenberger aus der Praxis. „Es gibt aber auch Unternehmen, in denen die Führungskräfte mit den neuen Herausforderungen komplett auf sich allein gestellt sind, weil das Top-Management kein Verständnis hat, dass diese Veränderung der Arbeitskultur Beteiligung, Coaching und Begleitung braucht.“
Das zeigt sich vor allem in der Ausstattung mit den nötigen Ressourcen: „Wenn sie mit administrativen Aufgaben überladen und auch noch stark fachlich eingebunden sind, dann ist es schwer, sich darum zu kümmern, dass alles läuft und das Team funktioniert“, sagt die Beraterin. Und auch Fraunhofer-Expertin Hofmann berichtet von Führungsspannen, die deutlich zu hoch sind: „Bei 40 Mitarbeitern tun sie sich extrem schwer, für alle ein guter Ansprechpartner zu sein.“ Als Orientierungswert für vernünftige Führung kalkuliere man rund zehn Prozent der Arbeitszeit pro Mitarbeiter – ohne Sachaufgaben, die dem Manager in der Regel zudem noch aufgeladen werden.
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