Das Börsenblatt (Wochenmagazin für den deutschen Buchhandel) stellte schon im Jahr 2020 die Frage, ob kleine Verlage die Digitalisierung verschlafen. Leider hängen viele Verlage auch heute noch in verschiedenen Bereichen der Digitalisierung im Verlagswesen weit zurück. [...]
Selbst die echten Größen der Branche können mit dem Rest der Wirtschaft kaum mithalten. Das liegt vielleicht auch daran, dass man im Verlagswesen wie in kaum einem anderen Bereich der Wirtschaft sehr traditionsbewusst ist. Doch Digitalisierung muss nicht bedeuten, die eigenen Traditionen aufzugeben.
Vielmehr kann eine gesunde Digitalisierung laufender Prozesse dabei helfen, Traditionen und die dahinterstehenden Verlage zu erhalten. Im folgenden Artikel zeigen wir Ihnen, welche Chancen die Digitalisierung für das heutige Verlagswesen bereithält.
Innovation und Digitalisierung im Verlagswesen Hand in Hand
Innovation war im Verlagswesen stets ein wichtiger Faktor. Das erste Buch, das komplett mit einer Buchdruckmaschine gedruckt wurde, war die Gutenberg-Bibel. Drei Jahre hat es gedauert – danach ging es schneller, denn die Seiten waren gesetzt und man konnte mit vorbereiteten Matrizen arbeiten. Dennoch hat es im Buchdruck vom 15. Jahrhundert bis heute unglaubliche Fortschritte gegeben.
Das Verlagswesen hat diese Fortschritte stets begleitet – war aber selbst noch nie so stark davon betroffen wie in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten. 1988 erblickte das erste kommerzielle Werk, das vollständig als elektronisches Buch an einem Computer gelesen werden konnte, das Licht der Welt.
In den letzten zehn Jahren gab es gerade im technischen Bereich und im Bereich der Softwarelösungen für Verlage so große Fortschritte, dass Sie als Verleger Ihren Kunden heute eine viel bessere Customer Experience bieten können.
Das E-Book war nur der Anfang
Das E-Book wird auch heute noch als ein wichtiger Bestandteil der Digitalisierung im Verlagswesen bezeichnet. Dabei war es nur ein erster kleiner Schritt hin in eine wirklich digitale Zukunft im Verlagswesen.
Denn Digitalisierung im Verlagswesen ist viel mehr als nur die Bereitstellung des geschriebenen Wortes auf digitalen Lesemedien. Es beginnt mit den Abläufen im Verlag selbst, mit der Erstellung und der Gestaltung von Büchern und Zeitschriften und geht über Dinge wie Marketing- und Vertriebswege bis hin zur Gestaltung einer Marke und der Entwicklung einer echten Kundenbindung.
Dass dabei auch noch eine ganze Menge für die Mitarbeiterzufriedenheit und damit für die eigene Attraktivität als Arbeitgeber getan werden kann, sollte man ebenfalls nicht vergessen.
Fünf wichtige Bereiche der Digitalisierung im Verlagswesen
Die Digitalisierung im Verlagswesen kann ganz unterschiedliche Gesichter haben. Wir beleuchten hier einmal fünf verschiedene Bereiche, in denen eine gute Digitalisierungsstrategie früher oder später eine Grundvoraussetzung für das Überleben der meisten Verlage werden wird.
1) Die Breite des Angebots
Mit diesem Punkt sind gleich drei Bereiche gemeint. Zum einen natürlich das Angebot an verschiedenen Zugriffsmöglichkeiten auf die vorhandenen Produkte. Egal ob Bücher oder Zeitschriften – beide Medien gibt es auch in verschiedenen E-Formaten. Je mehr dieser Formate ein Verlag im Angebot hat, desto besser stehen die Chancen, interessierten Leser/innen auch wirklich das Format bieten zu können, das sie suchen.
Faktor Nummer zwei ist die Breite in Sachen verschiedener Titel. Auch hier gilt, wer viele digitale Produkte anbietet, spart damit eine ganze Menge Produktionskosten ein. Autoren braucht es natürlich auch für E-Books und E-Paper – aber eben nicht die sonstigen Produktionskosten. Einige Verlage haben neben ihrem „normalen“ Print-Programm auch einen Bereich mit ausschließlich digitalen Veröffentlichungen aufgestellt.
Vor allem Literatur für die jüngeren Zielgruppen wird hier sehr gerne konsumiert. So bietet sich auch die Möglichkeit, mit vergleichsweise geringem Mitteleinsatz etwas mehr zu „experimentieren“ und auch mal Titeln oder Heftreihen eine Chance zu geben, die im reinen Printmarkt nicht profitabel genug wären.
Der dritte Bereich ist die Breite des Vertragsangebots. Bei Online-Größen wie Thalia oder Amazon sind die meisten Verlage heute längst vertreten. Dabei verkennen sie aber, dass nur rund 50 % der Kunden bei den Online-Riesen einkaufen. Die restlichen Kunden möchten am liebsten im Shop des Herstellers selbst einkaufen. Das wäre im Verlagswesen der Online-Buchshop des Verlags.
Um einen attraktiven Online-Shop aufzubauen, braucht es drei Dinge:
- Eine schnelle und gut funktionierende Plattform mit einem übersichtlich gestalteten Shop-System.
- Verschiedene Bezahlmöglichkeiten für die Kunden.
- Ein schnelles Ausliefersystem mit möglichst geringen Lieferkosten für den Verbraucher
2) Der eigene Online-Auftritt
Neben dem Online-Shop ist auch der eigene Online-Auftritt im digitalen Zeitalter ein wichtiger Punkt. Je mehr Informationen potenzielle Leser online über Ihre Bücher oder Ihre Zeitschriften finden, desto größer ist die Chance, dass sie diese auch direkt bei Ihnen bestellen – was für Ihren Verlag die größte Gewinnspanne bedeutet.
3) Nutzung moderner Softwarelösungen
In vielen Verlagen wird noch heute mit einfachen Word- oder Excel-Lösungen gearbeitet. Auch wenn Althergebrachtes nicht immer schlecht sein muss – es gibt zahlreiche moderne Softwarelösungen für Verlage, die eine schnellere Arbeit ermöglichen und die Mitarbeitern im Vertrieb, Autoren und Lektoren eine Menge Arbeit abnehmen oder diese zumindest erleichtern können.
4) Die Cloud als wichtiges Hilfsmittel in der täglichen Arbeit
Viele Arbeitnehmer legen großen Wert auf die Möglichkeit, aus dem Homeoffice zu arbeiten. Wenn alle Daten nicht mehr auf Hardware im Betrieb, sondern in der Cloud gespeichert werden, spart das zum einen eine Menge Geld und bietet zum anderen für die Mitarbeitenden ein großes Maß an räumlicher Flexibilität bei der Arbeit.
5) Digitales Marketing
Heute sind alle Altersgruppen in den sozialen Medien vertreten. Dementsprechend groß ist die Reichweite von gut gemachten Marketing-Aktionen in diesen Bereichen. Das Problem dabei: Wenn man nicht weiß, wie es richtig geht, kann man dabei schnell eine Menge Geld verpulvern.
Als Verlag wendet man sich für ein gutes und zielgerichtetes digitales Marketing – das übrigens viel mehr umfassen kann als nur das Marketing über soziale Medien – am besten einfach an eine gute Marketing-Agentur. Bei einer guten Agentur werden die steigenden Umsätze die Kosten schnell wieder einspielen.
Digitalisierung als Chance – so können Verlage Kosten minimieren und ihre Reichweite erhöhen
Die Digitalisierung ist eine wunderbare Möglichkeit, neue Märkte zu eröffnen und trotzdem Kosten einzusparen. Die Mitarbeiterzufriedenheit kann erhöht werden und gleichzeitig können mehr interessierte Leser erreicht werden. Sie können Ihre Produktpalette erweitern und trotzdem Ihre laufenden Kosten weitgehend auf dem gleichen Niveau halten.
Das alles lässt sich mit einer geschickten Digitalisierung im Verlagswesen erreichen – mit ein paar guten Ideen und dem notwendigen Know-how.
*Über den Autor:
Dieter Stangl ist Geschäftsführer der info unit Software GmbH. Die info unit Software GmbH ist ein führender Hersteller von kaufmännischer Software für Buch- und Zeitschriftenverlage.
(Foto: info unit Software GmbH)
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