Distributed Scrum à la carte

Das verteilte Entwickeln in einem Team-Sourcing-Modell kann messbare Wettbewerbsvorteile generieren. Voraussetzungen sind unter anderem eine professionelle Partner­organisation, hohes Qualitätsverständnis sowie eine vorbildliche Unternehmenskultur. [...]

Insbesondere KMU hegen gegenüber dem vielschichtigen Thema des Nearshore Sourcings nachvollziehbare Skepsis. Gleichzeitig nutzen viele Unternehmen unterschiedlicher Größe die Vorteile durch die erfolgreiche Integration von hoch qualifizierten und dedizierten Mitarbeitern im nahen Ausland („Team-Sourcing“). Für diese Unternehmen, die dadurch einen messbaren Wettbewerbsvorteil erzielen und oft auch seit längerem agile Methoden wie Scrum anwenden, haben sich Erfolgsfaktoren herauskristallisiert, die das verteilte Entwickeln in einem Team-Sourcing-Modell optimieren. Unabhängig von der Software-Entwicklungs­methode bestehen grundlegende Voraussetzungen für das erfolgreiche Funktionieren von verteilter Entwicklung:

  • Partnerorganisation: Zu einer professionellen Organisation beim Team-Sourcing-Partner gehören neben dedizierten Operation-/QA-Managern ein kompetentes, modernes HR-Management sowie eine entsprechende Unternehmenskultur. Außerdem sind lokale, deutschsprachige und projektmanagementerfahrene Ansprechpartner ebenso wichtig wie die Fähigkeit, Veränderungen proaktiv zu managen.
  • Qualitätsverständnis: Nur ein in allen Bereichen permanent gelebtes, hohes Qualitätsverständnis kann zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit führen. Dies zeigt sich u.a. in der Integration von Mitarbeitern in Entscheidungsprozesse, regelmäßigen unternehmensübergreifender Abstimmung und offener Kommunikation.
  • Glaubwürdigkeit und Vernetzung des Arbeitgebers: Erfahrene und talentierte Mitarbeiter werden nur aufgrund starker Netzwerke, hoher Glaubwürdigkeit und Attraktivität als Arbeitgeber sowie herausfordernder Aufgaben gewonnen und gehalten.
  • Stabilität: Die Auswahl und Integration von neuen Teammitgliedern verlangt eine gewisse Einarbeitungszeit und zu Beginn eine erhöhte Investitionsbereitschaft beispielsweise in soziale Inte­grationsmaßnahmen. Umso wichtiger ist die Sicherstellung einer geringen Fluktuation und Anwendung von modernen Human-Resources-Instrumenten, um die gewünschte Stabilität zu erreichen.

Zusätzlich und entscheidend für die Realisierung der Vorteile der Distributed Scrum-Methode im Kontext einer Team Sourcing-Partnerschaft sind u.a. folgende Faktoren:

  • Kultureller Kontext: Die volle Realisierung der Vorteile von Scrum bedingt einen gewissen Reifegrad an kultureller Entwicklung und deshalb oftmals die Bereitschaft zur Transformation. Steht ein Unternehmen erst am Anfang dieses Prozesses, ist eine zusätzliche Integration eigener Nearshore-Mitarbeiter mit organisatorischen Risiken verbunden, die sich z.B. in internen Widerständen oder suboptimaler Kommunikation niederschlagen können. Deshalb empfiehlt sich vorab eine „Selbstanalyse“, die nicht nur als Chance gesehen werden kann, aus eigener Kraft diese kulturelle Transformation anzustoßen, sondern auch den Weg eröffnet, externe Partner zu integrieren. Diese Fähigkeit wird je länger desto wichtiger, um die besten Ressourcen an sein Unternehmen zu binden.
  • Definition und Aufteilung der Scrum-Rollen innerhalb der Teams: Es kann unter gewissen Voraussetzungen z.B. Sinn machen, die „product ownership“ dem Remote-Team zu überlassen. Diese Verlagerung muss gut geplant werden und ist nur dann sinnvoll, wenn entsprechende Langfristigkeit und Vertrauen gegeben sind sowie die physische Nähe zum „Business“ keine tägliche Notwendigkeit ist.
  • Professionalität des/der Scrum Master: Was lokal sehr wichtig ist, wird im verteilten Kontext noch entscheidender, und die Kompetenz von Scrum Mastern kann potenzielle Defizite gerade zu Beginn einer Partnerschaft schnell kompensieren und korrigieren. Auch hier müssen die Rollen und Verantwortlichkeiten gemeinsam festgelegt werden.

Distributed Scrum und eine erfolgsunterstützende Unternehmenskultur befruchten sich gegenseitig und steigern die Fähigkeit, weitere Mitarbeiter unabhängig des Standorts und der Unternehmensgröße zu integrieren. Dies erhöht die Flexibilität sowie die „Time-to-Market“ von neuen Lösungen und Produkten spürbar.

* Oliver Marjanovic ist Geschäftsleitungsmitglied der youngculture Gruppe.


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