E-Mails sortieren ist unproduktiv

Viele sortieren ihre E-Mails in Ordnern, und denken, sie damit später schnell wiederzufinden und ihren Posteingang übersichtlich zu halten. Autoren einer IBM-Studie fanden jetzt heraus, dass diese Vorgehensweise überhaupt nicht produktiver als andere ist. Im Gegenteil. Schneller und produktiver ist es, E-Mails im Posteingang zu belassen und mit der Suchfunktion bei Bedarf auf sie zuzugreifen. [...]

Die Relevanz des Themas unterstreichen bereits andere Studienergebnisse. 37 Prozent der E-Mails werden nicht auf der Stelle beantwortet, sondern die Empfänger schieben das Beantworten auf. Das heißt, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt erneut nach der E-Mail suchen werden, um sie zu beantworten. Außerdem suchen viele Menschen ältere E-Mails zum Beispiel, um die Kontaktdaten der Versender aufzurufen.

Die Forschung unterscheidet grob zwischen zwei verschiedenen Typen von E-Mail-Ablegern: Die einen bereiten sich durch verschiedene Maßnahmen bereits auf das eventuelle Wiederfinden von E-Mails vor, zum Beispiel durch das Erstellen von Ordnerstrukturen oder das Vergeben von Tags. Andere lassen die E-Mails unsortiert im Posteingang. Neuere Mail-Clients wie Googlemail organisieren die E-Mails automatisch in Threads und haben außerdem eine sehr hilfreiche Suchfunktion.

Die Basis der IBM-Forscher ist eine Studie, in deren Verlauf 385 Teilnehmer insgesamt 85.000 Mal auf abgelegte E-Mails zugriffen. Die Teilnehmenden üben unterschiedliche Berufe aus und kommen aus verschiedenen Hierarchien im Unternehmen. Alle Teilnehmer haben mindestens 30 Tage lang mit dem Mailsystem gearbeitet.

Die Probanden arbeiteten in dieser Zeit mit einem Mailsystem, bei dem sie sowohl Ordner erstellen als auch die Inbox durchsuchen konnten. Im Schnitt verblieben 33 Prozent der Nachrichten im Posteingang, die übrigen wurden in Ordner verschoben. Jeder Studienteilnehmer suchte durchschnittlich rund 62 Mal am Tag nach älteren abgelegten Mails. Pro Suchvorgang dauerte das knapp 70 Sekunden. 88 Prozent der Suchvorgänge waren erfolgreich.

Wer seine E-Mails händisch in Ordner verschiebt, verbraucht damit viel Zeit. Die IBM-Autoren kamen zum folgenden Ergebnis: Die Ordner-Nutzer waren beim Wiederauffinden von Nachrichten nicht erfolgreicher als die Studienteilnehmer, die keine Ordner im Mail-Programm anlegten. Zudem brauchten die Ordner-Nutzer mehr Zeit für das Wiederfinden von E-Mails als die übrigen Probanden.

Den Forschern fiel auf, dass vor allem Personen Ordner anlegen, die viele E-Mails bekommen. Mit dem Anlegen von Ordnern möchten sie sich so vielleicht einen besseren Überblick über ihre To-Dos verschaffen. Weniger Ordner im E-Mailprogramm wurden es meist dann, wenn die Mails den Studienteilnehmern in Threads angezeigt wurden.

Wer E-Mails über die Suchfunktion aufrief, brauchte dafür wenig Zeit und arbeitete sehr effizient. Das heißt aber nicht, dass alle Studienteilnehmer so arbeiteten. Den Forschern fiel zum Beispiel auf, dass viele Probanden zum Wiederauffinden einer Mail scrollen. Für das Mailprogramm der Zukunft könnten sie sich zum Beispiel vorstellen, dass E-Mails semantisch sortiert werden und verwandte Themen so automatisch in „Super-Threads“ angezeigt werden.

Die IBM-Studie wurde unter dem Titel „Am I wasting my time organizing email? A study of email refinding“ veröffentlicht. Die Autoren sind Steve Whittaker, Tara Matthews, Julian Cerruti, Nernan Badenes und John Tang.

* Andrea König ist Redakteurin unseres Schwesternmagazins CIO.


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