EA-Assessments erfolgreich durchführen: Planung, Vorgehensweise, Auswertungen

Enterprise Architecture Management (kurz EAM) - professionell aufgestellt - gilt mittlerweile als ein Zukunftskonzept für Unternehmen und Organisationen aller Branchen. Nur so können die strategischen Herausforderungen in Wirtschaft und öffentlich-rechtlichen Bereichen nachhaltig bewältigt werden. [...]

(c) pixabay.com

Um zu einer zukunftsorientierten EA-Organisation zu gelangen, die die priorisierten EA-Handlungsfelder erfolgreich umzusetzen in der Lage ist, bedarf es insbesondere regelmäßiger Assessments zur aktuellen EAM-Maturität (Bewertung, Analyse, Maßnahmenentwicklung). Neben einer Statusaufnahme und Bewertung zur aktuellen Situation von EAM im Unternehmen geht es dabei auch um eine Weiterentwicklung der Handlungskonzepte und Handlungspraktiken der EA-Leader sowie der Enterprise-IT-Architekten und der EA-Teams.

Fragenkreise und Organisation von EA-Assessments zur Maturitätsbestimmung

Ein unternehmensweit erprobter Vorschlag zur EA-Reifegradmessung findet sich in der BiZZdesign-Studie „State of Enterprise Architecture 2021“. Grundsätzlich wird dabei empfohlen, im Rahmen von EA-Assessments festzustellen, wie ausgereift die EA-Praktiken derzeit sind und inwiefern damit Unterschiede und zusätzliche Wertzuwächse gegenüber klassischen IT- und Geschäftsänderungsinitiativen gegeben sind. Außerdem kann bzw. sollte geprüft werden, inwiefern die EA-Reife genügend mit der Agilität der Unternehmensorganisation korreliert und welche Prioritäten zu setzen sind, um die Wirkung von EA in Unternehmen weiter zu verbessern.

Typischerweise werden diese Assessments in Workshopform durchgeführt, wobei folgende vier Phasen üblich sind:

  • Aufnahme der aktuellen Einschätzung zum EAM-Status (Maturitätsbestimmung anhand ausgewählter Beurteilungsbereiche, Fragenstellungen und Beurteilungskriterien)
  • Analyse und Auswertung der Bewertungsergebnisse (Maturitätswerte)
  • Entwicklung von Maßnahmen zur Weiterentwicklung der EA-Organisation
  • Vereinbarung von Handlungskonzepten und Aktivitäten zur Erhöhung der „Schlagkraft“ des EAM.

Um den Reifegrad der EA-Organisation zu bestimmen, können folgende Themen- und Fragenkreise im Rahmen eines Assessments geprüft und zur Diskussion gestellt werden (vgl. auch die genannte BiZZdesign-Studie):

  • Inwiefern wird die EA-Mission/Vision und der Wert der EA-Aktivitäten im Unternehmen verstanden und geschätzt?
  • Sind die EA-Aktivitäten bzw. die EA-Entwicklungsprozesse erfolgreich organisatorisch verankert (etwa mit vereinbarten Rollen, Teams und Governance-Boards)?
  • Werden EA-Leistungen (EA-Deliverables) aktuell für Business-IT-, Service- und Change-Prozesse genutzt?
  • Gibt es ausreichend geschulte und über Business Know How versierte EA-Praktiker (Business Analysten, Product Owner, IT-Architekten etc.)?
  • Hilft EA, Business-IT-Investitionen an einer Strategie auszurichten?
  • Unterstützt die EA, Risiken zu reduzieren und den erwarteten Business Value zu liefern?
  • Wird ein EAM-Tool bzw. ein EA-Managementsystem verwendet, das eine kollaborative Architektur-Designentwicklung, leistungsstarke Analysen zur Ist-Architektur sowie eine Architektur-Wirkungsanalyse ermöglicht?
  • Können Stakeholder und ausgewählte Beschäftigte des Unternehmens problemlos von der EA in Planungs-, Steuerungs- und Transformations­prozesse einbezogen werden (etwa via Webportal-Information)?

Ausgehend von den Antworten der Beteiligten im Assessment sowie den vorgenommenen Bewertungen lassen sich gezielte Analysen und Auswertungen durchführen. Diese bilden dann die Basis für eine Konzept-Entwicklung für eine nachhaltige Ausrichtung der künftigen EA-Handlungsfelder und EA-Aktivitäten.

Praxis-Beispiel mit dem Gartner-Framework für EA-Assessments

Nachfolgend soll ein Praxisbeispiel illustrieren, wie konkret ein EA-Assessment in einem Workshop mit 12 Beteiligten erfolgreich durchgeführt werden kann. Dabei wurden – orientiert am Gartner-Framework – die in der folgenden Tabelle gelisteten und kurz erläuterten Kriterien zugrundgelegt werden:

Tabelle:               Kriterien für die Durchführung eines EA-Assessments zur Maturitätsbestimmung
EA-Assessment-KriterienErläuterung der Kriterien
Stakeholder Support and InvolvementEine Einbeziehung und Unterstützung verschiedener Interessens­gruppen (Stakeholder, Fachbereiche) ist entscheidend für den EA-Erfolg. Stakeholder sind möglichst aktiv in EA-Praxis einzubinden. Daher müssen Beziehungen zu Stakeholdern aufgebaut und gepflegt werden.
Team ResourcesEA-Praxis benötigt eine geeignete Teamorganisation bzw. eine Besetzung der EA-Teams mit qualifizierten Architecture-Professionals. Erforderlich sind Teams mit einem breiten Spektrum an Kompetenzen, weshalb Teamarbeit und Teamentwicklung wesentlich sind.
Architecture Development MethodEine klare, gut definierte und kohärente EA-Entwicklungsmethodik ist erforderlich, um die effiziente Entwicklung der Architektur und ihrer Ergebnisse zu unterstützen. Hier hilft ein composable Thinking und ein entsprechendes Architekturkonzept.
Organizational IntegrationAusgereifte EA-Praktiken müssen in Business-IT-Management-Prozesse innerhalb der Organisation integriert sein. So kann eine erfolgreiche Anleitung, Unterstützung und Compliance möglich sein.
DeliverablesEA-Ergebnisse müssen den Bedürfnissen des Unternehmens entsprechen. Sie reichen von Business-Capability-Modellen, Daten-Connectivity-Entwürfen über Soll-Landkarten bis hin zu Lösungsarchitekturen.
EA GovernanceDurch ein vereinbartes Governance-Modell können verschiedene Interessensgruppen im Unternehmen in Planungs-, Entscheidungs- und Kontrollprozessen eingebunden werden. Diese Transparenz leistet einen Beitrag, um bei der Bereitstellung von EA-Ergebnissen zusammenzuarbeiten und die Aufsicht über die EA-Praxis als Ganzes zu übernehmen.
MetricsDie Orientierung an geeigneten Metriken kann sicherzustellen, dass die EA-Praxis einen Mehrwert für das Unternehmen und die damit erzielten Geschäftsergebnisse liefert. EA-Metriken haben zwei Formen – quantitativ, in Verbindung mit den Geschäftsergebnissen, die es vorantreibt – und qualitativ, indem es die Wahrnehmung durch seine Stakeholder misst.
Stakeholder PerceptionsDer Wert von EA fokussiert sich oft darauf, was von den EA-Stakeholdern wahrgenommen wird. Die EA-Teams müssen sich daher bei Bedarf anpassen, um den wahrgenommenen Wert der EA-Praxis durch die Stakeholder zu verbessern.

Ein Ausschnitt der Ergebnisse eines Workshops mit 12 Teilnehmern zeigt unter Anwendung des zuvor skizzierten Kriterienkatalogs die nachfolgende Abbildung:

Auswertungsbeispiel eines EA-Assessments (nach Gartner-Kriterien)

Varianten von EA-Assessments

Neben den hier beschriebenen „General Maturity Assessments“ sind weitere Arten von EA-Assessments denkbar (vgl. auch genannte BiZZdesign Studie):

  • Success Readiness Assessment: fokussiert insbesondere auf EA-Erfolgsfaktoren wie beispielsweise „Qualität der EA-Teams“, die Beteiligung von Stakeholdern bzw. Fachbereichen, das „Sponsoring“ durch die Unternehmensführung sowie die Qualität der verfügbaren EA-Daten (Informationsmanagement) für Beteiligte und Mitwirkende.
    • Enterprise Agility Assessment: fokussiert auf Fragenkreise zu den verwendeten Architekturkonzepten (composable), genutzte Verfahren und EA-Prozesse sowie vorhandene Geschäfts-Agilitäts-Levels
    • Wert-Beitrags-Assessments: Ausgehend von einer Analyse der Business Strategie und der Geschäftsziele wird der Outcome durch EA geprüft und bewertet. Daraus werden Konsequenzen für die künftige Ausrichtung der Handlungsfelder und die Priorisierung von UseCases abgeleitet.

Fazit: Ein Assessment zur aktuellen EAM-Maturität stellt einen hilfreichen Ausgangs­punkt dar, um in Verbindung mit den erkannten aktuellen Herausforderungen das Handlungskonzept der Zukunft entwickeln zu können. Neben einer Statusaufnahme und Bewertung zur aktuellen Situation des EAM im Unternehmen sollten aufgrund von Analysen auch erste Konsequenzen (Aktionsüberlegungen) und Empfehlungen (Maßnahmenkatalog) ein Ergebnis sein!

Die Autoren: Ernst Tiemeyer* (Consultant, Autor und Hochschullehrer) und Andreas Pirkner** (Enterprise Architect bei der Erste Asset Management).


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