Was spricht gegen die Verknüpfung von Input- und Output-Management, wenn sich dadurch Durchlaufzeiten verringern? Ein Plädoyer für die Harmonisierung von Enterprise Content Management mit Gartners Modell zur Automatisierung der Dokumentenproduktion. [...]
Lange betrachtete man die automatisierte Produktion von Dokumenten („Automated Document Factory“, ADF) und deren Erfassung, Erstellung und Verwaltung („Enterprise Content Management“) getrennt voneinander: Hier das Output-Management (OM), das sich zunächst auf den effizienten Versand konzentrierte, dort die ECM-Welt mit ihren Ursprüngen im Archivumfeld. Zeitweise hatte es den Anschein, dass ECM den OM-Bereich „annektieren“ wolle, bis man feststellte, dass die hochvolumige Dokumentenproduktion doch komplexer ist als gedacht – nicht zuletzt wegen der Vielfalt an Datenformaten und Ausgabekanälen.
Die batch-orientierte ADF-Welt wiederum war nur so lange klar umrissen, wie gedruckt wurde. Spätestens seit Smartphone, iPad und Tablet Einzug in die Geschäftswelt hielten und zu elektronischen Alternativen zum physikalischen Versand wurden, stieß dieses Prinzip an seine Grenzen. Seitdem müssen sich auch die OM-Experten mit der Erstellung beschäftigen. Kernfrage hier ist: Wie lassen sich Dokumente so formatieren, dass sie über jeden physikalischen und digitalen Kanal ausgegeben werden können. Die Loslösung vom A4-Seitenformat spielt dabei eine entscheidende Rolle.
INPUT WIRD ZU OUTPUT
Fest steht: Enterprise Content Management und Output Management bewegen sich aufeinander zu. Man denke nur an systemübergreifende Workflows wie Freigaben und Formularbearbeitung. Plötzlich taucht beim automatisierten Abarbeiten von Prozessschritten, dem Kernprinzip von ADF, eine manuelle Komponente auf: Die Interaktion zwischen Maschine und Mitarbeiter ist erforderlich. Der Prozess läuft erst dann weiter, wenn das Schriftstück bearbeitet und freigegeben wurde. Solange verbleibt es – und hier kommt das ECM ins Spiel – in einer „Warteschleife“. Mit anderen Worten: Es geht hier um eine Mensch-System-Schnittstelle, die typischerweise in Form eines virtuellen Arbeitskorbes, sprich am PC-Arbeitsplatz des Sachbearbeiters, zum Ausdruck kommt. Natürlich lässt sich dieses Beispiel auf die Bearbeitung von Rechnungen, Angeboten, Kostenvoranschlägen, Kreditanträgen etc. ausweiten. Auch hier sind für den Fortgang des Prozesses menschliche Entscheidungen erforderlich.
Denkt man dieses Szenario weiter, gelangt man schnell zur Erkenntnis, dass sich Tätigkeiten der Posteingangsverarbeitung mit denen des Versands – ob nun digital oder physisch – verknüpfen lassen. Wie schön wäre es doch, wenn beispielsweise der Mobilfunkanbieter das Kündigungsschreiben seines Kunden automatisiert erfasst (Capture), indiziert, an den zuständigen Sachbearbeiter zur Prüfung und Freigabe weiterleitet, archiviert (Input Management) und aus diesem Vorgang heraus die Kündigungsbestätigung generiert (inklusive Formatierung, Konvertierung und DV-Freimachung) sowie auf dem vom Kunden gewünschten Kanal verschickt (Output Management).
Streng genommen ließe sich diese Inbound-Outbound-Kommunikation mittels eines Workflows in einem System abbilden, vorausgesetzt, die Schnittstellen zu den vor- und nachgelagerten Systemen sind richtig gesetzt. Dann wäre es beispielsweise ein leichtes, auch Hochleistungsscanner in den Prozess zu integrieren und somit auch Bilddaten digital auszulesen und für neue Kommunikationsvorgänge zu verwenden, beispielsweise für die Erstellung und den Versand der seit Januar 2014 in Deutschland gültigen neuen elektronischen Gesundheitskarten (eGK) – in Batchverarbeitung und ohne Medienbruch, versteht sich.
NICHTS GEHT OHNE METADATEN
Deutlich wird: Bei ADF und ECM lassen sich drei wesentliche Schnittmengen identifizieren:
- der Workflow als Prozessautomation mit interaktiven Möglichkeiten;
- das Archiv als Ausgabekanal im Output-Management;
- das Input-Management, das Papier, elektronische Dokumente sowie Informationen, die über Webportale, Internetplattformen und Social-Media-Kanäle übermittelt werden, einschließt.
„Bindeglied“ zwischen Input- und Output-Management sind zum einen die Rohdaten des Schriftstücks und zum anderen die entsprechenden Kommunikationskanäle. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass die per OCR ausgelesenen Daten mitgeführt bzw. zentral vorgehalten werden. Für die Kündigungsbestätigung, um bei diesem Beispiel zu bleiben, müssen sie dann nur abgerufen, gegebenenfalls mit Zusatzinformationen (ein neues Angebot zum Beispiel) angereichert und entsprechend der Corporate Identity formatiert werden. Die Übergabe an das Versandzentrum erfolgt dann automatisiert.
Auch wenn ECM (Input-Management) und Gartners ADF 2.0 (Multi-Channel-Output-Management) erst beginnen, sich aufeinander zuzubewegen: Die immer stärkere Verknüpfung zwischen ihnen ist bereits Realität. Schließlich gibt es auch keinen Grund, beide Bereiche weiterhin separat zu betrachten und womöglich für ein- und denselben Prozess unterschiedliche Systeme einzusetzen. Fakt ist: Durch die Verschmelzung von Input- und Output-Management lassen sich nicht nur Durchlaufzeiten und Kosten in der Kundenkommunikation reduzieren. Auch die Einhaltung der firmeninternen Service Level Agreements wie Lieferfristen und Antwortzeiten kann besser überwacht werden.
Es ist also nur allzu logisch, dass beide Welten der Kundenkommunikation immer stärker zusammenwachsen. Nicht zuletzt deshalb, weil sie viele ge-meinsame technischen Komponenten haben, beispielsweise das Archiv. Sowohl Input- als auch Output-Management benötigen hier eine Schnittstelle. Trotzdem existieren sie in vielen Unternehmen immer noch als separate Einheiten bzw. doppelt oder redundant. Sicher hat diese Trennung auch ein wenig mit persönlichen Befindlichkeiten zu tun. Wer gibt schon gern etwas von seinem Territorium auf? Doch gerade aus Kosten- und Effizienzgründen ist diese Spaltung nicht sinnvoll.
DER ORGANISATION FOLGT DIE IT
Gerade für serviceorientierte Branchen wie Banken, Versicherungen und Telekommunikationsdienstleister sind Schnelligkeit und Qualität in der Kommunikation ein wettbewerbsdifferenzierendes Merkmal. Kunden erwarten nicht nur mehr Komfort, sondern auch schnellere Antwortzeiten. Das umständliche Herunterladen, Drucken, Ausfüllen, Scannen und Verschicken eines Dokuments sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Umso wichtiger ist eine durchgängige Prozesskette zwischen Eingangs- und Ausgangsverarbeitung ohne Medienbruch, um hier Zeit- und Informationsverluste zu vermeiden.
Doch das setzt die Restrukturierung der bestehenden Organisationsabläufe im Unternehmen voraus. Dabei geht es unter anderem um folgende Punkte und Fragen:
- Eine Vereinheitlichung von Regelwerken, zum Beispiel bei interaktiven Prozessen wie Freigaben und Signaturen. Letztlich ist die Freigabe für eine Rechnung (Input-Management) nichts anderes als ein „Gut-zum-Druck“ (Out-put-Management)
- Wo in der Dokumentenverarbeitung sind die Schnittstellen zwischen der Automation und dem manuellen Eingreifen zu setzen?
- Wie können die bestehenden, voneinander getrennten ECM- und ADF-Anwendungen für einen höchstmöglichen Automatisierungsgrad miteinander verknüpft werden?
Die daraus resultierenden neuen Strukturen lassen sich dann mit entsprechenden Lösungen für ein integratives Dokumenten- und Output-Management umsetzen. Dabei ist auf die zunehmende Vielfalt an Ein- und Ausgangskanälen zu achten, die Abhängigkeiten zwischen ihnen sind genau zu definieren und zu managen. Wenn die neu etablierten Workflows dann noch mit entsprechender Logik (Regelwerke, Text-/Syntaxbausteine) „veredelt“ werden, ist man quasi schon bei der Modellierung von Prozessen (Business-Process-Management), der höchsten Stufe der durchgängigen Automation von Eingangs- und Ausgangsverarbeitung. Spätestens hier beginnt dann eine neue Ära der Dokumentenverarbeitung.
* Der Autor Thomas Funke ist Vice President Produktmanagement bei Compart.
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