Trotz aller potenziellen Vorteile von Social Software und Social Media verzichten noch immer viele Unternehmen darauf. Dabei könnten gerade auch kleine und mittlere Betriebe vom Konzept des Enterprise 2.0 profitieren. [...]
Der Begriff Enterprise 2.0 ist wie alle Schlagworte vage und ungenau. Klar ist, dass er sich vom Begriff Web 2.0 ableitet und damit auf Social-Media-Ansätze abzielt wie Wikis, Blogs und soziale Netzwerke. Der Begriff suggeriert eine starke Veränderung in Unternehmen durch Technologien und Tools. Produktkategorien wie Social CRM, Social Intranet, Social Collaboration und Social Software stehen dafür, dass altbekannte Tools nun um Vernetzung und Austausch erweitert werden. Eng damit verknüpft ist auch eine neue Unternehmenskultur, geprägt von Transparenz, Dialogbereitschaft und flachen Hierarchien. Zu den oft genannten Zielen gehören die Bindung und Gewinnung von Kunden und Mitarbeitern. Es geht also darum, Social-Media-Ansätze intern zur Erhöhung der Produktivität anzuwenden und sowohl extern als auch intern für eine bessere Kommunikation zu nutzen. Davon können nicht nur Großunternehmen und Konzerne profitieren sondern auch kleine und mittelständische Firmen.
Soweit die Vision. Die Realität in deutschen Unternehmen heißt dagegen schlicht: E-Mail. Trotz aller Klagen über die E-Mail-Flut ist sie weiterhin als De-Facto-Standard für formelle Kommunikation gesetzt – und das nicht nur in der Kommunikation nach außen, sondern auch nach innen.
ENTERPRISE 2.0 – GERINGES MARKTVOLUMEN, ABER HOHES WACHSTUM
Belastbare Zahlen zur Verwendung von Enterprise-2.0-Technolgien sind rar: Studien des Analystenhauses Forrester sagten 2011 für den Gesamtmarkt der „Enterprise Collaboration Software“ eine jährliche Wachstumsrate von 61 Prozent bis 2016 voraus. Zu diesem Zeitpunkt werde ein Gesamtmarktvolumen von 6,4 Milliarden US-Dollar erreicht (Quelle: „Social Enterprise Apps Redefine Collaboration”. Forrester, Dezember 2011). Lynn-Kristin Thorenz, Director Research & Consulting, IDC, ging im gleichen Jahr für den deutschen Markt für Social Plattformen von einem noch geringen Marktvolumen, aber überproportionalem Wachstum aus.
Praktische Erfahrungen beim Consulting und in der Prozessoptimierung in mittleren und großen Unternehmen zeigen, dass sich kaum die Hälfte der Organisationen reif für Social Business fühlt. Die Akzeptanz des Enterprise 2.0 ist in Deutschland schleppend, die neue Technik oft nicht willkommen. Es gibt große Vorbehalte in den Organisationen gegen die kulturellen Veränderungen, die damit einhergehen, wenn jeder Berechtigte auf gleicher Augenhöhe an netzwerkartiger Kommunikation teilhaben kann. Die etablierten Strukturen und Denkweisen geraten in Gefahr. Vor allem auf dem C-Level und im Management herrscht Unsicherheit über mögliche Risiken, wenn Hierarchien auf diese Weise aufgebrochen werden.
Viele Manager scheuen die Verantwortung für einen Schwenk auf die neuen Kommunikationstechnologien. Sie haben Sorgen, ob sie die Bewegung, die damit in ein Unternehmen kommt, auch kontrollieren können. Andere haben die mit dem Begriff Enterprise 2.0 beschriebenen Themen noch überhaupt nicht auf der Agenda. Die Art, wie Digital Natives miteinander arbeiten und die entsprechenden Tools sind ihnen unbekannt. Wieder andere Führungskräfte übersehen den geschäftlichen Nutzen und verbinden Social Media eher mit Mitarbeitern, die Arbeitszeit auf Facebook verschwenden, statt an die Chancen zu denken, die eine stärkere Interaktion mit Kunden oder bessere Online-Rezensionen bedeuten könnten.
Laut einer nicht-repräsentativen Online-Umfrage unter Unternehmen der Branchen ITK und Neue Medien des Bitkom setzen 71 Prozent der befragten Unternehmen Social Software ein (Studie „Einsatz und Potenziale von Social Business für ITK-Unternehmen“, 2013). Diese Zahlen lassen sich jedoch nicht auf den Gesamtmarkt hochrechnen: ITK- und Digital-Branche gehören zu den Branchen mit der stärksten Social-Media-Affinität. Und zur Teilnahme dürften sich vor allem diejenigen berufen gefühlt haben, die sich für das Thema der Befragung interessieren. Bei den Interviewten, die laut der Bitkom-Studie bereits auf Social-Software-Lösungen setzen, dominieren klar Wikis und Intranets. Darauf folgen Blogs, Instant Messaging, DMS und Wissensdatenbanken. Weit abgeschlagen liegen die Tools, die wirklich geeignet wären, vernetzte Kommunikation in den Arbeitsalltag zu bringen: interne Social Networks, Social Software Suites und Collaborative Virtual Workspaces.
Be the first to comment