Firmenkultur riecht, schmeckt und sieht man nicht. Aber sie beeinflusst massgeblich den Firmenerfolg. Besteht ihr Unternehmen den 13-Punkte-Test von Computerworld? [...]
Eine gute Firmenkultur beflügelt Mitarbeiter, fördert ihr Engagement und führt zum Erfolg. Eine schlechte verursacht Probleme und kann ein Unternehmen in Konsequenz sogar vollkommen gegen die Wand fahren. Eine gute Firmenkultur ist wie der Kontrabass im Orchester. Man bemerkt ihn erst, wenn er fehlt. Aber wenn er spielt, dann eher unauffällig im Hintergrund.
Fachleute bezeichnen mit Firmenkultur die Werte, Regeln, Normen und Überzeugungen, die alle Mitarbeiter eines Unternehmens zu einem Team zusammenschweißen. Diese Kultur drückt sich in bestimmten Sitten, Ritualen, Umgangsformen, aber auch Statussymbolen oder Projekten einer Firma aus. Der Firmenwagen, der größere Schreibtisch, der Bonus zum Jahresende oder die Auszeichnung „Mitarbeiter des Monats“ gehören dazu.
WAS LIEF SCHIEF BEI VW?
Über Firmenkultur machen sich Führungskräfte meist erst dann Gedanken, wenn etwas gründlich schief gelaufen ist. Also zu spät. Fallbeispiel Volkswagen: Die millionenfache Manipulation von Abgaswerten ist sicher nicht auf das technische Unvermögen der VW-Ingenieure zurückzuführen, die nicht wussten, wie man einen korrekten Abgasfilter einbaut. „Es ist die Gier nach Ruhm, nach Anerkennung. Man steht fassungslos davor und sieht doch immer wieder, wie das endet“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble dazu.
Individuelles Fehlverhalten, Schwachstellen in den Prozessen und eine hohe Toleranz, Regelverstöße hinzunehmen haben nach Ansicht des VW-Aufsichtsratschefs Hans Dieter Pötsch Volkswagen in die aktuelle Krise geführt. Besonders schwer zu akzeptieren sei die dritte Ursache. Das hatte knallharte wirtschaftliche Konsequenzen: Volkswagen hat nach dem Abgaskandal kräftig Marktanteile eingebüßt, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Im Jahresvergleich sank der Marktanteil um 2,3 Prozentpunkte auf 24,3 Prozent. Vor allem die Abverkäufe der Pkw-Kernmarke VW gaben nach.
SCHWEIZER FINANZKULTUR
Ein zweites Fallbeispiel, die Schweizer Finanzindustrie: Michel Maréchal, Professor für Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Zürich, hat mit 200 Bankangestellten ein Experiment durchgeführt. Jeder Versuchsteilnehmer wurde nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zugeteilt. In der Testgruppe wurde den Teilnehmern durch Fragen ihre berufliche Rolle und die damit verbundenen Verhaltensnormen in der Bank in Erinnerung gerufen. In der Kontrollgruppe wurde den Teilnehmern hingegen ihre außerberufliche Rolle in der Freizeit und die damit verbundenen Normen bewusst gemacht.
Im Anschluss daran nahmen alle Probanden an einer Aufgabe teil, bei der sie durch unehrliches Verhalten ihr Einkommen um bis zu 200 US Dollar steigern konnten. Dabei zeigte sich, dass sich die Bankangestellten der Testgruppe, in welcher die beruflichen Verhaltensnormen aktiviert wurden, signifikant unehrlicher verhielten.
Maréchal wiederholte das Experiment mit Mitarbeitern anderer Wirtschaftsbranchen. Im Unterschied zu den Bankern wurden die Mitarbeitenden anderer Branchen nicht unehrlicher, nachdem man ihre berufsbezogenen Normen und Werte angesprochen hatte.
HIPPOKRATISCHER EID FÜR BANKER
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die sozialen Normen, also die Kultur der Bankenindustrie unehrliches Verhalten eher toleriert als in anderen Branchen. „Die Banken könnten ehrliches Verhalten fördern, indem sie die berufsspezifischen Normen verändern würden“, sagt Alain Cohn von der Booth School of Business der Universität Chicago. Mehrere Experten und Aufsichtsbehörden schlagen beispielsweise vor, dass Bankangestellte einen professionellen Eid, ähnlich dem hippokratischen Eid für Ärzte, ablegen sollten.
Be the first to comment