Erster Arbeitstag – so punkten Sie bei den neuen Kollegen

Worauf kommt es am ersten Arbeitstag im neuen Job an? Oft sind es Kleinigkeiten, die am neuen Arbeitsplatz einen schlechten ersten Eindruck hinterlassen. [...]

Sandra S. ist aufgeregt. Nach ihrer Weiterbildung zum Wirtschaftsfachwirt ist sie einen Schritt auf derKarriereleiter emporgestiegen. Die 27-Jährige hat die Firma gewechselt. Heute ist ihr erster Arbeitstag bei einem großen Handelsunternehmen.
Zwar überwiegt bei der gelernten IT-Kauffrau die Freude auf den neuen Job, aber beim ersten Auftritt am neuen Arbeitsplatz gilt es, Fettnäpfchen zu umschiffen, wie Karriere-Expertin Simone Stargardt weiß. Die 36-jährige Geschäftsführerineiner Privatakademie hält Business-Knigge-Workshops und kennt die Fallstricke beim Jobstart.
„Es sind oft Kleinigkeiten, die einen schlechten ersten Eindruck hinterlassen“, erklärt die Betriebswirtin, die früher bei einem Lebensmitteldiscounter arbeitete und Schulungen speziell für die Einzelhandelsbranche anbietet. Stargardt empfiehlt vor allem jungen Berufsstartern, sich auf die gute Kinderstube zu besinnen. Wer unpünktlich, übermüdet oder ungepflegt erscheint, hätte bereits beim ersten Kontakt mit Chefs und Kollegen einen dicken Malus, der später nur schwer wieder gutzumachen sei.
BEIM EINSTAND ZURÜCKHALTUNG FEIERN
Gut gemeint, kann es völlig daneben gehen, wenn der Neue am ersten Tag im Büro gleich seinen Einstand feiert. „Als Chefin wäre ich eher entsetzt“, sagt Stargardt, vor allem wenn dann noch Alkohol ausgeschenkt wird. Das ist in manchen Firmen sogar grundsätzlich verboten. Deshalb sollten sich die Einsteiger Zeit lassen, sich einleben und beobachten, wie die Unternehmenskultur gelebt wird. Etwa, wenn jemand Geburtstag hat, ob Kuchen mitgebracht oder ein Sekt ausgeschenkt wird.
Sandra S. hat es sich noch einfacher gemacht und schlicht ihre Kollegin gefragt: „Sag mal, wie wird der Einstand hier gehandhabt?“ Daraufhin hat sie am Freitag zur Mittagspause zwei Salate, ein paar Ciabattas und Säfte mitgebracht.
VORSTELLUNG BEI DEN NEUEN KOLLEGEN
Während Jüngere gerne in die Lässigkeitsfalle tappen oder sich zu schüchtern mit „Hallo ich bin die Neue, haha…“ geben, so erwischen ältere Jobwechsler den falschen Ton, indem sie zu selbstbewusst auftreten und signalisieren, dass sie alles kennen, schon mal gemacht haben und keiner ihnen etwas vormachen kann.
Trotzdem sei eine forsche Begrüßung besser als gar keine, meint Stargardt. „Den dicksten Bock schießt der ab, der nicht grüßt, wenn er seinen neuen Kollegen vorgestellt wird“, verdeutlicht die Trainerin. Um allerdings gleich zu warnen, nicht jedem Arbeiter oder Anzugträger beim ersten Betriebsrundgang die Hand hinzustrecken. Das käme zu aufdringlich an, so die Personalexpertin.
Ebenso gilt es, mit Vorsicht herauszufinden, wie in der neuen Firma die persönliche Ansprache ist. Auch, wenn sich alle Kollegen untereinander duzen, rät Stargardt zum formalen „Sie“ – zumindest so lange, bis der Hinweis kommt, dass sich alle mit „Du“ anreden.
Simone Stargardt von StarConTra:
DRESSCODE UND STYLING
Bereits als sie nach dem Bewerbungsgespräch ihren damals noch potentiellen Arbeitskollegen vorgestellt wurde, hat sich Sandra S. auch den Dresscode angeschaut. Am ersten Tag im neuen Job trägt die brünette Frau ein schlichtes Kostüm, hat ihre Haare hochgesteckt und dezent Make-up aufgetragen. „Am ersten Tag nie underdressed kommen“, urteilt die Expertin, denn Sakko und Krawatte sind schnell ausgezogen. Aber man fühlt sich selbst verunsichert, wenn man als einziger krawattenlos ist.
„Beim Start etwas zurückhaltender beim Styling zu sein, ist der richtige Weg“, erklärt die Business-Trainerin. Je nachdem was Kollegen tragen und wie die Firmenkultur ist, können später Kleidung und Accessoires verändert werden. Genauso verhält es sich mit Piercings und Tattoos. „Bei kreativen Berufen oder im Handwerk ist das Tragen und Zeigen von Körperschmuck oft unproblematischer als in einer Bank“, erläutert Stargardt.
FETTNÄPFCHEN VERMEIDEN
Für Sandra S. sind diese Hürden kein Problem. Allerdings beobachtet die Jobwechslerin bei der Vorstellungsrunde mit anderen Kollegen, die ebenfalls im Unternehmen starten, dass nicht alle richtig zuhören, als die Personalchefin Infos zum privaten Surfen im Internet gibt. Das Handelsunternehmen gestattet seinen Mitarbeitern zwar während der Arbeitszeit im Netz unterwegs zu sein, Seiten wie eBay oder Facebook hat es allerdings gesperrt.
Als ein Teilnehmer am Ende des Vortrags der Personalfrau nachfragt, ob denn der Zugriff auf Soziale Netzwerke wie Facebook erlaubt sei, merkte Sandra S. an der genervten Reaktion ihrer Vorgesetzten, dass der Neue soeben Kredit verspielt hat, weil er nicht aktiv zuhört.
Stargardt nennt noch andere Fettnäpfe. Etwa, dumme Fragen zu stellen. „Wie lange dauert‘s denn heute?“, „Wann habe ich frei?“, „Wann habe ich Urlaub?“ oder „Wann wird mein Gehalt eigentlich überwiesen?“ seien Fragen, die kein Chef gerne am ersten Arbeitstag hört.
Der perfekte Einstand gelinge hingegen, wenn neue Mitarbeiter freundlich lächelnd und offen auf ihre Kollegen zugehen und sich aktiv vorstellen – ohne die Hand hinzustrecken. „Erst, wenn einem diese vom Gegenüber gereicht wird, darf man zugreifen und schütteln“, sagt Stargardt mit einem Augenzwinkern.
INTERESSE UND PÜNKTLICHKEIT
Wer in den ersten Gesprächen gut ankommen will, sollte zudem Interesse am Arbeitsgebiet der Kollegen zeigen, indem er aufgeweckt, viele offene Fragen stellt. Geht es dann an den eigenen Arbeitsplatz, sollten Neue engagiert zu Werke gehen und zeigen, dass ihnen das Umfeld und die Arbeit gefallen, sowie Hilfsbereitschaft signalisieren.
Grundsätzlich gilt bei Geschäftsterminen, also auch am ersten Arbeitstag, Pünktlichkeit. „In Deutschland bedeutet das 15 Minuten vorher da zu sein“, sagt die Chefin. Bei internen Meetings reichen allerdings fünf Minuten aus.
Sandra S. hat wie die meisten ihrer Kollegen ihren ersten Arbeitstag gut überstanden. Rundgang, Einführungsrunde und der Empfang aller Arbeitsunterlagen ging glatt. Ihre freundliche Art kam bei Chefs und Kollegen gut an.
JEDES UNTERNEHMEN HAT EIGENE PROZESSE
Wer gleich am ersten Arbeitstag Verbesserungen vorschlägt, ist bei den neuen Kollegen und Chefs schnell untendurch. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Prozesse. Mit eigenen Entscheidungswegen und komplexen Strukturen, die Neulinge wahrscheinlich nicht einmal nach einem Monat komplett durchschauen. Sätze wie: „Ich kenne das aber anders – in meiner alten Firma haben wir das so und so gemacht“, manövrieren ins Abseits. Engagement zu signalisieren und anpacken zu wollen ist super – Kritik am Arbeitgeber in den ersten Tagen jedoch völlig unangebracht.
Sandra S. hat, wie die meisten ihrer Kollegen, ihren ersten Arbeitstag gut überstanden. Rundgang, Vorstellung bei den neuen Kollegen und der Empfang aller Arbeitsunterlagen ging glatt. Ihre freundliche Art kam bei Chefs und Kollegen gut an.
*Michael Sudahl arbeitet als freier Journalist und Medienberater


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