Fachkräftemangel bremst weiteres Wachstum

Der Gesamtumsatz der in der jährlich von ITWelt.at veröffentlichten Top-1000-Rangliste der 1.000 umsatzstärksten heimischen IKTUnternehmen hat 2022 inzwischen das elfte Jahr in Folge zugelegt und betrug 29,5 Milliarden Euro. [...]

Dieses Ergebnis bedeutet gegenüber dem Wert aus dem Vergleichsjahr 2021 von 28,29 Milliarden Euro ein Plus von 4,29 Prozent. Damit fiel das Umsatzwachstum 2022 allerdings trotz der fortschreitenden Digitalisierung schwächer aus als in den Jahren davor: 2021 legten die 1.001 umsatzstärksten IKT-Unternehmen in Österreich beim Umsatz um 6,45 Prozent zu und 2020 betrug das Umsatzwachstum 6,27 Prozent. Das Umsatzwachstum fällt damit zum dritten Mal in Folge schwächer aus als im Jahr davor – allerdings zählt die IKT-Branche angesichts multipler Krisen mit einem Umsatzwachstum von 4,29 Prozent zweifellos auch weiterhin zu den wichtigsten Wachstumsmotoren der heimischen Wirtschaft.

Das bestätigt auch Alfred Harl, Obmann des Fachverbandes Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (UBIT) der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), im Gespräch mit ITWelt.at anhand der Ergebnisse des KMU Radars 2023, der von der KMU Forschung Austria erstellt wird: »Die UBIT-Betriebe konnten ihren Umsatz 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 13,2 Prozent auf 45 Milliarden Euro steigern. Das sind immerhin zehn Prozent des heimischen Bruttoinlandsproduktes.« Den Löwenanteil erwirtschafteten dabei die in der UBIT vertretenen IT-Betriebe, die ihren Umsatz 2022 um 12,5 Prozent auf 34,6 Milliarden Euro steigern konnten. »Die Expertise der UBIT-Betriebe wird noch stärker nachgefragt als im Jahr davor. Die Unternehmensberater:innen, Buchhalter:innen und ITDienstleister:innen sind damit treibende Kräfte für das Wachstum unserer Wirtschaft«, zeigt sich Harl stolz über die Leistung der UBIT-Betriebe.

BUNDESLÄNDERVERGLEICH

Im Bundesländervergleich der Top-1000-Rangliste stellen die in Wien angesiedelten IKT-Betriebe 2022
mit 20,85 Milliarden Euro erneut den Löwenanteil des Umsatzes der IKT-Branche in Österreich (knapp über 70 Prozent). Damit ist der Anteil der Wiener IKT-Betriebe am Gesamtumsatz der Branche 2022 zum zweiten Mal in Folge gestiegen und zwar um rund 0,6 Prozent. Das Umsatzwachstum der Wiener IKT-Betriebe, das 2021 plus 4,37 Prozent betrug, fiel 2022 mit einem Plus von 3,6 Prozent etwas schwächer aus als im Jahr zuvor. Wien liegt damit im Bundesländervergleich des Top1001-Rankings beim Umsatzwachstum auf dem letzten Platz.

WACHSTUMSKAISER KÄRNTEN

Wachstumskaiser unter den Bundesländern war 2022 Kärnten: Die dort angesiedelten IKT-Betriebe konnten ihren Umsatz 2022 um 5,9 Prozent auf 246,68 Millionen Euro steigern. Damit haben die Kärntner den Trend aus dem Jahr 2020 umgedreht, als die dort angesiedelten IKT-Betriebe ein Umsatzminus von 1,25 Prozent hinnehmen mussten. Auch die Zuwächse im Burgenland (plus 5,8 Prozent auf 122,76 Millionen Euro), in Niederösterreich (plus 5,7 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro), in der Steiermark (plus 5 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro) und in Oberösterreich (plus 4,9 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro) können sich sehen lassen.

IKT-Betriebe konnten damit ihr Umsatzwachstum im Vergleich mit 2021 mehr als verdoppeln, während das Umsatzwachstum in Niederösterreich deutlich zurückging (2021: plus 12,45 Prozent). Auch in der Steiermark hat sich das Umsatzwachstum 2022 nach dem Rekordwachstum von 28,27 Prozent im Jahr 2021 wieder normalisiert – ebenso wie in Oberösterreich (2021: plus 8,03 Prozent). Oberösterreich ist zudem mit 4,1 Milliarden Euro Umsatz bzw. 13,89 Prozent Anteil am Gesamtumsatz der heimischen IKT-Branche nach Wien das umsatzstärkste Bundesland.

SOLIDES WACHSTUM IN DEN ÜBRIGEN BUNDESLÄNDERN

Auch die übrigen drei Bundesländer konnten 2022 beim Umsatz zulegen: Die Vorarlberger IKT-Betriebe konnten ihren Umsatz um 3,9 Prozent auf 393 Millionen Euro steigern, in Tirol betrug das Wachstum 3,9 Prozent auf 306 Millionen Euro und der Umsatz in Salzburg legte um 3,8 Prozent auf 940,65 Millionen Euro zu. Die Vorarlberger IKT-Betriebe konnten ihr Umsatzwachstum damit im Vergleich zu 2021 fast verdreifachen (2021: plus 1,36 Prozent), Tirol befindet sich nach einem Minus von 1,5 Prozent im Jahr 2021 wieder auf Wachstumskurs und Salzburg liegt leicht unter dem Vorjahresniveau (2021: plus 4,47 Prozent).

BRANCHENVERGLEICH

Was die verschiedenen Sparten des Top-1000-Rankings betrifft, so konnten 2022 bis auf den Bereich »IKT-Handel« alle Sparten zulegen. Platz eins geht dabei wie auch schon 2021 an den Bereich »Software«, der mit 10,1 Prozent das stärkste Umsatzwachstum hinlegte. Dahinter folgen die Bereiche »Hardware« mit einem Plus von 6,99 Prozent, »Web Design & Digital Marketing« mit 5,02 Prozent, »Telekom & Netzwerk« mit 4,02 Prozent und »IT-Services« mit 3,763 Prozent. Der Umsatzrückgang im Bereich »IKT-Handel« betrug minus 2,63 Prozent. In absoluten Umsatzzahlen führt der Bereich »IT-Services« mit 9,28 Milliarden Euro Umsatz vor dem Bereich »Telekom & Netzwerk« mit 9,01 Milliarden Euro und »Software« mit 4,94 Milliarden. Die Sparte »IKT-Handel kam 2022 auf 3,54 Milliarden Euro Umsatz, der Bereich »Hardware« auf 2,29 Milliarden Euro und der Bereich »Web & Digital Marketing« auf 430 Millionen Euro.

LEICHTER RÜCKGANG BEI DEN MITARBEITERZAHLEN

Widersprüchliche Kennzahlen gibt es bei der Beschäftigungslage in der heimischen IKT-Branche: 96.161 Menschen haben 2022 für die im Top-1000-Ranking gelisteten IKT-Unternehmen gearbeitet. Das stellt gegenüber den 96.977 Beschäftigten aus dem Jahr 2021 einen erstaunlichen Rückgang um 0,84 Prozent dar. Erstaunlich deshalb, weil man angesichts des Fachkräftemangels, der ja impliziert, dass heimische IKT-Unternehmen händeringend nach Mitarbeitern suchen, erwarten würde, dass die Beschäftigtenzahlen steigen. Aber da ja inzwischen jedes Unternehmen ein Stück weit auch ein IT-Unternehmen ist, finden IT-Fachkräfte nicht mehr nur in der IKT-Branche attraktive Arbeitsplätze. Der vielzitierte War for Talents ist also definitiv Realität. Im Jahr 2021 konnten die im Top1000-Ranking gelisteten IKT-Betriebe bei den Mitarbeitern noch um 1,89 Prozent zulegen und rund 1.800 Mitarbeiter für sich gewinnen. 2020 betrug das Mitarbeiterwachstum der heimischen IKT-Branche sogar 2,57 Prozent.

UBIT-BETRIEBE INVESTIEREN KRÄFTIG IN WEITERBILDUNG

Ein weitaus positiveres Bild zeichnet der UBIT Radar: UBIT-Obmann Harl zufolge ist die Zahl der Arbeitgeberbetriebe und der unselbstständig Beschäftigten 2022 auf 9.851 Betriebe und 112.188 Beschäftigte gestiegen, was nicht zuletzt daran liegt, dass bei den UBIT-Betrieben viel Geld in Aus- und Weiterbildung fließt. »Gerade in schlechten Zeiten muss man investieren«, sagt Harl im Gespräch mit ITWelt.at. »Unsere Branche hat das vorbildlich gemacht und vergangenes Jahr 39 Prozent mehr für Aus- und Weiterbildung ausgegeben. Die Invesitionen haben 2022 mit mehr als 542 Millionen Euro ein neues Rekordniveau erreicht. Das entspricht einem Plus von 143 Millionen Euro.«

Die in der Fachgruppe UBIT vertretenen IT-Betriebe haben 2022 rund 311 Millionen Euro in ihre Mitarbeiter investiert, was immerhin 0,9 Prozent des Jahresumsatzes ausmacht. Darüber hinaus haben die dem Bereich IT zuzuordnenden UBIT-Mitglieder 2022 auch deutlich mehr in Forschung und Entwicklung investiert: »Unsere ITBetriebe haben vergangenes Jahr über 4 Prozent ihres Jahresumsatzes für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Österreich liegt damit europaweit auf Platz drei«, erklärt Harl. »Für uns als Fachverband UBIT nimmt die Aus- und Weiterbildung sowie die Weiterentwicklung einen großen Stellenwert ein. Daher freuen wir uns besonders über die Investitionen in die kontinuierliche Weiterbildung und Forschung. Nur durch eine konsequente Weiterentwicklung und den Austausch von Wissen können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern.«

Die Fachgruppe UBIT stellt dementsprechend im Rahmen der UBIT-Akademie incite ein breit gefächertes Aus- und Weiterbildungsangebot zur Verfügung, das Harl zufolge stark in Anspruch genommen wird. Zu den gefragtesten Kursen zählen dabei Certified Digital Consultant, Data IT-Security Expert, barrierefreies Webdesign, die Zertifizierung als Datenschutzbeauftrager, Innovation Expert oder MBAs in IT.

FACHKRÄFTEMANGEL BREMST WEITERES WACHSTUM

Doch allen Bildungsangeboten zum Trotz benötigen österreichische Unternehmen Harl zufolge 28.000 weitere IT-Fachkräfte: »Alleine in der IT-Branche fehlen 12.000 Fachkräfte – das bedeutet 4,2 Milliarden an Wertschöpfungsverlust. Das liegt auch an dem Gap zwischen den geburtenschwachen Jahrgängen und das wird noch bis 2025 anhalten.« Der UBIT-Obmann fordert daher einmal mehr einen umfassenden Schulterschluss zwischen allen Beteiligten im Bereich IT-Ausbildung, der drei Säulen beinhalten sollte: »Wir müssen die halten, die es können, und IT Fachkräften, die in Pension gehen würden, attraktive Arbeitsbedingungen und ordentliche Bezahlung bieten, um sie im Berufsleben zu halten. Darüber hinaus sollte es an den Schulen eine sinnvolle IT-Grundausbildung schon für junge Menschen geben und die Dropoutquote an den Hochschulen im IT-Bereich von 50 Prozent muss gesenkt werden.«


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