„First things first“ – 10 Tipps & Tricks für erfolgreiche agile Planung

Wer kennt das nicht? Ein enger Zeitplan, ein stark begrenztes Budget, keine zusätzlichen personellen Ressourcen - nicht nur in IT-Projekten sind die Vorgaben der Auftraggeber meist eng gesteckt. Hinkt das Team dann auch noch dem Plansoll hinterher, kommen schnell Stress und Druck in das Projekt. Diese Situation trägt nicht gerade zur Steigerung der Motivation und Leistungsbereitschaft innerhalb des Teams bei. Doch wie kann das Projekt dennoch erfolgreich zu Ende gebracht und gleichzeitig das Commitment der Projektmitglieder hoch gehalten werden? Alexander Weichselberger, Projektmanagement-Experte und Mitglied der SEQIS-Geschäftsleitung, hat während seiner jahrelangen Praxis in (agilen) Projekten eigene Vorgehensweisen zur Erfolgssteigerung in IT-Projekten entwickelt. [...]

Tipp 1: Alarmglocken bei Anordnung von Überstunden und Urlaubsverzicht
Eine häufige Reaktion von Vorgesetzen bei Delays im Zeitplan ist die Anordnung von Überstunden und Urlaubsverzicht. Zusätzlicher Druck reduziert die Motivation der Mitarbeiter nur noch mehr. Demotivation, Fluktuation und Organisationsoverhead verbrauchen zumeist das gewonnene „Mehr“ an Zeit. Besser ist es, zu überprüfen, ob die Projektmitglieder auch zu hundert Prozent im Projekt verfügbar sind – und nicht etwa durch andere Engagements abgezogen werden. Werden einzelne Teammitglieder in mehreren Projekten gleichzeitig eingesetzt, sollte dies in den heißen Phasen vermieden werden.

Tipp 2: Investieren Sie in bewusstes Teambuilding
Bei Disharmonien im Projektteam stellt der Wechsel von einzelnen Mitgliedern in andere Teams auf den ersten Blick eine geeignete Lösung dar, um die Produktivität wieder anzuheben. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass gerade diese Umstrukturierungen zu gewaltigen Problemen und weiteren Verzögerungen führen können. Denn sobald ein neues Mitglied in ein Team geworfen wird, bröckeln die bereits bestehenden Strukturen und es folgt ein neuerlicher Teamfindungsprozess, der nicht von heute auf morgen abgeschlossen ist. Bewusstes Teambuilding von Anfang an stärkt den Zusammenhalt und klärt offene Konflikte sofort.

Tipp 3: Nutzen Sie den agilen Bauchladen – und schützen Sie ihn
Ein agil unerprobtes Management wird in Stresssituationen versuchen, Mechanismen „traditionell“ auszuhebeln und zu übersteuern. Doch dieses Vorgehen ist selten zielführend. In diesen Situationen sollte der agile Werkzeugkasten bewusst eingesetzt und geschützt werden.

Tipp 4: Setzen Sie aktiv Prioritäten
Ganz nach dem Motto „first things first“ werden alle Aktivitäten vernünftig priorisiert und anhand dieser Reihenfolge umgesetzt. Dabei kann ein „Work-In-Progress“-Limit, also eine Begrenzung der Anzahl an Arbeitspaketen, die gleichzeitig bearbeitet werden, definiert werden. Dies erhöht die Vorhersagbarkeit und hilft bei der Etablierung einer Balance zwischen Nachfrage und Durchsatz.

Tipp 5: Reduzieren Sie richtig
Mit 20 Prozent des Aufwands 80 Prozent des Ergebnisses erzielen? Ja, das funktioniert. Man muss nur richtig reduzieren. Timeboxed, risikobasiertes Arbeiten und Durchstich-Strategie sind dabei die Schlagworte. Die jeweils weggelassenen Aktivitäten müssen aber selbstverständlich mit den Teams abgestimmt werden; achten Sie unbedingt darauf, dass Overengineering in den Teams vermieden wird.

Tipp 6: Übergeben Sie Aufgaben samt notwendiger Kompetenzen an die Teams!
Ein Projektteam darf in seiner Tätigkeit nicht übermäßig eingeschränkt werden. Lösungen sollten vom Projektleiter, Product Owner, etc. nicht nach den eigenen Vorstellungen vorgegeben oder aufgezwungen werden. Besser ist es, die Kompetenzen und Fähigkeiten des Teams zu erkennen und auf diese zu vertrauen.

Tipp 7: Messen Sie!
Der Einsatz von geeigneten Messinstrumenten während des Projektfortschritts ist unerlässlich. Beispielsweise können Epics, User Stories, Tasks und Defects zur Messung herangezogen werden. Im Rahmen der Bearbeitung von User Stories kann dabei etwa innerhalb der Sprints eine bestimmte Punkteanzahl pro Story vergeben werden. Anhand dieser Zahlen kann anschließend zwischen den Sprints verglichen werden. Aber Achtung: Einzelne Teams dürfen dabei nie untereinander, sondern ausschließlich innerhalb des Teams verglichen werden. Stellen Sie sich auch immer die Frage, ob durch die Messung (= Beobachtung) nicht das Verhalten des Teams beeinflusst wird.

Tipp 8: Stützen Sie Ihre Planungen und Entscheidungen durch Forecasts
Die Zukunft voraus sehen zu können – wer wünscht sich das nicht? Leider ist uns diese Gabe noch nicht gegeben. Modellbasierte und durch Messungen fundierte Forecasts helfen jedoch bei der Vorausschau. Freie Kapazitäten und bottlenecks entlang der Wertschöpfungskette werden aufgezeigt und erleichtern die weitere Planung bzw. Optimierung der Arbeiten.

Tipp 9: Simulieren Sie Änderungen – bevor Sie sie live setzen
Mittels geeigneten Simulationstools (z.B. r-Statistikprogramm, Monte-Carlo-Simulationstools) können verschiedene Szenarien schon vor der Livesetzung simuliert und die Reaktion darauf erprobt werden. Jeder Change sollte auf nachvollziehbaren Modellen basieren. Damit werden planerische Hirngespinste, genährt durch Wunschdenken, vermieden.

Tipp 10: Feedback und Verbesserungsvorschläge – Setzen Sie besser auf nachgewiesene Kritiker
Ehrliches, konstruktives Feedback ist Gold wert. Das dürfte allgemein bekannt sein. Doch um wirklich verwertbares Feedback für die eigene Arbeit einzuholen reicht es nicht, den netten Kollegen oder den besten Freund zu fragen. Die schärfsten Kritiker liefern meist das ehrlichste Feedback und die besten Verbesserungsvorschläge.

* Alexander Weichselberger ist Mitglied der SEQIS-Geschäftsleitung.


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