Die deutsche Stiftung Warentest hat enorme Einsparungsmöglichkeiten beim Einsatz von Fremdtinte in Druckern festgestellt. Je nach Hersteller und Modell sollen mit nachgebauten Druckerpatronen bis zu 90 Prozent der Kosten eingespart werden können. Die Drucker-Hersteller, wegen den hohen Preisen ihrer Original-Tinte oft kritisiert, warnen jedoch vor den "Spätfolgen" von Fremdprodukten und führen starke Argumente gegen die "Nachbaupatronen" ins Feld. [...]
KOMPLEXERE PATRONEN MACHEN NACHBAU UNMÖGLICH
Da HP und Canon wie erwähnt komplexere Patronen mit eingebautem Druckkopf verwenden, können die Drittanbieter sie aus patentrechtlichen Gründen nicht einfach nachbauen. Stattdessen müssen sie gebrauchte Originalpatronen auftreiben, sie aufwendig reinigen, aufarbeiten und neu befüllen. Es ist also nur allzu nachvollziehbar, dass die Preisersparnis bei diesem Prozedere nicht sonderlich hoch sein kann. Stiftung Warentest weist die Ersparnis mit etwa 10 bis 30 Prozent je nach Modell und verwendeter Tinte aus.
Wenngleich die Fremdtinte im Test überzeugen konnte und sehr große Sparpotenziale offengelegt hat, muss das für den Dauereinsatz nicht unbedingt gelten. Nicht zuletzt warnen die Hersteller vor einem Garantieverlust beim Einsatz von Fremdtinte bzw. vor Schäden am Gerät bei längerer Verwendung. Computerwelt.at hat Vertreter der vier großen, im Test vertretenen Druckerhersteller brother, Canon, Epson und HP zu den Ergebnissen des Vergleichs der Stiftung Warentest befragt, aber auch Vertreter der im Test nicht erwähnten Hersteller Konica-Monilta und OKI um eine Stellungnahme gebeten.
QUALITÄT UND NACHHALTIGKEIT ALS VERKAUFSARGUMENTE
Die Hersteller argumentieren in erster Linie mit der höheren Qualität der Ausdrucke bei der Verwendung von Originaltinte: „Original HP Tintenpatronen und Toner bilden mit den Inkjet- und LaserJet-Druckern ein integriertes und abgestimmtes System, das den Bedürfnissen der Kunden an Leistung, Qualität und Zuverlässigkeit am besten gerecht wird,“ erklärt die bei HP für den gesamten Druckerbereich verantwortliche Direktorin Michaela Novak-Chaid. Die Druckqualität und Zuverlässigkeit bei der Verwendung von wiederaufbereiteten oder wiederbefüllten Patronen könne leiden. „QualityLogic hat in Europa eine Studie durchgeführt, in der das unabhängige Institut zum Ergebnis kommt, dass Original HP Patronen gegenüber nachgefüllten Tintenpatronen in Ergiebigkeit und Zuverlässigkeit übertreffen“, erklärt Novak-Chaid. Eine ähnliche Studie hat auch OKI-Geschäftsführer Karl Hawlik parat: „OKI hat seit 2009 mehrere Studien mit Buyers Laboratory LLC durchgeführt. Die Fremdtoner verursachten signifikante Fehler im Druckergebnis, Schäden an der LED-Belichtungseinheit und 40 Prozent der Fremdprodukte hatten fehlerhafte Chips. Die tatsächlichen Toner-Reichweiten ergaben ein massives Ungleichgewicht gegenüber OEM-Tonern, dafür schlechtere Farbergebnisse und defekte Bildtrommeln.“
Gerade bei klassischen A4-Ausdrucken hat die Stiftung Warentest aber kaum Qualitätsunterschiede feststellen können, ein Umstand der für brother-Geschäftsführer Helmut Pfeifenberger vor allem am Untersuchungs-Setting liegt: „Es gibt einen Umstand, der bei solchen Verbrauchsmaterialtests nicht berücksichtigt wird: Ein Test dauert ein paar Wochen – im richtigen Leben ist ein Drucker aber mehrere Jahre im Einsatz. Überhaupt wird bei diesen Tests selten eine reale Druckernutzung simuliert.“ Ungeeignete Tinte zerstöre einen Druckkopf nur in wenigen Fällen unmittelbar. In vielen Fällen handle es sich um einen schleichenden Prozess. Gleiches gelte auch für Dichtungen und andere Bestandteile. Pfeifenberger: „Der Kunde denkt deshalb oft, weil er einen Satz Fremdtinte gedruckt hat, dass dies kein Problem sei, dabei ist dies meist nur eine Frage der Zeit. In jedem Fall sind bei den allermeisten Geräteausfällen, die in Zusammenhang mit der Tinte stehen, Fremdtinten die Ursache.“
Auch die Entsorgung der leeren Tintenpatronen und Toner dürfte bei Originaltinte einfacher und vor allem umweltschonender sein. „Für Original-Toner und -Tintenpatronen von Canon bieten wir ein kostenloses Recycling-Programm an. Damit können wir gewährleisten, dass die Patronen zu hundert Prozent recycelt und wiederaufbereitet werden und nichts im Abfall landet“, erklärt Wolfgang Mantler, Marketing Direktor von Canon Österreich.
HERSTELLER RECHTFERTIGEN PREISPOLITIK BEI ORIGINALTINTE
Die hohen Preisunterschiede zwischen Fremd- und Originaltinte erklären alle Hersteller unisono mit der aufwendigen Forschungs- und Entwicklungsarbeit. „Fremdtintenanbieter entwickeln keine High-Tech-Drucker. Sie müssen nicht forschen, wie Tinte noch schneller trocknet oder Sonnenlicht länger standhält und dokumentenecht wird. Sie müssen keine Druckköpfe entwickeln, die die neuen Tinten zuverlässig verarbeiten können“, argumentiert Pfeifenberger. In vielen Fällen werde eine fertige Tinte genommen, eine chemische Analyse durchgeführt und die Tinte so weit wie möglich kopiert. Das gelte laut Pfeifenberger auch für die Tintenpatrone.
In den vergangenen Jahren sind allerdings auch die Margen bei der Hardware immer kleiner geworden, der fehlende Gewinn muss über die Verbrauchsmaterialien kompensiert werden. Für viele Kunden sind die Preise für neue Druckerpatronen aber deutlich zu teuer, nicht umsonst wird Tinte auch schon seit geraumer Zeit als „schwarzes Gold“ bezeichnet – kaum eine Flüssigkeit kostet auf die Menge gerechnet so viel wie Druckertinte. „Kunden sollten aber wissen, dass das Volumen der Tinte in einer Patrone – vor oder nach der Anwendung – nicht direkt mit der Anzahl der gedruckten Seiten einhergeht. Volumen oder Milliliter Tinte sind kein sinnvoller Maßstab für die Kosten oder für den Mehrwert für den Verbraucher“, erklärt Novak-Chaid. Ihrer Ansicht nach sollte für den Kunden die Ergiebigkeit entscheidend sein, nicht die Füllmenge der Tintenpatrone. Novak-Chaid: „HP ist der einzige Hersteller, der auf der Verpackung der Patronen beziehungsweise Kartuschen anzeigt, wie viele Seiten gedruckt werden können.„
Be the first to comment