Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten brauchen Führungskräfte im digitalen Zeitalter, um ihre Mitarbeiter und die ihnen anvertrauten Unternehmen oder Bereiche mit Erfolg zu führen? Das ermittelte das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt, in einer Studie mit Unterstützung des F.A.Z.-Instituts. Sie ergab: Die Führungskräfte von morgen müssen vor allem gute Netzwerker sein, die mit anderen Menschen und Organisationen sowie zwischen ihnen tragfähige Beziehungen knüpfen können. Und dies setzt bei ihnen wiederum eine hohe Empathie und soziale und kommunikative Kompetenz voraus. [...]
Für die Studie mit dem Titel „Alpha Intelligence – Was Führungskräfte von morgen brauchen“ wurden hundert Führungskräfte der ersten und zweiten Ebene von Unternehmen mit Hilfe eines strukturierten Fragebogens befragt. 70 Prozent der Befragungsteilnehmer arbeiteten für mittlere Unternehmen und 30 Prozent für Großunternehmen. Zu 50 Prozent zählten ihre Arbeitgeber zur fertigenden Industrie. Die restlichen Betriebe waren überwiegend in den Branchen Information und Kommunikation, Finanzdienstleistungen sowie wissenschaftliche und technische Dienstleistungen zuhause.
Von den befragten Führungskräften stimmten 46 Prozent „voll und ganz“ und 31 Prozent teilweise der These zu, die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft und menschlichen Kommunikation verstärke den Druck auf die Führung – weil der „Entscheidungs- und Handlungsdruck dadurch zeitlich und quantitativ wächst“. Und fast zwei Drittel der Befragten bejahten „voll und ganz“ die Aussage, vernetztes Denken und Handeln sei künftig „eine Voraussetzung für erfolgreiche Führung“ – zudem 31 Prozent teilweise.
VERNETZTES UMFELD
Dies überrascht laut Barbara Liebermeister, Gründerin und Leiterin des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), nicht, weil über 80 Prozent der Führungskräfte davon überzeugt sind, dass künftig die Arbeit in Teams und Projekten weiter an Bedeutung gewinnt; ebenso „das Feedback der Mitarbeiter für die Entscheidungsfindung der Führungskräfte“. Ebenfalls jeweils über 80 Prozent sind der Auffassung, dass künftig aufgrund der zunehmenden Vernetzung die Meinungen und Ideen von Kunden noch stärker in die Produktentwicklung und die Prozessgestaltung in den Unternehmen einfließen werden und Partnernetzwerke an Bedeutung gewinnen.
Um in diesem von Vernetzung geprägten Umfeld zu überleben, benötigen die Führungskräfte nach Auffassung der meisten Befragten neben einer hohen Medienkompetenz eine hohe soziale Kompetenz – insbesondere ein großes Einfühlungsvermögen. Dieses sei unter anderem nötig, um die Personen und Generationen zu vernetzen sowie das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen und diese zu motivieren.
Dabei fällt auf, dass vor allem die Vertreter der Großunternehmen (73 Prozent) die Bedeutung der sozialen Kompetenz und hier insbesondere der Kommunikationsstärke für den künftigen Führungserfolg unterstreichen. Dies könnte laut Liebermeister darin begründet sein, dass die komplexeren Strukturen in den Großunternehmen es erschweren, die Mitarbeiter in Entscheidungs- und Meinungsbildungsprozesse zu integrieren und diese emotional ans Unternehmen zu binden. Zudem ist für die Mitarbeiter aufgrund der größeren Arbeitsteilung oft schwerer der Nutzen und Sinn ihres Tuns erkennbar. Also müssen die Führungskräfte ihnen den Sinnzusammenhang vermitteln.
HIERARCHIE: IN UND OUT
Gestützt wird diese These dadurch, dass sich zum Beispiel beim Beantworten der Frage, inwieweit Hierarchiedenken heute als Führungswerkzeug ausgedient habe, ein sehr ambivalentes Bild zeigt. Dieser Aussage stimmen etwa 50 Prozent der Befragten „voll und ganz“ oder zumindest teilweise zu; ebenso viele sind jedoch der gegenteiligen Ansicht – darunter auffallend viele Führungskräfte von Großunternehmen. Dahinter steckt laut Liebermeister vermutlich ihre Erfahrung, dass Großunternehmen eine gewisse hierarchische Struktur und formalisierte Entscheidungswege brauchen – „sonst sind sie nicht managebar“. Das setzt dem Einbeziehen der Mitarbeiter in Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse gewisse Grenzen. Dessen ungeachtet hat jedoch nach Auffassung fast aller Führungskräfte auch von Großunternehmen ein autoritärer Führungsstil ausgedient. Über 80 Prozent der befragten Führungskräfte stimmen denn auch der Aussage zu, führen hieße heute, „sich täglich zu bewerben – bei seinen Mitarbeitern, bei seinen Kunden und Geschäftspartnern“.
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