Ganzheitliche Steuerung: IT wie aus der Fabrik

Erfolg ist immer eine Frage des Zusammenspiels: Der IT-Factory-Ansatz verbindet die Steuerlogik von produzierenden Unternehmen mit den spezifischen Anforderungen der IT-Abteilungen. Unterm Strich stehen geringere IT-Kosten und erhöhte Profitabilität. [...]

Die IT-Steuerung eines Unternehmens wirft immer wieder anspruchsvolle Fragen auf. Etwa: Wie wirken sich Veränderungen im Business, in Projekten oder bei Technologien auf die Unternehmens-IT aus? Oder: Wie kann die IT zum Unternehmenserfolg beitragen? Trotz einiger richtiger Ansätze können viele CIO darauf bis heute keine befriedigenden Antworten finden. Der IT-Factory-Ansatz zeigt Wege auf, wie die Steuerungslogik von produzierenden Unternehmen mit den spezifischen Anforderungen von IT-Organisationen verbunden werden kann.

KRITIK AN BISHERIGEN IT-STEUERUNGSANSÄTZEN
Nachhaltig effektive IT-Steuerung hilft CIO im Idealfall dabei, IT-Kosten zu optimieren, nachweisbar zur Steigerung der Unternehmensprofitabilität beizutragen und bessere strategische Entscheidungen zu treffen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass dies nur selten gelingt. Die drei Hauptkritikpunkte sind:

  • Fehlende Business-Korrelation: IT-Ressourcen und resultierende Kosten werden zu häufig unabhängig vom Kerngeschäft des Unternehmens dar­gestellt. Meist ist es in Unternehmen unbekannt, wie der IT-Aufwand mit Entwicklungen des Business zusammenhängt. Dem CIO fehlt damit die Argumentationsgrundlage für die IT-Kostenentwicklung. Die Folge ist, dass er sich bei Fragen der Auswirkungen von Entwicklungen im Kerngeschäft auf die IT oft in einer defensiven Position befindet. Ein aktiver Austausch zwischen CIO und der restlichen Organisation wird dadurch erschwert.
  • Teurer Elfenbeinturm: Obwohl die interne IT-Leistungsverrechnung (ITLV) mittlerweile ein gängiges Instrument in der aktiven IT-Kostensteuerung ist, fehlen den Anwendern der IT oft Wissen und Informationen, um den IT-Aufwand tatsächlich zu beeinflussen. Damit entsteht auf der Fachbereichsseite der Eindruck, dass sich die IT auf Kosten der Fachbereiche entlastet und die IT selbst kaum bereit ist, die internen Kosten zu optimieren.
  • Kein aussagefähiges Reporting: IT-Reporting fokussiert gewöhnlich auf technische Aspekte der Betriebssteuerung. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen sind vergleichsweise unbedeutend und in den gängigen Berichten unterrepräsentiert. Damit ist auch die Produktivität einzelner IT-Abteilungen für den CIO und CFO intransparent. Eine wert- und kostenorientierte Steuerung der IT-Organisation fehlt häufig.

FEHLENDE DURCHGÄNGIGKEIT IN DER STEUERUNGSSYSTEMATIK
Die Hauptursache für die auftretende Kritik ist, dass viele systemische und prozessuale Brüche in der etablierten IT-Steuerungssystematik bestehen. Besonders problematisch sind Brüche zwischen Planung und operativer Steuerung. Hier zeigt sich häufig eine in Einzelprozessen detaillierte und strukturierte Vorgehensweise,  doch fehlt der Blick auf das große Ganze und den Zusammenhang zwischen den Teilprozessen. Da die Ergebnisse der Planung die zentralen Eingangsgrößen für die operative Steuerung liefern, ist für eine erfolgreiche IT-Steuerung Durchgängigkeit in der Planung allerdings wichtiger als ein hoher Detailgrad. So kann beispielsweise die Kapazitätsplanung noch so ­detailliert sein – wenn diese nicht mit der Budgetplanung verzahnt ist, kann eine adäquate IT-Mengen- und Kostensteuerung nicht erfolgen.

DREI RELEVANTE STEUERUNGSSICHTEN: FUNKTION, PRODUKT, KUNDE
Grundlage für eine durchgängige Steuerungssystematik ist die klare und eindeutige Definition von sogenannten Steuerungssichten, die auf die zentralen Fragestellungen der IT-Steuerung ausgerichtet sind. Für die Praxis sind zumindest drei relevant:

  • Die funktionale Sicht dient der Produktivitätssteuerung in der IT-Organisation und bildet somit die Sicht auf die internen Bereiche ab. Eine Ergebnisrechnung nach funktionalen Aspekten, z.B. nach IT-Abteilungen, hat sich als leistungsstarkes Werkzeug für die Produktivitätsteuerung erwiesen.
  • Die Produkt-/Lösungssicht dient der Steuerung der Kosteneffizienz der IT-Leistungen. Regelmäßige Abweichungsanalysen in Bezug auf ITLV-Umsatz, ITLV-Preis, Stückkosten und den nachgefragten Mengen je IT-Produkt ermöglichen die Optimierung des IT-Produktportfolios.
  • Die Kundensicht dient der Nachfragesteuerung und liefert Informationen über ITLV-Erlöse, Kosten und nachgefragten Mengen pro Kunden. Diese Sicht dient als Grundlage für die Diskussionen über Kostenoptimierungspotenziale mit den nutzenden Fachbereichen.

Durch den Dienstleistungscharakter der IT-Organisation ist eine nachhaltige Kostensteuerung nur durch Analyse zumindest dieser drei Zugänge möglich. Fehlt eine der genannten Steuerungssichten, ist eine strukturierte, betriebswirtschaftliche Steuerung nicht durchführbar. So können interne Effizienzpotenziale (funktionale Sicht) nur durch aktive Steuerung der Kundennachfrage (Kundensicht) und der daraus resultierenden konsequenten Optimierung des Produktportfolios (Produkt-/Lösungssicht) erreicht werden. Spätestens an diesem Punkt stößt man jedoch auf ein grundlegendes Problem bei der Steuerung von IT-Dienstleistungen: Wie etwas steuern, das nicht fassbar bzw. zählbar ist? Das IT Factory Framework von Horváth & Partners bietet dafür eine Lösung.

DAS STEUERUNGSPRINZIP: MANAGE IT LIKE A FACTORY
Die grundlegende Steuerungsidee des IT-Factory-Ansatzes ist es, einen IT-Dienstleister in der betriebswirtschaftlichen Steuerung wie ein Produktionsunternehmen zu behandeln. Das heißt, zu jedem geleisteten und für den Kunden sichtbaren Output (= Produkt bzw. IT-Service) existiert eine klare und zählbare Stückliste. Jedes Element (IT-Teilleistung) der Stückliste hat einen „Preis“. Die Stückliste und deren Elemente müssen an der Wertschöpfungskette der IT ausgerichtet sein.

IT FACTORY FRAMEWORK: SIEBEN THEMENFELDER FÜR DEN ERFOLG
Das IT Factory Framework setzt auf dem IT-Factory-Steuerungsprinzip auf und kombiniert die wesentlichen Erfolgsfaktoren für die IT-Steuerung. Daraus ergeben sich sieben Themenfelder.

  • Integrierte Steuerungslogik, um die Überleitbarkeit der Steuerungssichten sicherzustellen und klare Verantwortlichkeiten sowie Zielwerte für jede Sicht zu bestimmen;
  • Konsistenter IT-Produktkatalog als Basis für die verursachungsgerechte Zuordnung von Aufwänden, Leistungen und Produkten;
  • Angemessene Kosten-/Leistungsrechnung zur transparenten Allokation von IT-Kosten entlang der IT-Wertschöpfungskette bis zu den Business-Prozessen oder kundensichtbaren IT-Produkten;
  • Effektive Planungs- & Forecast-Prozesse, um eine enge Verzahnung zwischen strategischen Zielvorgaben und operativer Planung zu gewährleisten;
  • Zielgruppengerechtes Reporting zur ­Unterstützung der IT-Steuerung durch angepasste Berichte je Steuerungssicht;
  • Optimierte Controlling-Organisation, um den Anforderungen des Unternehmens an die IT-Steuerung gerecht zu werden;
  • Integrierte Nachfrage-und Kalkulationsprozesse zur nachhaltigen prozessualen Verankerung der neuen Steuerungslogik in der Organisation.

Der Aufbau des IT Factory Frameworks macht klar, dass der wesentliche Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche IT-Steuerung nicht die detaillierte Ausgestaltung einzelner Themenfelder, sondern die ganzheitliche Betrachtung aller Themenfelder und deren Zusammenspiel ist. Die IT-Steuerung ist kein isoliertes „IT-Thema“ sondern betrifft, direkt oder indirekt, die gesamte Organisation. Erst ein integrierter, ganzheitlicher Ansatz ermöglicht die Entfaltung der relevanten Steuerungshebel in der IT.

ERFOLGSFAKTOREN FÜR EINE NACHHALTIGE IT-STEUERUNG
Während die gängigen IT-Steuerungsansätze auf einzelne Aspekte der IT-Steuerung fokussieren, setzt das IT Factory Framework auf die wesentlichen Erfolgsfaktoren für nachhaltige IT-Steuerung auf:
 

  • Durchgängigkeit des IT-Steuerungsansatzes ist wichtiger als der Detailgrad einzelner Disziplinen;
  • Schaffung einer Korrelation zwischen IT-Aufwänden und Businesstreibern;
  • Ausrichtung des IT-Produktkatalogs an der innerhalb der IT-Organisation etablierten Wertschöpfungskette (und nicht umgekehrt);
  • Verzahnung strategischer Zielvorgaben des Unternehmens mit der operativen Planung in der IT;
  • Aussagefähige IT-Reports mit Fokus auf die betriebswirtschaftliche Steuerung.

Unternehmen, die diese Erfolgsfaktoren beherzigen, können fundiertere strategische Entscheidungen treffen und profitieren am Ende von sinkenden IT-Kosten und erhöhter Profitabilität.

Die Autoren: Igor Radisic und Bernhard Frühlinger von Horváth & Partners
Management Consultants.


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