Glaube nie, Du bist fertig: Die 5 Todsünden bei SaaS-Projekten

Software aus der Cloud bedeutet nicht Plug and Play. "Tatsächlich wird der Aufwand oft unterschätzt, den eine SaaS-Lösung nach ihrer Einführung mit sich bringt", erläutert Nikolaus Krasser, Vorstand der Pentos AG, die sich auf SaaS-Beratung spezialisiert hat. Seiner Erfahrung nach haben Unternehmen weniger Schwierigkeiten mit der technischen Integration als mit neuen Prozessen, die der SaaS-Einführung folgen. [...]

Mit dem Markteintritt von Global Playern wie Oracle, SAP und Microsoft wird der Markt für Software-as-a-Service-Lösungen (SaaS) erwachsen. Bis 2015 soll der Umsatz um 26 Prozent steigen. So lautete vor kurzem die Einschätzung der Analysten von PAC.
In die Euphorie für dieses Wachstum mischen sich aber auch kritische Stimmen. So hat Gartner im Herbst vergangenen Jahres einige Faktoren identifiziert, die die Entwicklung bremsen. Mehr als ein Drittel der Befragten kritisierten die unzureichende Integration von SaaS-Anwendungen in die bestehende Systemlandschaft und Einführungsphasen, die sich länger hinziehen als erwartet.
„Tatsächlich wird der Aufwand oft unterschätzt, den eine SaaS-Lösung nach ihrer Einführung mit sich bringt“, erläutert Nikolaus Krasser, Vorstand der Pentos AG, die sich auf SaaS-Beratung spezialisiert hat. Seiner Erfahrung nach haben Unternehmen weniger Schwierigkeiten mit der technischen Integration als mit neuen Prozessen, die der SaaS-Einführung folgen.
„Gerade die häufig nachgefragten SaaS-Lösungen aus den Bereichen CRM und Human Capital Management bieten viele neue Möglichkeiten“, so Krasser. „Dann steht die Technik schnell, aber die Prozesse liefern Überraschungen.“
Interessanterweise tun sich mittelständische Unternehmen mit 400 bis 1000 Mitarbeitern oft leichter, die neuen Regeln einzuführen. Sie wollen mit der SaaS-Lösung eine Best Practice ins Haus geliefert bekommen, die auch ihre Geschäftsprozesse optimiert.
Größere Unternehmen hingegen verfügen schon über eigene Prozesse. „Hier gilt es abzuwägen zwischen Best Practice und USP“, berichtet Krasser. „Vor der Implementierung ist zu klären, ob es die Prozesse intern schon gibt. Wenn ja, ist ein Change Management erforderlich. Das ist aber nicht immer erfolgreich.“
1. Todsünde: Die Verführung des Neuen
SaaS-Lösungen im HR-Bereich bieten beispielsweise eine Option für das Talent-Management, die Mitarbeiter nach Potenzial zu kategorisieren. Das erfordert, die Leistung der Mitarbeiter zu bewerten und einzustufen. „Als wir die Lösung in einem größeren Unternehmen eingeführt haben, wollte das Management das einfach nicht machen. Man hatte wohl Angst, Vertrauen zu verlieren“, berichtet Krasser.
Daraufhin hat die Personalabteilung die Bewertungen übernommen. Daraus entstand jedoch eine große Unsicherheit, denn es war völlig intransparent, welche Bewertungen eingegeben wurden.“Bei SaaS-Lösungen im HR-Bereich sollte man sich gut überlegen, ob man das tatsächlich so umsetzen möchte“, folgert Krasser. „Das kann einen kulturellen Veränderungsprozess nach sich ziehen.“
Will ein Unternehmen etwa eine Leistungsbeurteilung für alle einführen, sind darüber hinaus der Betriebsrat und der Personalvorstand hinzuzuziehen. „Die Lösung ist schnell implementiert. Die Frage ist eher: Wie schnell sind ihre Prozesse?“
2. Todsünde: Leistung fordern, aber nicht dafür bezahlen
Lösungen im CRM-Bereich können ebenfalls delikate Fragen aufwerfen. Vertriebsmanager wollen vielleicht nicht alle Informationen im neuen CRM preisgeben, sie hüten ihr Wissen um den Kunden als eigenes Gut.
„In solchen Fällen können finanzielle Anreize für die Informationen gegeben werden“, erläutert Krasser und warnt gleichzeitig: „Solche neuen Vergütungsmodelle können aber auch als Angriff auf die Unternehmenskultur wahrgenommen werden.“ Auf der anderen Seite kann daraus ein hoher Nutzen für das Unternehmen entstehen, wenn sich aus den neuen Informationen neue plastische Erkenntnisse über Kunden generieren lassen.
3. Todsünde: Glaube nie, Du hast genug Überblick
SaaS erfordert neue Rollen: Systemarchitekten müssen den Überblick bewahren, welche Plattformen ein Unternehmen betreibt und wo die Daten zusammenfließen sollen. „Denn die Mitarbeiter stülpen beliebig Daten in die BI-Tools hinein und der Tag wird kommen, wo es darum geht, die Daten zwischen den Tools hin und herzuschieben“, so Krasser. Ein Systemarchitekt hat diese Abhängigkeiten im Blick.
Beispielsweise arbeiten Personalabteilungen für die Gehaltszahlung oft mit Payroll-Systemen. Von dort gehen die Daten in ein „Data-Core“, das zentrale HR-Datenverzeichnis des Unternehmens. Das „Data-Core“, als Meta-Daten-Integration und Middleware konzipiert, muss nun die relative Bedeutung der Daten regeln. Eine schwierige Aufgabe, denn auch der Status eines Mitarbeiters kann relativ sein. Scheidet er beispielsweise aus, kann er nicht in einem Zug aus allen Systemen entfernt werden, in einem Rentenversicherungsprogramm, muss er aktiviert bleiben. „Ein SaaS-System für HR erfordert daher intensive Vorarbeit an den Schnittstellen“, erläutert Krasser.
Entscheidend beim Datenreporting sind die führenden Systeme. „Die aber ändern sich meistens im Laufe der Zeit“, so Krasser. Daher sollte man ständig im Blick haben, welche Daten da hinein müssen und wie sie wieder hinaus kommen. „Die Integration von Daten ist ein Thema, das SaaS fortlaufend begleiten wird“, so Krasser.
4. Todsünde: Glaube nie, Du bist fertig
Mit SaaS kommen laufend neue Funktionen frei Haus. Denn wenn der Software-Hersteller eine neue Funktion für einen Kunden gestrickt hat, implementiert er sie meist auch in die SaaS-Lösung. „SuccessFactors hatte beispielsweise in einem Release einige HR-Prozesse, die Dokumente betreffen, in eine Batch-Datei zusammengeführt“, so Krasser. „Das hat zahlreiche Arbeitsschritte automatisiert und zu erheblicher Zeitersparnis geführt. Und entsprechend neue Abläufen hervorgebracht.“
Ferner basteln SaaS-Hersteller alle drei, vier Jahre an der Nutzeroberfläche. HTML 5 beispielsweise wird neue Möglichkeiten bieten, die Bedienung der Weboberflächen attraktiver und vielseitiger zu gestalten. Auch das wird zu neuen Prozessen führen. Krasser: „SaaS bedeutet nicht Plug and Play, einschalten und dann läuft es. In unseren Projekten sehe ich, dass SaaS eine Menge Abteilungen auf Trab hält.“
5. Todsünde: Glaube nie, mit SaaS endet die IT
„Auf die IT-Teams warten viele neue Aufgaben“, glaubt Krasser. „Sie müssen den Überblick über die Datenarchitektur wahren, das Thema Datenintegration kompetent lösen und Funktionen wie Verschlüsselung und Single-Sign-on für die SaaS-Lösungen bereitstellen. Und dabei müssen sie sich noch viel stärker als schneller, flexibler Ansprechpartner für die Fachabteilungen präsentieren.“
Und beim Blick in die Glaskugel prophezeit er neue strategische Möglichkeiten für die IT: „Wer mehrere Cloud-Lösungen verbindet, kann einen USP generieren. Denkt die IT hier mit und engagiert sich für solche Ansätze, kann sie einen großen Mehrwert für Unternehmen schaffen und sich die Flexibilität selbst auf die Fahne schreiben.“
* Der Artikel stammt vom deutschen CIO.


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