Nachdem der lästige Itanium-Prozess zwischen Hewlett-Packard und Oracle vom Tisch ist, geht HP mit Intel in eine neue Produktoffensive. [...]
Auf einer Doppelpack-Pressekonferenz stellte HP kürzlich eine ganze Reihe neue „Integrity“- und „Superdome“-Server vor. Die neuen Maschinen basieren auf dem ebenfalls neuen „Itanium-9500“-Prozessor von Intel (Codename „Poulson“), der mit acht Kernen arbeitet und zwei bis dreimal mehr leisten soll als der Quadcore-Vorgänger „Itanium 9300“ („Tukwila“).
Intel bestritt den ersten Teil der Veranstaltung und betonte dort unter anderem, das HP nicht der einzige Server-Hersteller sei, der Itanium-Prozessoren verbaut – mit dem chinesischen Anbieter Inspur konnte Intel sogar einen Itanium-Neukunden vermelden. Andere bekannte Abnehmer des reinen 64-Bit-Chips sind NEC und Hitachi aus Japan sowie der französische Supercomputer-Bauer Bull.
Intel will im Rahmen seiner Common-Platform-Strategie übrigens erreichen, dass seine x64-„Xeon“-Prozessoren künftig mit dem Itanium Elemente auf dem Die genauso gemeinsam haben wie Packaging, Sockets, Chipsets und I/O. Das ist allerdings noch genauso Zukunftsmusik wie HPs „Project-Odyssey“-Bestrebungen, irgendwann seine Highend-„ProLiant“-Xeon-Server mit Integrity und womöglich auf Superdome zu vereinen.
Auf den Einstiegs- und Midrange-Integritys von HP laufen die Betriebssysteme HP-UX, NonStop und OpenVMS, die Highend-Server der „Superdome-2“-Reihe fahren ausschließlich das hauseigene Unix. HP hat den Maschinen nun neue System-Boards spendiert, welche die neuen Features des Poulson-Prozessors ausnutzen, und auch den HP-UX-Software-Stack entsprechend optimiert.
Die Hardware-Veränderungen sind allerdings nicht ansatzweise so dramatisch wie im April 2010, als HP zur Einführung des Tukwila Integrity und Superdome 2 „bladifiziert“ hatte (bis auf „rx“-Rack-Server für Kunden mit kleineren OpenVMS-Workloads; aus diesen Nodes werden auch fehlertolerate NonStop-Cluster gebaut), analysiert Timothy Prickett Morgan beim Branchendienst „The Register“.
Ric Lewis, der neue General Manager von HP für die Business Critical Systems (BCS) verwies darauf, dass viele der größte Finanzdienstleister Itanium-Server ebenso irgendwo einsetzen wie die meisten Fortune-100-Großkonzerne. Und die Allgegenwart von Computing und Vernetzung bei den Verbrauchern treibe die Nachfrage nach Systemen für geschäftskritische Anwendungen. HP will aber natürlich nicht nur Itanium-Systeme verkaufen, sondern auch Xeon-Server mit Windows oder Linux.
„Wir werden unseren Kunden nicht nur eine Architektur aufdrücken“, sagte Lewis. „Das ist ein ‚Sowohl-als-auch‘-Spiel. HP arbeite bereits „mit höchster Geschwindigkeit“ an der Entwicklung künftiger Itanium-Server. Wobei das freilich relativ zu sehen ist, denn Intel wird nach eigener Einschätzung zwei bis drei Jahre brauchen, um mit „Kittson“ die nächste Itanium-Iteration einsatzfähig zu bekommen – zwei bis drei Jahre, in denen sich die Xeons weiter Vorteile verschaffen können wie schon in den vergangenen zehn Jahren.
HP-UX-Bestandskunden können sich übrigens über die Nachricht freuen, dass die neue Poulson-Server im Prinzip nicht mehr kosten als die Tukwila-Vorgänger. Und das, obwohl der Itanium 9500 laut Intel in dessen internen Benchmarks irgendwo zwischen zwei und 2,4 Mal schneller ist als der 9300. HP will das mit zusätzlichem Softwaretuning sogar noch toppen. „Wir haben Systeme im Labor, die deutlich mehr als 3X erreichen“, versprach BCS-Chef Lewis.
HP lizenziert HP-UX übrigens auf Per-Socket-Basis, sprich der Preis für das System steigt beim Wechsel von Tukwila zu Poulson nicht, obwohl sich die Zahl der Cores verdoppelt. Das ist ein signifikanter Unterschied zum Wettbewerber IBM, der für seine Betriebssysteme AIX, IBM i und z/OS sowie für die Datenbank DB2 pro Prozessorkern kassiert. Oracle liegt irgendwo dazwischen – seien Datenbanken werden nach Cores lizenziert, Solaris und Linux hingegen pro Maschine.
* Thomas Cloer ist Redakteur unseres deutschen Schwesternmagazins Computerwoche.
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