IaaS rechnet sich nur manchmal

Studien zeigen, dass interne Ressourcen durchaus günstiger sein können als IaaS. Und Forrester warnt vor Veränderungen in der Strategie von Salesforce. [...]

Die zentrale ISG-Aussage in der Übersicht: Im Fallbeispiel liegt die IaaS-Nutzung bei 55 Prozent unterhalb der Kosten für die eigene IT. (c) ISG Research

Beim Cloud Computing, so tönt es unüberhörbar, sollten die Flexibilitäts- und Skalierbarkeitspotenziale im Vordergrund stehen, nicht krude Kostensenkungshoffnungen. Dennoch: Selbstverständlich ist die Reise in die Wolke immer auch mit preislichen Überlegungen verbunden. Und das Thema Cloud Pricing bleibt in der Praxis ziemlich komplex. In jüngster Zeit beleuchteten drei Studien dieses Feld und liefern CIOs nützliche Einblicke in aktuelle Entwicklungen. Der Fokus der drei Untersuchungen ist dabei grundverschieden: Die Analysten der Information Services Group (ISG) nehmen die Public Cloud ins Visier, 451 Research zielt auf die Private Cloud, Forrester Research setzt sich mit der Strategie von Salesforce.com auseinander.

RICHTSCHNUR BEI 55 PROZENT NUTZUNG
Die ISG-Studie liefert sogar eine leicht fassbare Richtgröße für die Public Cloud-Nutzung, die sich selbstredend verkompliziert, wenn man die zu Grunde gelegten Annahmen aufdröselt. Gesendet wird folgende klare Botschaft: Im Vergleich zur Nutzung interner Ressourcen lohnt sich Infrastructure-as-a-Service (IaaS) nur dann, wenn die Nutzungsquote bei höchstens 55 Prozent liegt. Der Grund dafür ist die nutzungsabhängige Preisberechnung. Wenn es bei der Cloud-Nutzung keine Pausen gibt, zahlen die Kunden schlichtweg mehr.

ISG stellt fest, dass der monatliche Preis für die beispielhaft gewählte Konfiguration zwischen den Anbietern signifikant variiert. Analysiert wurden Amazon Web Services, Google Cloud Platform, Microsoft Azure und IBM SoftLayer. Bei durchgängiger Nutzung beträgt der Preisunterschied zwischen der günstigsten und der teuersten Variante laut Studie 35 Prozent.

Welcher Anbieter wo auf der Preisskala zu finden ist, verrät die Studie nicht. Den Anwendern wird aber klar dazu geraten, die möglichen Kosten genau unter die Lupe zu nehmen. Darüber hinaus konstatiert ISG, dass der günstigste Anbieter in Abhängigkeit vom Nutzungsniveau wechsle. Die Preisschere unter den Providern klaffe bei 100 Prozent-Nutzung doppelt so weit auseinander wie bei 50 Prozent-Nutzung, heißt es in der Studie.

WANN INTERNE IT-KOSTEN GERINGER AUSFALLEN
„Die internen IT-Kosten fallen im Vergleich zur Public Cloud signifikant geringer aus, wenn die Nutzung der Cloud-Instanzen hoch ist“, so ISG. Um das genau zu fassen, schieben die Analysten eine Definition ein: Eine Cloud-Instanz sei eine virtuelle Maschine, die aus einer spezifischen Zahl an CPUs und einer ebenso festgelegten Menge an RAM zusammengesetzt sei; die Cloud-Instanzen-Nutzung sei der Prozentsatz an Zeit, in der die Instanz läuft und in der Gebühren für den Provider anfallen. Liegt die Nutzungsquote für die in der Fallstudie gewählte Konfiguration bei 100 Prozent, so liegen laut Studie die internen IT-Kosten um 32 Prozent unter dem günstigsten IaaS-Angebot.

„Die Nutzung ist der primäre Kostentreiber in der Public Cloud, aber Konfigurationen und Features spielen ebenfalls eine wichtige Rolle“, heißt es in der Studie. Im gewählten Beispiel habe der Break-Even-Punkt bei 55 Prozent gelegen, aber dieser Punkt könne sich bei anderen Konfigurationen und bei anderen zum Teil vom einzelnen Provider abhängigen Optionen dramatisch verschieben.

Die Konfiguration des ISG-Fallbeispiels sieht so aus:

  • 4 x Applikationen-Server (2 Cores mit jeweils 1,6 GHz; 4 GB RAM; 100 GB Festplatte; Windows)
  • 2 x Datenbank-Server (4 Cores mit jeweils 1,6 GHz; 8 GB RAM; 100 GB Festplatte; Windows)
  • 1xStorage (1000 GB NAS)

CLOUD PRICE INDEX
Die ISG-Studie zeigt also klar, dass die Public Cloud nicht per se die IaaS-Kosten senkt. Der „Cloud Price Index (CPI) – Private Edition“ von 451 Research wartet mit einer höchst überraschenden Erkenntnis im Segment Private Cloud auf: Eine kleinschalige Private Cloud, die auf kommerzieller, proprietärer Orchestrierungs-Software etwa von VMware oder Microsoft beruht, kostet je Virtual Machine-Stunde nur rund 0,02 US-Dollar – sprich 2 Cent – mehr als die Open Source-Variante aus dem OpenStack-Kosmos.

PREISUNTERSCHIEDE PRO STUNDE IM CENTBEREICH
Ein zweiter Aspekt kommt hinzu: Ein unterstütztes OpenStack-Plattform-Angebot kostet ebenfalls nur 2 Cent pro VM-Stunde mehr als eine Do-It-Yourself-Wolke auf OpenStack-Basis. Der Kostenaufschlag auf den Code mit Eigentumsrechten gegenüber dem freien Code falle alles in allem geringer aus als gedacht.

„Die Niveaugleichheit des Preise zwischen proprietären und Open Source Cloud-Orchestrierungs-Plattformen ist insgesamt eine gute Nachricht für die Anwender“, schlussfolgern die Autoren Owen Rogers, William Fellows und Al Sadowski. „Sie können die Orchestrationsschicht und den Anbieter auswählen, der am besten zu ihren spezifischen technischen und geschäftlichen Anforderungen passt – ohne den Preis als großen Faktor.“ Anders gesagt: Es gibt gar keinen Grund, wegen der Kosten Abstriche bei der Qualität zu machen.

Allerdings bedeutet das laut 451 Research auch, dass keine Anzeichen für einen Preiswettkampf der Anbieter in diesem Bereich bestehen. Fallende Preise sind also nicht zu erwarten. Der geringe preisliche Abstand zur selbstgebauten Private Cloud deute aber darauf hin, dass das Preisniveau insgesamt ziemlich fair sei. Für Anwender, die nicht in den Komplexitäten von OpenStack untergehen wollen, seien Managed Services ebenfalls ein Option, so die Analysten.


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