Zwei Jahre nach der Einführung des 802.11ac-Standards, mit seinen breiteren Kanälen, mehr Spatial Streams und einer effizienteren Modulation, erscheinen seit Anfang 2015 Router und Access Points der so genannten Wave 2-Generation. Eine Garantie für superschnelles WLAN sind sie jedoch (noch) nicht. [...]
In den Zeiten von Gigabit-Ethernet sehnen sich viele Nutzer von WLAN-Netzen nach einer ähnlich leistungsfähigen Lösung für den drahtlosen Bereich. Obwohl ein großer Fortschritt zu früheren Standards, lässt die Performance der 802.11n-Netzwerke manchmal zu wünschen übrig: Das 2,4-GHz-Band ist überfüllt mit einer unüberschaubaren Anzahl von elektronischen Geräten, die alle im diesem Bereich funken und die Geschwindigkeit und Stabilität des WLANs beeinträchtigen. Außerdem gibt es zu wenige und zu kleine Kanäle, um Interferenzen so gering wie möglich zu halten und die steigende Anzahl von Clients effizient und schnell zu bedienen. Der vor zwei Jahren eingeführte IEEE 802.11ac-Standard scheint nun mit seinen breiteren Kanälen, mehr Spatial Streams und einer effizienteren Modulation völlig neue Wege zu einer superschnellen, stabilen WLAN-Welt zu bereiten. Aber diese Wege sind holpriger, als man zunächst vermuten mag.
802.11AC IN THEORIE UND PRAXIS
Geräten des 11n-Standards stehen 40-MHz-Kanäle mit zwei bis zu theoretisch vier Spatial Streams zur Verfügung. Der 11ac-Standard bringt vier Änderungen, um die Übertragungsrate gegenüber seinem Vorgänger deutlich zu erhöhen: Zunächst werden die Kanäle auf 80 bzw. 160 MHz deutlich verbreitert und die Anzahl unterstützter Spatial Streams auf bis zu 8 erhöht. Darüber hinaus findet mit 256-QAM (Quadratur Amplitudenmodulation) eine effizientere Modulationstechnik Anwendung. Mit der neuen Multi-User-MIMO-Technik verfügen Access Points dann außerdem über die Fähigkeit, mit mehreren Clients gleichzeitig kommunizieren zu können. Der Unterschied zwischen den allgemein als Wave 1 und Wave 2 bezeichneten Spezifikationen liegt dabei lediglich darin, dass Wave 1-Geräte sich auf 80 MHz-Kanäle, 256-QAM und zwei oder drei Spatial Streams beschränken.
Was auf dem Papier eine rasante Beschleunigung der WLAN-Geschwindigkeit verspricht, scheitert in der Realität allerdings bereits an folgenden Stellen:
- Breitere Kanäle kämpfen mit denselben Herausforderungen wie ihre schmalen Kollegen, nämlich Interferenzen durch benachbarte Funkgeräte und zu wenige Ausweichmöglichkeiten auf freie Kanäle. Da der Channel-Zugang für Wi-Fi vorgibt, dass sich zwei Access Points gegenseitig stören, wenn sie denselben Kanal nutzen, muss die Verteilung der APs über das verfügbare Spektrum sorgfältig geplant werden, um solche Interferenzen so gut wie möglich auszuschließen. Das Problem bei breiteren Kanälen über 80 MHz ist dabei, dass sich die Anzahl der potenziellen „nicht-überlappenden“ Kanäle auf maximal fünf oder weniger reduziert. Hinzu kommt eine eingeschränkte Reichweite der APs, bedingt durch die höhere Funkfrequenz, die eine höhere Anzahl an APs auf geringerem Raum erfordert, wodurch sich die Gefahr möglicher Interferenzen weiter erhöht. Nischen-Anwendungen, die sehr breite Kanäle in isolierten Frequenz-Umgebungen nutzen, können von den 160 MHz-Kanälen des 11ac-Standards sicherlich profitieren, auch wenn es noch an Endgeräten fehlt, die die Möglichkeiten dieser breiten Kanäle ausschöpfen können. Für die große Mehrheit der Deployments sind die 160 MHz-Kanäle aufgrund der inhärenten Interferenzprobleme wohl keine Option.
- Zwei bis drei Spatial Streams werden bereits von 11n unterstützt. Zwar bringen vier oder mehr Spatial Streams, wie sie der 11ac-Standard vorsieht, eine größere Vielfalt und bessere Kontrolle für Multi-User-MIMO-Übertragungen. In der Praxis gibt es allerdings nur sehr wenige Clients, die mit dieser Anzahl an Strömen arbeiten können bzw. werden, denn das würde mehr Antennen, einen höheren Rechenaufwand zur Signaltrennung sowie einen Anstieg im Energieverbrauch bedeuten, was vor allem für mobile Clients problematisch ist. Daher verfügen mobile Endgeräte in der Regel nur über ein oder zwei Streams.
- Die effizientere 256-QAM-Modulationstechnik benötigt eine sehr hohe Signalqualität und kann nur von 11ac-Clients genutzt werden. Nur wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, kann es zu Effizienzsteigerungen von bis zu 33 Prozent gegenüber dem 11n-Standard kommen.
- Auch Multi-User-MIMO, eigentlich eine perfekte Lösung für Netzwerke mit einer hohen Nutzerdichte von mobilen Endgeräten, lässt sich in der Praxis nicht immer optimal nutzen. Es ist zwar möglich, durch die Verwendung ungenutzter Spatial Streams von Access Points mehrere Clients gleichzeitig zu bedienen und damit die Downlink-Kapazität des AP um das Zwei- oder Dreifache zu verbessern. Dies erfordert allerdings eine sehr präzise Kontrolle der Signale, um für jeden Client und dessen Daten eine Signalspitze aufzubauen. Wenn nämlich die Signalnullpunkte nicht optimal sind und so ungewollte Signale auftreten, kommt es zu Interferenzen. Als Folge leidet die Signalqualität, und die erwünschte Kapazitätssteigerung bleibt aus.
DIE GIGABIT SCHALLMAUER
Angenommen, ein Unternehmen erwägt aufgrund der doch erheblich höheren WLAN-Geschwindigkeit, trotz allem eine Migration auf 11ac durchzuführen, wäre das Ethernet-Backbone dazu überhaupt bereit? Denn hier beunruhigt die Branche vor allem eine potenzielle Schwachstelle: die Backhaul-Links zum Access Point. Reicht ein einziger Gigabit-Ethernet-Uplink pro AP überhaupt aus, um den Geschwindigkeitsschub abzufangen, den die neue Technik bereits bei Wave 1 mit maximalen Datenraten von 1,3 Gbit/s bei 5 GHz und 450 Mbit/s bei 2,4 GHz ermöglicht?
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