Zwei Jahre nach der Einführung des 802.11ac-Standards, mit seinen breiteren Kanälen, mehr Spatial Streams und einer effizienteren Modulation, erscheinen seit Anfang 2015 Router und Access Points der so genannten Wave 2-Generation. Eine Garantie für superschnelles WLAN sind sie jedoch (noch) nicht. [...]
Auf den ersten Blick scheint es tatsächlich, als könnten die möglichen Datenraten einen 1 Gbit/s Ethernet-Link überfordern. Die Zahlen relativieren sich jedoch schnell, wenn man bedenkt, dass Netzwerk-Overheads zu einer Airtime-Effizienz, also der Zeit, in denen APs tatsächlich sendebereit sind, von nur etwa 65 Prozent der Datenrate führen. Und auch dieser Wert wird nur unter optimalen Randbedingungen erreicht, also pro Funkgerät nicht mehr als ein oder zwei Clients, vorzugsweise mit drei Spatial Streams, die sich sehr nahe am AP in einer möglichst störungsfreien Funkumgebung befinden und alle gleichzeitig nur Uplink oder nur Downlink Traffic senden – denn im Gegensatz zum heutigen Ethernet ist Wi-Fi nur halbduplex. Doch selbst im besten Fall wird die Gigabit-Grenze bei Wave 1 nicht erreicht.
Und was passiert beim Einsatz des noch leistungsfähigeren Wave 2? Hier muss beachtet werden, dass die wenigsten Unternehmen 160 MHz-Kanäle bei 5 GHz oder 80 MHz bei 2,4 GHz wirklich nutzen. Die tatsächliche maximale Datenrate liegt daher unter realen Bedingungen bei etwa 1.950 Mbit/s. Werden erneut eine Nutzung von 65 Prozent und optimale Bedingung unterstellt – also ein Client pro Band mit 4-Stream-Support, maximale Kanalgröße, keine Funkstörungen oder -beeinträchtigungen, maximale Datenraten, Übertragungen nur im Uplink oder nur im Downlink –, wäre ein Durchbrechen der Gigabit-Grenze theoretisch möglich.
Praktisch stehen den maximalen Geschwindigkeiten jedoch die suboptimalen Einsatzbedingungen in Unternehmensnetzwerken und bei Privatanwendern im Weg: Nicht nur die vielen Legacy-Geräte, die mit wesentlich geringen Geschwindigkeiten laufen, müssen bei der Wahl der WLAN-Technologie berücksichtigt werden, sondern auch Störungen durch andere Funkeinflüsse, benachbarte Netzwerke und APs, Kombinationen von bidirektionalem Traffic und Probleme bei der Anwendungsbereitstellung. Diese Faktoren verringern die Belastung der APs und damit auch das Risiko, dass die Gigabit-Grenze überschritten wird.
AUF 802.11AC UMSTEIGEN ODER NICHT?
11ac bietet ohne Zweifel mehr Leistung als 11n, stellt aber auch höhere Ansprüche an WLAN-Infrastruktur und -Teilnehmer, die von seinen Vorteilen profitieren sollen. Wenn keine Budgeteinschränkungen bestehen oder keine hochkritische Umgebung vorliegt, die auf die Leistung und Stabilität von 11n-APs angewiesen ist, sollte eine Migration nach 11ac in Erwägung gezogen werden. Denn auch, wenn die Bedingungen zum vollen Ausschöpfen des Potenzials von 11ac (noch) nicht gegeben sind, gibt es für vergleichbare Kosten mittlerweile ausgereifte 11ac-Produkte, die im Vergleich zu 11n mit einer rundum besseren Performance aufwarten.
Stören Bandbreiten-Engpässe und lange Antwortzeiten den WLAN-Betrieb erheblich, kann ein sofortiger Umstieg auf IEEE 802.11ac Wave 1 Abhilfe schaffen. Zu einem späteren Zeitpunkt kann dann gegebenenfalls ein Upgrade auf Wave 2 erfolgen, wobei die Wave 1-Komponenten in diesem Fall problemlos weiterverwendet werden können.
Wer dagegen mit der Leistung seines IEEE 802.11n-Netzwerks noch zufrieden ist und mit dem Ausbau seiner WLAN-Infrastruktur oder der Implementierung eines neuen WLAN-Netzwerks noch warten kann, der sollte sich in Ruhe unter den dieses Jahr auf dem Markt erscheinenden Wave 2-Geräten umschauen, bevor er mit einer optimalen 11ac-Grundausstattung in die neue Gigabit-WLAN-Welt fliegt.
* Christian von Hoesslin ist Regional Sales Director DACH von Ruckus Wireless.
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