IT in der Logistik: Ohne läuft gar nichts mehr

Beim Stichwort Logistik haben Autofahrer verstopfte Autobahnen vor Augen, Verbraucher denken an lange Lieferzeiten im Versandhandel und Business-Entscheider ärgern sich über zu hohe Lagerbestände oder Produktionsstillstand wegen ausbleibender Materiallieferungen. [...]

Geschwindigkeit ist keine Hexerei, doch sie kann Kunden verzaubern. Das gilt vor allem in der Logistik – egal ob es um internationale Transporte oder um Instandhaltungs- und Serviceprozesse geht. So ermöglicht die Lieferung Just in Time oder Just in ­Sequence Fertigungsunternehmen ein hohes Maß an Flexibilität in der Produktionsplanung. Auch Wartungs- und Reparaturservices zum Wunschtermin sorgen dafür, dass die Kundenzufriedenheit steigt und sichern so die Wettbewerbsfähigkeit von Firmen. Logistikanbieter aller Größenordnungen leisten ihren Beitrag dazu durch immer mehr Tempo und Flexibilität in ihrem Stammgeschäft. IT-Anwendungen für Navigation, Disposition und Auftragsmanagement unterstützen sie dabei.

Allerdings kommen vermehrt zusätzliche Aufgaben auf die Logistikbranche zu, wie der Analyst und Unternehmensberater Andreas Zilch, Vorstand der Experton Group, feststellt: „Immer häufiger wünschen Kunden die Übernahme kompletter Business-Prozesse wie etwa Lagerbewirtschaftung. Dabei handeln Logistikfirmen längst nicht mehr nur auf Anforderung. Havi Logistics beispielsweise übernimmt bei McDonald’s auch noch die Absatzplanung für die Filialen und macht aktiv Vorschläge, wann welche Produkte in welchen Mengen geliefert werden.“ Mit solchen Angeboten reduzieren Unternehmen der Logistikbranche die Austauschbarkeit ihres Leistungsangebots und festigen ihre Kundenbeziehungen. Denn, so Zilch: „Eine Lkw-Ladung von A nach B zu einem niedrigeren Preis anzubieten, das können viele. Aber einen kompletten Lieferprozess in der Lebensmittel- und Gastronomie-Branche mitsamt ihren Regularien übernehmen und permanent optimieren, das erfordert ein hohes Maß an Spezialisierung und Einblick in die laufenden Prozesse beim Kunden. Und natürlich eine leistungsfähige IT. Dieses komplexe Knowhow baut kein Wettbewerber so schnell auf.“ Insbesondere die Integrationsfähigkeit der IT ist bei der Übernahme derartig komplexer Geschäftsprozesse durch den Logistikdienstleister gefragt, zumal Havi neben McDonald’s auch so unterschiedliche Unternehmen wie BP, Danone, Ikea oder Vapiano betreut.  Havi setzt daher auf eine Service-orientierte Architektur (SOA), die eine intensive Verzahnung von Abläufen zwischen Kunden und Dienstleister unterstützt. Seine IT-Services bezieht der global agierende Konzern sowohl vom hauseigenen Dienstleister Havi Logistics IS GmbH als auch von externen Partnern. Für das SAP-Hosting beispielsweise ist ein IBM-Rechenzentrum zuständig.

MITTELSTAND NUTZT EXTERNE SERVICES
Mittelständische Dienstleister können sich einen IT-Aufwand dieser Größenordnung in der Regel selbst nicht leisten. Um dennoch wettbewerbsfähig zu bleiben, nutzen sie häufig das Angebot externer Dienstleister wie etwa System Alliance. Das Gemeinschaftsunternehmen, das 2001 von zehn verschiedenen deutschen Logistik-Dienstleistern gegründet wurde, beförderte 2013 bereits mit 14 Partnern mehr als 9,45 Millionen nationale Sendungen mit einer Tonnage von 3,77 Millionen. System Alliance erbringt unter anderem IT-Dienstleistungen für Auftragserfassung, Sendungsinfo, elektronischen Datenaustausch (EDI), Kennzahlenanalysen zur Geschäftsprozessoptimierung, Zollabwicklung und das Clearing von Abrechnungsströmen der verbundenen Unternehmen. Neben Firmenverbünden wie System Alliance oder IDS haben sich inzwischen auch eine Reihe von Dienstleistern etabliert, die spezielle IT-Services für die Logistikbranche in der Cloud erbringen. Zu ihnen gehört etwa die Laderaum- und Frachtenbörse Timocom, die neben der reinen Auftragsvermittlung im Web auch Services für die Kostenkalkulation, Routenplanung und die Sendungsverfolgung bereitstellt.

Dass sich auch große Speditionen in Sachen IT gern von spezialisierten Dienstleistern mit Cloud-Services unter die Arme greifen lassen, zeigt das Beispiel des Logistik-Riesen TNT, der unter anderem in Großbritannien für Ericsson die Logistik für Telekommunikations-Geräte und -Ersatzteile übernimmt. Dabei nutzt TNT die Cloud-basierte Supply-Chain-Management-Lösung „BT Trace“ zum Sammeln, Speichern, Verteilen und Interpretieren großer Mengen an Daten, die im Rahmen der weltweiten Bewegung von Waren und Gütern entlang der Lieferkette entstehen. Der Service verbindet die komplexen Informationen aus den IT-Systemen der an der Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen und liefert eine einheitliche Sicht auf die gesamte Lieferkette. Dienste wie dieser werden künftig noch an Bedeutung gewinnen. Analyst Andreas Zilch ist überzeugt: „In Zeiten der Industrie 4.0 wird die Logistik-IT immer wichtiger, denn die zunehmende Vernetzung der Geschäftsprozesse lässt sich ohne IT nicht bewältigen.“

* Der Autor Uwe Küll ist freier Journalist aus München.


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