Künstliche Intelligenz hilft Banken bei der Digitalisierung

IT-Anbieter erweitern ihre Banking-Plattformen zunehmend mit KI-Funktionen. Finanzinstitute können damit Kundenschnittstellen verbessern, Prozesse effizienter gestalten und sogar neue Umsatzquellen erschließen. [...]

EINSATZBEISPIELE FÜR KI IN DER FINANZBRANCHE

Wie so oft in der IT steht und fällt der Erfolg einer neuen Technologie mit den konkreten Einsatzszenarien. In Gesprächen mit Softwareanbietern hat Forrester Research fast 70 solcher „Use Cases“ identifiziert, die nicht nur für Finanzunternehmen interessant sein dürften. Sie lassen sich in vier Kategorien unterteilen:

• ANALYSIEREN VON KUNDENDATEN UND KUNDENINTERAKTIONEN

Viele Softwarehersteller haben bereits KI-gestützte Analysefähigkeiten im Portfolio, mit deren Hilfe Kunden ihre Umsätze steigern können. Dazu gehören unter anderem Churn-Analysen (Kundenabwanderung), individuelle Absatzprognosen oder personalisierte Preise. SAP etwa wirbt im Zusammenhang mit seiner Leonardo-Produktpalette für seine „Next-best-offer“-Funktionen, mit denen sich Kundenwünsche voraussagen ließen. Das Ziel: Dem Kunden soll zu jeder Zeit das passende Produkt angeboten werden. Sopra Banking Software hat einen „Robo Loan Officer“ entwickelt, eine Art virtueller Kreditberater, der mit Kunden in mehreren Sprachen via Text-Chat oder per Voice-Schnittstelle kommunizieren kann.

Der indische IT-Dienstleister Tata Consultancy Services (TCS) sieht Einsatzmöglichkeiten auch jenseits des klassischen Retail und Corporate Banking. Dazu gehöre beispielsweise der Bereich Algorithmic Trading, also der automatisierte Handel von Wertpapieren. Forrester rät Entscheidern im Anwendungsumfeld, ihre Softwarelieferanten nach solchen potenziell umsatzsteigernden KI-Lösungen zu fragen. Dabei sollten auch die konkreten Entwicklungs-Roadmaps der Anbieter auf den Tisch kommen.

• KUNDENERFAHRUNGEN VERBESSERN DURCH AUTOMATISIERTE INTERAKTION

Geht es um die Kundenkommunikation, sind Chatbots nicht nur in der Finanzbrache heute fester Bestandteil von KI-gestützten Lösungen. Neuere Ansätze gehen darüber hinaus. Der auf die Finanz- und Versicherungsbranche spezialisierte Anbieter Intellect Design Arena arbeitet an Systemen, die die Kundenerfahrung automatisiert verbessern können.

Dazu versucht die Software situationsabhängig, die jeweils am besten passende Aktion zu identifizieren und greift dazu auch auf landes- und kundenspezifische Informationen zurück. Der Softwarekonzern Oracle verfolgt einen ähnlichen Ansatz. Ein intelligentes System könne beispielsweise maximal drei der wahrscheinlichsten Transaktionen oder auch Bildschirminhalte voraussagen, an denen ein bestimmter Kunde interessiert sei, werben die Marketiers. Dazu nutze das Programm eine umfangreiche Datenbank mit kundenspezifischen Informationen.

Nach Einschätzung von Forrester wagen sich bisher nur wenige Anbieter an das komplexe Thema der automatisierten Personalisierung und Optimierung von Kundenschnittstellen heran. Das aber werde sich ändern. Die „AI-powered CX Optimization“ (CX = Customer Experience) stehe inzwischen auf der Roadmap vieler Anbieter. IT-Entscheider könnten davon ausgehen, dass derartige Fähigkeiten innerhalb der kommenden zwei Jahre auch in gängige Standardsoftware Einzug hielten.

• MEHR EFFIZIENZ DURCH REDUZIERTE HANDARBEIT

Robotic Process Automation (RPA) steht schon seit geraumer Zeit auf der Angebotsliste von Banking-Plattform-Anbietern wie EdgeVerve Systems. Hinzu kommen RPA-Spezialisten wie beispielsweise UIPtah. Die Potenziale der Künstlichen Intelligenz in Sachen Effizienz gehen über RPA hinaus. So argumentieren etwa Finastra und Temenos, KI könne Banken unterstützen, in traditionell wenig automatisierten Bereichen effizienter zu arbeiten. Als Beispiele nennen sie die Handelsfinanzierung (Trade Finance) und die Abwicklung von Konsortialkrediten (Syndicated Lending).

Weil es in solchen Bereichen häufig noch keine Standards gibt, könnten KI-gestützte Banking-Anwendungen dabei helfen, strukturierte und unstrukturierte Daten zusammenzuführen. Zudem wären sie beispielsweise in der Lage, noch fehlende Informationen oder Unterlagen im Zahlungsprozess zu identifizieren. Um Prozesse noch effizienter zu gestalten, sollten IT-Entscheider eng mit Fachabteilungen und Banking-Softwareanbietern zusammenarbeiten und „Quick Wins“ identifizieren, rät Forrester.

• COMPLIANCE-, RISIKO- UND TECHNOLOGIE-MANAGEMENT VERBESSERN

In diese Kategorie fallen zwar vergleichsweise wenige Use Cases. Der wirtschaftliche Nutzen aber kann beträchtlich sein, was sich etwa am Beispiel der „False Positives“ im Bereich Betrugserkennung zeigt. Solche fälschlicherweise als illegal oder verdächtig eingestuften Vorgänge können etwa bei der Fahndung nach Geldwäsche mehr als 90 Prozent der Fälle ausmachen, eine enorme Zeitverschwendung für die Ermittler. Die britische Großbank HSBC nutzt Künstliche Intelligenz, um die Anzahl der False Positives zu reduzieren und sich besser auf die wirklich Kriminellen konzentrieren zu können.

Vorteile kann Künstliche Intelligenz auch im klassischen IT-Management bringen. Der Finance-Spezialist EdgeVerve etwa nutzt KI-Funktionen in seiner Preventive-Maintenance-Lösung „Finacle Assure“ für Finanzinstitute. Der Schwerpunkt liege dabei auf Prävention, so der Anbieter. Drohende Fehler oder Störungen im IT-Betrieb sollen frühzeitig erkannt und vermieden werden.


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