Lokalisierung von Content: Mehr als nur übersetzen

Mehrsprachigkeit in der Dokumentenverarbeitung: In Ländern wie Indien, Kanada und der Schweiz ist sie ein Muss. Aber auch Unternehmen, die in der Kundenkommunikation mehr als das notwendige Minimum bieten wollen, kommen daran nicht vorbei. Fakt ist: In der Multikulti-Gesellschaft von heute ist für immer mehr Menschen die primäre Landessprache nicht unbedingt auch die Muttersprache. Warum also diesen Umstand nicht als Wettbewerbsvorteil nutzen und Inhalte entsprechend anpassen? [...]

Betrachtet man die kompletten Systeme, drängt sich die durchgehende Verwendung des Unicode-Standards auf, um in Zukunft auch für weitere Sprachen gerüstet zu sein. Ein westeuropäischer 8 Bit Zeichensatz (z.B. ISO 8859-1) wird auf Dauer nicht ausreichen. Alle Elemente in der Systemlandschaft müssen die Mehrsprachigkeit unterstützen: Applikationen, Output Management und Austauschformate. Es geht eben um die Internationalisierung des Gesamtsystems.

STUFE 2 – JENSEITS DER LANDESGRENZEN

Versendet ein Unternehmen Dokumente auch ins Ausland, wird es noch einmal komplizierter. Dabei spielt das Thema nicht nur im Output Management eine Rolle. Es kann auch in die Konzeption von Internetauftritten mit internationalem Publikum einfließen. Plötzlich müssen Zahlen- und Datumswerte je nach Land unterschiedlich formatiert werden. Während in Deutschland ein Betrag als „7654,12 €“ gesetzt wird, liest man in Österreich eher „7 654,12 €“ und in der Schweiz „Fr. 7654.12“. Man beachte die Tausendertrennzeichen, den Dezimalseparator und die Position des Währungssymbols. Auch eine Telefonnummer wird je nach Land unterschiedlich dargestellt.

Ein anderes Beispiel sind Wörter, die je nach Land anders geschrieben werden. In der Schweiz wird kein scharfes S („ß“) verwendet. „Straße“ wird zu „Strasse“. Auch die Wortwahl kann sehr unterschiedlich sein: „Sahne“ (DE), „Obers“ (AT) und „Rahm“ (CH). Man kommt also von der Sprachabhängigkeit zusätzlich noch in die Landesabhängigkeit. Hier werden auf der technischen Seite Codes wie „de_DE“ und „de_AT“ verwendet, um beide Aspekte auszuzeichnen. Es können sogar noch weitere Merkmale wie die Region angehängt werden, wenn man es sehr weit treiben will.

Die Wahl von Datenstrukturen bei Austauschformaten wie XML kann ebenfalls noch etwas heikel sein, wenn man zum Beispiel in die Adressformatierung verzweigt. Da kann die Postleitzahl schon mal hinter (USA) oder unter (England) dem Ort platziert sein.

Weitere Aspekte kommen hinzu. Maße können unterschiedlich sein: °C versus °F, Zentimeter versus Zoll, Meter versus Fuß. Vielleicht muss je nach Zielland sogar auf unterschiedliches Papier gedruckt werden (DIN A4 versus US-Letter). Schnell spielen auch Zeitzonen und die Sommerzeit eine Rolle.

STUFE 3 – ZIELGRUPPE UND KULTUR

In jedem Land gibt es unterschiedliche gesetzliche Anforderungen, die Auswirkungen auf die ausgestellten Dokumente haben können. Beispielweise müssen spezielle Regeln bei der Besteuerung (Mehrwertsteuer) beachtet werden. Auch die Vorgaben für die Preisauszeichnung können unterschiedlich sein. Das sind nur ein paar Beispiele zum Thema internationale Regelkonformität (Compliance).

Ein weiteres Thema in der Lokalisierung ist die Ausrichtung auf Zielgruppen. Dabei spielen Aspekte wie Kultur, Religion, Ästhetik, Bedeutung von Farben, Kleider und Titel in der Anrede eine Rolle. Ein bekanntes Beispiel ist das Foto mit der netten Dame vom Kundendienst, die ein Headset trägt und in die Kamera lächelt. Im deutschsprachigen Raum hat sie in der Regel kaukasische Gesichtszüge, ein modisches, europäisches Outfit und keine Kopfbedeckung. So weit, so gut. Doch empfiehlt sich diese Darstellung auch in anderen Ländern, beispielsweise in afrikanischen oder asiatischen? Wohl kaum.

Von der Relevanz unterschiedlicher Wortwahl wurde bereits gesprochen. Noch komplexer wird es, wenn jenseits der lateinischen Sprachen unterschiedliche Schreibrichtungen umgesetzt werden müssen. Beispielsweise Hebräisch oder Arabisch mit „RL-TB“ (von rechts nach links und dann von oben/top nach unten/bottom) oder auch traditionelle, asiatische Schriften mit „TB-RL“ (von oben nach unten und dann von rechts nach links). Rechtschreibung und Silbentrennung sind hier sehr unterschiedlich.

Stichwort Kalender: Auch hier gibt es Unterschiede. Feiertage sind sehr regional, und der erste Tag in der Woche muss nicht überall der Montag sein. Auch der bei uns übliche Gregorianische Kalender ist nicht auf der ganzen Welt gültig. Man denke nur an asiatische Staaten wie Thailand, wo man sich eher an der buddhistischen Zeitrechnung orientiert.


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