Die Rolle des CIO verändert sich – schon wieder. Waren zuerst die Automatisierung und später die Industrialisierung der IT an der Reihe, geht es jetzt um die Digitalisierung. Der CIO wird vielleicht zum CDO – ganz sicher aber zum "Herr der Daten". [...]
Die Botschaft ist unmissverständlich: Unternehmen brauchen nicht unbedingt einen neuen Macher, sondern jemanden, der eine bestimmte Rolle ausfüllt. Martin Gill, Principal Analyst bei Gartner: „Immer mehr CEOs bringen ihren Wunsch, die digitale Transformation zügig voranzutreiben, dadurch zum Ausdruck, dass sie einen CDO ernennen. Dabei geht es im Kern darum, dass Unternehmen dringend eine Strategie für die digitale Transformation benötigen. Welchen Titel derjenige trägt, der diese Strategie umsetzt, ist nicht so wichtig.“ Sie dürfen also aufatmen: Dieser jemand kann selbstverständlich auch der CIO sein.
KAUM CDOS
Im deutschsprachigen Raum ist das Thema CDO jedoch noch eher theoretischer Natur. Als Indiz dafür mag auch gelten, dass eine Suche nach dem Begriff in der deutschen Wikipedia keinen einzigen Treffer erzielt. Kein Wunder: Nach Angaben von Gartner arbeiten 65 Prozent der bekannten CDOs in den USA und weitere 20 Prozent in Großbritannien. Wenn es aber insgesamt – auch das schreibt Gartner – lediglich „mehr als 100“ solcher Jobs in großen Unternehmen gibt, dann ist es schon eine echte Rechercheaufgabe, einen offiziell so bezeichneten CDO außerhalb des USA und des UK zu finden.
CDO IN DER PRAXIS
Doch vereinzelt gibt es sie. Besonders in Unternehmen, die ehrgeizige digitale Ziele – oder auch großen Nachholbedarf – haben. Denn nicht in jedem Unternehmen gibt es Bedarf an einem CDO, oftmals füllt der CIO diese Rolle ohnehin bereits aus.
Das Beispiel TUI Deutschland zeigt, wie der Posten eines Chief Digital Officers in der Praxis aussehen kann. Seit 2013 gibt es im Unternehmen mit Stefanie Waehlert einen Chief Digital Officer. Ihre Position bündelt digitale Themen, die vorher stark im Unternehmen verstreut waren: das operative Geschäft der E-Commerce-Plattformen, ihre Weiterentwicklung, Content-Themen, CRM und Social Media. Neben dem laufenden Geschäft ist es für Waehlert eine wichtige Aufgabe, „alle Mitarbeiter auf den Weg der digitalen Transformation“ mitzunehmen.
Vier Jahrzehnte lang hat TUI Deutschland ein klassisches Geschäft bedient. Bis vor nicht allzu langer Zeit sei alles darauf ausgerichtet gewesen, dass alle sechs Monate ein neuer Katalog erscheint, erzählt Waehlert: „Da ist es ein gewaltiger Wandel, wenn Kunden nun auch auf allen digitalen Kanälen erreicht werden sollen.“ TUI steht nicht mehr am Anfang: Da gibt es das personalisierte Serviceportal Meine TUI mit Vorabinfos zum Urlaubsort und der bei Kunden beliebten Countdown-Funktion bis zur Reise. Im Sommer lief ein gruppenweites Social-Listening-Pilotprojekt, bei dem ausgewertet wurde, was Touristen in ausgewählten Hotels in Griechenland über TUI sagen. Trotzdem bezeichnet die Chief Digital Officer 2014 und 2015 als Jahre, in denen in ihrem Aufgabenbereich noch einige Hausaufgaben zu erledigen sind. Damit ist sie sicher nicht alleine. (idg/rnf)
Dieser Artikel ist aus dem COMPUTERWELT-Special „IT-Macher 2014“. Sie finden dieses Sonderheft, und viele andere Ausgaben, hier als PDF.
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