Macht ERP in der Cloud Sinn?

Der Wunsch nach Mobilität, Flexibilität und Verfügbarkeit führt dazu, dass die Cloud gerade in KMU zu einem unverzichtbaren Bestandteil von ERP-Installationen wird. Allerdings ist dafür noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten. [...]

Cloud-Services sind in allen Unternehmensbereichen ein heißes Thema und der Trend zur Nutzung von Software as a Service (SaaS) hat auch den ERP-Bereich erfasst. Insbesondere für KMU macht dieses Angebot Sinn, denn diese verfügen nur über beschränkte IT-Ressourcen – das Kerngeschäft steht klar im Fokus. Generell lässt sich beobachten, dass ERP-Lösungen in der Cloud immer wichtiger werden. Einerseits weil die Datenmenge laufend zunimmt, etwa weil zusätzliche Daten wie Wetter- oder Geoinformationen oder auch Forecasting und Analysen verstärkt genutzt werden. Andererseits benötigen die ERP-Systeme selbst mehr Speicherplatz, weil sie zunehmend komplexer werden und mehr Daten erfassen. So hat sich beispielsweise das Datenaufkommen bei Microsoft Dynamics AX von der vorherigen zur aktuellen Version fast verdoppelt.

Für das Speicherplatz- und Kapazitätsproblem, das der stetig wachsende Datenberg verursacht, bietet die Cloud eindeutig eine sinnvolle Lösung, denn das ERP-System ist in der Cloud besser skalierbar und flexibler. Unternehmen können auf saisonale Schwankungen und rasches Wachstum in der Cloud besser reagieren und kosteneffizient arbeiten. Während On-Premise-Hardware für die maximale Last ausgelegt sein muss, zahlt man in der Cloud nur die Ressourcen, die man tatsächlich nutzt. So kann das Unternehmen seine IT-Ressourcen dem Bedarf beziehungsweise der Geschäftsentwicklung angleichen und damit auch die Kosten kurzfristig anpassen. Darüber hinaus erspart die SaaS-Lösung die Wartung von eigenen Servern und erhöht die Leistungsfähigkeit. Moderne ERP-Softwarelösungen stellen hohe Anforderungen an die Hardware und im Rechenzentrum eines darauf spezialisierten Dienstleisters kann man stets die aktuellste Technologie zu überschaubaren monatlichen Kosten nutzen.

VERFÜGBARKEIT IMMER WICHTIGER

Der zuverlässige und sichere Betrieb eines ERP-Systems ist unverzichtbar. Hier punkten Cloud-Lösungen mit einer Verfügbarkeit von rund 99,95 Prozent. Der Aufwand und die Kosten für den Betrieb eines hochverfügbaren, redundanten Systems sind für ein durchschnittliches KMU kaum zu schaffen, weder bei der Ausfallssicherheit, noch in geografischer und zeitlicher Hinsicht. Die Cloud macht sich daher insbesondere bei international tätigen Unternehmen bezahlt, deren Systeme rund um die Uhr verfügbar sein müssen. So kann auch der Lieferant in China jederzeit auf die Planungssoftware zugreifen. Aber auch Dienstleistungen wie die Urlaubsvertretung sind beim Outsourcing der ERP-Plattform inbegriffen. Darüber hinaus sorgt der Dienstleister im Rechenzentrum für den reibungslosen Betrieb der Lösung – ein weiterer Pluspunkt für die Cloud.

KOMPLEXITÄT REDUZIEREN

Nicht nur die ERP-Lösungen selbst, sondern auch die Hardwarestruktur werden zunehmend komplexer. Ein Grund dafür ist die steigende Integration mit anderen Softwareprodukten beziehungsweise Services. ERP-Systeme alleine sind nicht ausreichend, um alle Geschäftsprozesse abzudecken. Über Schnittstellen werden weitere wichtige Systeme wie etwa CRM, Dokumentenmanagement oder Mailsysteme angebunden. Außendienstmitarbeiter verlangen mobilen Zugriff auf ihre Daten von unterschiedlichen Geräten und Betriebssystemen. Mitarbeiter nutzen flexible Arbeitszeitmodelle und arbeiten von zu Hause oder unterwegs. Unverzichtbare Cloud-Dienste wie Dropbox, OneDrive und Google Maps müssen integriert werden. Wenn man selbst Server betreibt, unterliegt man Einschränkungen in der Skalierbarkeit und Erweiterbarkeit, die nur sehr kostenintensiv zu durchbrechen sind. Wenn der Speicherplatz ausgeht und alle Festplattenschächte belegt sind, müssen neue Storages angeschafft oder alte Platten gegen neue, größere getauscht werden. Eine Cloud-Lösung hingegen lässt sich problemlos skalieren und an den aktuellen Bedarf anpassen – etwa bei saisonalen Schwankungen im Handel. Das macht nicht nur funktional, sondern auch kostentechnisch Sinn.

Arbeitsplätze werden zukünftig sowohl zeitlich als auch geografisch flexibler sein als bisher. Der typische Büroarbeitsplatz wird seltener, die Mitarbeiter wollen von zu Hause oder unterwegs arbeiten können. Das Cloud-Angebot bietet die Basis für diese Entwicklung. Denn es ermöglicht den Usern, auf webbasierte Lösungen umzusteigen, die sie unabhängig von Endgerät oder Ort nutzen können. Mobility ist auch bei KMU ein großes Thema, weil die Arbeitsplätze dynamisch und die Verantwortlichkeiten übergreifend sind. Diese Anforderungen lassen sich über Cloud-Lösungen leichter abdecken. Außerdem können insbesondere international tätige Unternehmen in der Cloud wesentlich einfacher eine länderübergreifende ERP-Plattform aufbauen als mit lokalen Servern. Eine webbasierte Lösung lässt sich leichter ausrollen und skalieren. Damit sind neue Standorte schneller und einfacher in ein zentrales ERP-System integrierbar.

Viele Argumente sprechen für ERP in der Cloud. In der Realität zögern aber die heimischen Unternehmen – mentalitätsbedingt? – noch immer. Ganz oben auf der Liste der Bedenken steht das Thema Security. Wie sicher sind die Daten in der Cloud wirklich? Behält man die Hoheit über seine Informationen? Was passiert, wenn das Internet ausfällt? Diese offenen Fragen verunsichern viele Unternehmen. Große Softwareanbieter setzen schon seit Jahren die webbasierten Applikationen in den Fokus. Fast jeder vierte Österreicher nutzt Cloud-Dienste wie Dropbox, SafeSync, OneDrive, Office Online oder Gmail. Studien wie der Cisco Global Cloud Index prognostizieren für 2015 eine Steigerung der Nutzung von Software as a Service auf rund 40 Millionen Workloads. Trotzdem verwahren heimische Unternehmen ihre Daten lieber im Unternehmen, weil sie meinen, damit weniger ins Visier von Hackern zu geraten oder bei Internetausfällen trotzdem über ihr System verfügen zu können. Tatsache ist aber, dass Betriebsspionage – auch durch eigene Mitarbeiter – eine größere Gefahr darstellt und die Daten in einem Rechenzentrum wesentlich sicherer verwahrt sind. Denn dort gibt es nicht nur ausgeklügelte Security-Lösungen, redundante Sicherheitssysteme und regelmäßige Backups, sondern auch Zugangsbeschränkungen, Zugriffsberechtigungen und klar definierte Service Level Agreements. Im eigenen Unternehmen lassen sich diese Leistungen kaum kosteneffizient umsetzen.

MOBILITÄT DURCH CLOUD

Ein klarer Trend, der auf Cloud-Services basiert, ist Mobility. Immer mehr Mitarbeiter arbeiten von zu Hause oder unterwegs. Dabei werden geschäftsrelevante Daten ständig durchs Internet geschickt. Die Datensicherheit ist dabei enorm wichtig: Informationen müssen verschlüsselt übertragen werden, etwa wenn die Außendienstmitarbeiter die Informationen mit der Firma online austauschen. Die Wolke bietet hier die besten Voraussetzungen, um diese Anforderungen umzusetzen. Denn man kann Aufträge schneller erfassen, rascher an die Kunden ausliefern und damit die Geschäftsprozesse beschleunigen. Die Infrastruktur in Österreich bietet dazu beste Voraussetzungen: Unser Land verfügt im europäischen Vergleich über eine sehr gute Internetvernetzung und kostengünstige Tarife. Das bestätigt zum Beispiel die EU-weite Studie „Broadband Internet Cost 2014“ von Van Dijk. Ein Grund mehr, der Cloud-Services attraktiv macht.

UNKLARE RECHTLICHE SITUATION

Die Analyse der rechtlichen Aspekte ist nach wie vor eine Herausforderung für viele KMUs. Wo dürfen beziehungsweise müssen Informationen gespeichert werden? Wie verhält es sich mit grenzüberschreitenden Cloud-Diensten und der Datenspeicherung im Ausland? Wie lassen sich firmeninterne Compliance-Vorschriften in der Wolke umsetzen? Bei den Unternehmen herrscht viel Unsicherheit aufgrund der oft unbekannten Rechtssituation. Hier ist eine klare Kommunikation der Datenschutzbestimmungen wichtig, die speziell international tätigen Betrieben den Umgang mit Cloud-Services erleichtert.

Cloud-Lösungen haben ganz klare Vorteile gegenüber einer reinen On-Premise-Installation mit eigener Hardware im Serverraum. Dennoch wird es immer Workloads geben, die besser On-Premise laufen. Für Unternehmen stellt sich also nicht die Frage, ob sie in die Cloud gehen oder nicht, sondern welche Workloads sinnvoll in der Cloud aufgehoben sind. Microsoft beispielsweise unterstützt die Kunden mit zahlreichen Lösungen für eine hybride Infrastruktur, die nahtlos vom lokalen Server in die Cloud übergeht. Die Cloud wird künftig ein unverzichtbarer Bestandteil einer ERP-Installation werden. Es ist aber noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten, um die Wolke für KMUs attraktiv zu machen. In jedem Fall wäre es für die Unternehmen damit leichter, sich voll auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

Mario Lehner|insideAx


Mehr Artikel

Die Teilnehmer des Roundtables (v.l.n.r.): Roswitha Bachbauer (CANCOM Austria), Thomas Boll (Boll Engineering AG), Manfred Weiss (ITWelt.at) und Udo Schneider (Trend Micro). (c) timeline/Rudi Handl
News

Security in der NIS2-Ära

NIS2 ist mehr ein organisatorisches Thema als ein technisches. Und: Von der Richtlinie sind via Lieferketten wesentlich mehr Unternehmen betroffen als ursprünglich geplant, womit das Sicherheitsniveau auf breiter Basis gehoben wird. Beim ITWelt.at Roundtable diskutierten drei IT-Experten und -Expertinnen über die Herausforderungen und Chancen von NIS2. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*