Klassische Werbung, Messen oder Social Media - dem Marketing bieten sich viele Möglichkeiten. Eine Erfolgsgarantie gibt es aber nicht. [...]
Für Unternehmen gibt es immer mehr Möglichkeiten, immer kleinere Kunden-Zielgruppen zu selektieren und mit ihnen auf unzähligen Wegen in Kontakt zu kommen. Doch es scheint, dass viele Angesprochene – der E-Mails, Werbeprospekte, Anzeigen und Einladungen überdrüssig – mehr und mehr in eine Verweigerungshaltung verfallen. Die Unternehmen müssen sich daher etwas Neues einfallen lassen, um ihre Kunden zu erreichen.
Entsprechend konzentrieren sich die aktuellen Marketing-Trends stark auf Social-Media-Aktivitäten. Insbesondere Unternehmen in globalen oder deregulierten Märkten sind davon massiv betroffen. Produkte und Dienstleistungen werden immer vergleichbarer und damit austauschbar, Produktlebens- und Vertriebszyklen verkürzen sich, und die Ansprüche der Kunden steigen. Daher beschäftigt kaum ein Thema die Marketing-Abteilungen heute so sehr wie Social Media. Das gilt auch für die Anbieter von Customer-Relationship-Management-(CRM-) Software. Firmen wie Oracle und Salesforce.com haben sich schon vor einiger Zeit mit Verve auf das Thema gestürzt und bieten in Form von neuen Funktionen angebliche Allheilmittel zur Einbeziehung der neuen Kommunikations- und Interaktionskanäle an.
So können in Salesforce.com eigene Communities erstellt werden, damit Kunden miteinander kommunizieren und beispielsweise neue Produktideen testen können. Die Überwachung von Facebook und Twitter ist ebenso möglich wie eine Chat-Funktion mit Servicemitarbeitern; diese Gespräche lassen sich später in Salesforce.com nachverfolgen, verwalten und im Detail auswerten.
Die technische Seite scheint von einer Vielzahl von Anbietern gelöst zu sein, egal ob von Branchengrößen wie SAP und Microsoft oder kleineren Anbietern wie Wice – die Schnittstellen in einzelne Social-Media-Angebote sind vorhanden. Eine komplette CRM-Suite jedoch, die vollständig „sozial“ ist, existiert noch nicht. Was Anwender im Markt finden, sind Tools, die Teilbereiche von Social CRM abdecken, oder Nischenangebote, denen die grundlegenden CRM-Funktionen fehlen.
WAS TUN MIT SOCIAL MEDIA?
In einer von i2s im Februar 2012 zusammen mit der Fachmesse CRM-Expo betriebenen Umfrage unter 217 Teilnehmern aus dem deutschsprachigen Raum gaben 59 Prozent der befragten Unternehmen an, dass Social Media für sie ein weiterer Kontaktkanal sei, 30 Prozent erhalten darüber nach eigenen Angaben neue Kontakte. Doch nur drei Prozent haben auch ein auf Social Media basierendes Geschäftsmodell.
Ohne einen klar definierten Zweck wird der Erfolg einer Social-Media-Initiative aber nur schwer zu messen sein. Zu klären ist beispielsweise, welche Arten von Konversationen das Unternehmen anbieten will, was das Ziel von solchen Kundeninteraktionen ist und wie sich die eigenen Ziele mit den Wünschen der Zielgruppe vereinbaren lassen. So können die Zielvorgaben beispielsweise lauten, die Kundendienstkosten zu senken, die Kundenzufriedenheit und die Wiederkauf-Wahrscheinlichkeit zu erhöhen.
Diese Ziele verlangen danach, abteilungsübergreifend koordiniert zu werden, und sollten entsprechend im Unternehmen verankert sein. Denn die Chance, dass sich Kundenbeziehungen durch Social-Media-Initiativen verbessern, sind hoch. In den Unternehmen ist man sich dessen bewusst, die Erwartungen sind hoch: Jeder vierte Befragte erhofft sich einen gesteigerten Bekanntheitsgrad, und immerhin vier Prozent setzen auf einen signifikanten Umsatzbeitrag durch Social Media.
Schaut man auf die Aktivitäten der Unternehmen, werden Social-Media-Angebote reichhaltig genutzt. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, eine Unternehmens-Seite auf Facebook zu unterhalten, weitere 44 Prozent haben eine Firmenpräsenz auf Xing beziehungsweise Linkedin. 41 Prozent twittern beruflich, und ein Drittel der befragten Unternehmen führen einen eigenen Blog.
Besonderes Augenmerk legen die Befragten in diesem Jahr auf ein eigenes Forum und das Einspielen von Podcasts und Webcasts – das Angebot soll um 50 Prozent zulegen, so dass dann fast ein Drittel der Unternehmen entsprechende Angebote offerieren.
GEFAHR SINNLOSER DATENHALDEN
Durch die Vielzahl von neuen Kundenkontakt-Möglichkeiten im Social-Media-Umfeld – Diskussionen in den sozialen Netzwerken, Videos auf Youtube, Fachartikel in Blogs und Wikis – steigen aber auch die Herausforderungen, ein durchgängiges Markenversprechen und einen stringenten Markenauftritt sicherzustellen. Da Konsumenten anfangen, mit Marken im Social-Media-Kontext zu interagieren, was ja durchaus gewollt ist, wachsen für Unternehmen gleichzeitig die Anforderungen im Bereich der Kommunikation. Im Gegenzug erhalten die Marketing-Abteilungen durch die direkte Kontakaufnahme mit den Kunden ein besseres Verständnis der Wünsche und Beweggründe ihrer Zielgruppe.
Damit steigt auch die Menge an Daten und Informationen, die Firmen auswerten können und sollten. Zu warnen ist allerdings vor der Vorstellung einiger CRM-Anbieter, die Nutzerdaten aus den sozialen Netzwerken automatisch im CRM-System verarbeiten zu können. Das ist weder sinnvoll noch datenschutzkonform. Zudem entstehen nur Datenhalden ohne Leben.
Wichtiger, als Neukunden um jeden Preis gewinnen zu wollen, ist es, sich um Stammkunden zu kümmern und das Markenversprechen in allen Phasen des Kundenlebenszyklus zu erneuern. Eine Online-Vermarktung mit entsprechend affiner Zielgruppe muss auch entsprechende Online-Service-Funktionalitäten berücksichtigen.
FAZIT: DIE KRÄFTE BÜNDELN
Was immer Unternehmen in Sachen Social Media planen, sie sollten es richtig machen. Mal eben einen Blog aufsetzen, den dann keiner pflegt, ist schlimmer als Stille. So wird dokumentiert, dass man es nicht ernst meint. Überprüfen sollten Unternehmen, was in den letzten Jahren erfolgreich war – das kann eine Messe sein, ein klassisches Brief-Mailing oder auch Werbebanner, Youtube-Filme oder Podcasts.
Da die Budgets leider nicht entsprechend den nutzbaren Kanälen wachsen, hilft nur, sich zu fokussieren. Marketing bedeutet nicht nur, hübsche Werbekampagnen zu schalten, sondern ist ein Konzept der ganzheitlichen, marktorientierten Unternehmensführung zur Befriedigung der Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden. Und wenn Produkt-, Preis- und Vertriebspolitik nicht stimmen, nutzen die besten Kommunikationskonzepte nichts – auch in Zeiten von Twitter, Facebook und Pinterest.
Ein radikales Umschwenken bringt wahrscheinlich nicht den erhofften Erfolg, wie etwa Pepsi 2010 schmerzhaft lernen musste. Der Verzicht auf klassische Werbung wie einen Spot im Super-Bowl-Finale und die Umschichtung des Werbebudgets in Richtung Social-Media-Werbung brachte zwar Millionen neue Fans auf Facebook, doch die Verkäufe von Pepsi und Diet Pepsi in den USA brachen im selben Jahr um jeweils fünf Prozent ein.
* Frank Naujoks ist Director Research & Market Intelligence der intelligent systems solutions (i2s) GmbH. Der Artikel stammt von der deutschen Computerwoche.
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