Die heutige Vielfalt bei den Werkzeuge für Business Intelligence spricht einerseits für die Reife und Bedeutung des Marktes, macht es aber Fachbereichen und Führungskräften wie dem CFO nicht leicht, den Überblick zu behalten. Nachfolgend ein kleiner Spaziergang durch den Markt und Produktkategorien. [...]
Business-Intelligence(BI)-Lösungen sind als Handwerkszeug für viele „Information Worker“ im Unternehmen in der täglichen Arbeit nicht mehr wegzudenken.
BI-Lösungen helfen bei der Identifikation und Integration relevanter Daten für die Unternehmenssteuerung und die Durchführung ihrer Berichts-, Analyse- und Planungsaufgaben.
Der Softwaremarkt für Business Intelligence läßt sich in Datenmanagement und Business-Intelligence-Anwenderwerkzeuge aufteilen, die wiederum jeweils Unterkategorien aufweisen (s. Abb. 1).
DATENMANAGEMENT ALS BASIS
Als Fundament benötigen BI- und Planungswerkzeuge eine adäquate Datenmanagement-Infrastruktur. Sie dient der Bereitstellung qualitätsgesicherter Daten für alle Prozesse der Datenaufbereitung, -anzeige und -verteilung. Wesentlichen Einfluss hat die Datenmanagement-Infrastruktur auf Aspekte wie Abfragegeschwindigkeit, Integration von Daten aus unterschiedlichen Datenquellen oder Datenqualität.
Bestandteile sind Lösungen zur Abfrage, Bewegung und Transformation von Daten (Datenintegration) sowie zur Feststellung, Verbesserung und Monitoring von Datenqualität. Stammdatenmanagement (Master Data Management – MDM) stellt einheitliche Struktur- und Bezugsdaten her.
Letztlich spielen auch Speicherkomponenten eine Rolle, um entscheidungsrelevante Daten für BI-Anwenderwerkzeuge vorzuhalten. Hier haben sich in den letzten Jahren insbesondere analytische Datenbanken als spezialisierte Alternative zu traditionellen relationalen Datenbankmanagementsystemen (RDBMS) etabliert.
ANWENDUNGSBEREICHE IM COMTROLLING
So unterschiedlich wie Entscheidungssituationen und die dabei benötigte Datenbasis und gewünschte Berichts- und Analysefunktionalität, so heterogen sind die Bedürfnisse vieler Anwender an die Softwarelösungen. Der adressierte Nutzerkreis umfasst Power User sowie Gelegenheitsnutzer. Die Kerneinsatzbereiche von BI-Werkzeugen sind dabei Dashboards/Scorecards, Reporting, Analyse und Planung.
Dashboards dienen einer einfachen kompakten und grafischen Darstellung von Informationen – häufig basierend auf Internettechnologie zur Anzeige im Browser. Aufgrund unterschiedlicher Anwenderanforderungen können viele Reporting- und Analysewerkzeuge individuelle Sichten im Sinne von Dashboards bereitstellen.
Konkrete Einsatzbereiche können von einer eher operativen Überwachung von Kennzahlen bis hin zum strategischen Einsatz als Ausgabe von Balanced Scorecards sein. Der aktuelle Technologietrend Self Service BI ermöglicht geschulten Anwendern, diese Aufgaben flexibler und IT-unabhängiger zu lösen. Für die eigene Erstellung und Modifikation von Dashboards ist bei einigen Werkzeugen dann ein tiefgreifendes IT-Know-how nicht zwingend erforderlich.
STANDARD-REPORTING
Die häufigste Darstellung und Verteilung von Kennzahlen erfolgt in Form von Berichten. Einfache statische Berichte (Standard-Reports) weisen meist eine tabellarische Darstellung der Daten und eine Grafik auf. Zu den Aufgaben des Berichtswesens zählen Berichtsdefinition, Verteilung und visuelle Aufbereitung von Information. Softwarewerkzeuge für Standard-Reporting bieten dementsprechend vor allem gute Möglichkeiten des Datenzugriffs, des Layouts und der Verteilung von Berichten. Mobile-BI-Lösungen ermöglichen den Abruf kleinerer Berichte oder Dashboards auch auf mobilen Endgeräten wie Tablets oder Smartphones, um eine ortsunabhängige Informationsversorgung sicherzustellen.
Anwender fordern neben dem Standard-Reporting zunehmend die selbstständige Berichtserzeugung. Sogenannte Power User in den Fachabteilungen können Berichte in gewissem Umfang selbst erstellen (Ad-hoc-Reporting) und anderen Fachbereichsanwendern zur Verfügung stellen. Verfolgen Unternehmen mit ihrem eingesetzten BI-System eine Self-Service-Strategie, können Nutzer flexibel und IT-unabhängig Berichte erstellen. Collaboration-Tools unterstützen zusätzlich die Kommunikation und Informationsversorgung der Endanwender während und nach dem Berichtserstellungsprozess.
OLAP UND BIG DATA
Weit über den Berichterstellungsprozess hinaus geht die Analyse: Sie ermöglicht dem Anwender einen weiterreichenden Zugriff auf Daten. Durch Bereitstellung bestimmter Funktionen können Daten analysiert und neue Informationen generiert werden. Im Gegensatz zur Berichterstellung werden mit Analyseverfahren Daten detailliert untersucht und mathematische Methoden angewendet.
Neben der klassischen OLAP-Analyse bieten verschiedene Analysewerkzeuge auch bestimmte Verfahren an, z.B. die mengenbasierte Analyse, visuelle Analyse und das Trend-Thema Big Data (hochskalierbare Integration und Verarbeitung polystrukturierter Daten inkl. Web- und Textanalyse) an Relevanz.
Mit Data Mining als statistischem Verfahren können Unternehmen komplexe, ungerichtete Analysen von Datenbeständen durchführen und Datenstrukturen und –muster erkennen. Als „Predictive Analytics“ werden Methoden und Werkzeuge des Data Mining mit statistische Berechnungen, Optimierungsrechnungen sowie Simulation kombiniert, um Vorhersagen zu machen.
PLANUNG UND SIMULATION
Planung und Simulation zählen ebenfalls zu den wichtigen BI-Anwendungsbereichen. Anwender nutzen Planungswerkzeuge für die Dateneingabe und –verteilung, Forecasting und Simulation, aber auch für die Steuerung des Planungsprozesses. Eine besondere Anforderung an die Werkzeuge ist, dass sie ein Zurückschreiben von Daten aus dem Endanwenderwerkzeug ermöglichen müssen. Sie grenzen sich dadurch vom klassischen Berichtswesen ab, wo Daten nur in eine Richtung fließen: von der Datenbank zum Anwender.
Werkzeuge für die Simulation stehen vor der Herausforderung, nicht nur verschiedene Szenarien abspeichern und vergleichen zu müssen. Vielmehr müssen sie den direkten Zugriff von Fachanwendern auf Datenstrukturen ermöglichen, um bspw. neue Elemente anzulegen oder Strukturänderungen zu simulieren.
MARKTENTWICKLUNG BUSINESS INTELLIGENCE
Ein sehr guter Indikator für das Investitionsverhalten von Unternehmen ist die Betrachtung der Umsätze für BI-Software in den letzten Jahren. Die Ausgaben von Unternehmen für Business Intelligence Lösungen für Anwendungs- und Datenmanagement-Aufgaben sind kontinuierlich gestiegen.
Auch in Krisenjahren wie 2008/2009 ist lediglich ein kleiner Rückgang der Wachstumsrate zu verzeichnen (s. Abb. 3). Die Steuerungsfähigkeit von Unternehmen ist auch in Krisenzeiten relevant und die strategische Bedeutung einer aktuellen, qualitativ hohen und umfassenden Datenbasis für Entscheidungen auch dann ungebrochen. Nach massiven Investitionen in die operative Geschäftsabwicklung durch ERP-Systeme scheint für Business-Intelligence-Lösungen auch ein gewisser Nachholbedarf zu bestehen. 2011 wuchs der Markt in Deutschland auf immerhin mehr als eine Milliarde Euro für Software an.
MARKTFÜHRER IM DATENMANAGEMENT
Marktführer im Segment Datenmanagement-Lösungen sind Oracle, Microsoft und IBM, im Segment BI-Anwenderwerkzeuge SAP, IBM und SAS. Die Großanbieter im Markt suchen alle eine möglichst große Abdeckung verschiedenster Anwendungsbereiche durch das Angebot eines Portfolios von Werkzeugen oder der Abdeckung verschiedener Aufgabenstellungen in sogenannten Werkzeug-Suiten. Der Markt ist insgesamt aber geprägt von einem geringen Konzentrationsgrad auf einzelne Anbieter.
Die Top 5 Anbieter vereinen ca. 60% des Marktes auf sich, allerdings verzeichnen auch mehr als 50 Anbieter im deutschsprachigen Raum mehr als eine Millionen Euro Softwareumsatz. Insgesamt zählt BARC sogar mehr als 250 Anbieter von BI-Lösungen, die versuchen ihre Lösungen im deutschsprachigen Raum anzubieten.
KLEINE ANBIETER WACHSEN SCHNELLER
Die große Anzahl an Anbietern und eine höhere Reife des Marktes insgesamt sorgen für eine gewisse Differenzierung der Anbieter, so dass nicht mehr jeder erfolgreich sein kann. Hohe Wachstumsraten durch Innovation und gute Marktbearbeitung erzielen aber in den letzten Jahren dennoch tendenziell eher kleinere Anbieter unterhalb der Top 5, so dass die Vielfalt und Wettbewerbsintensität des Marktes erhalten bleibt.
Eine detaillierte Untersuchung der Entwicklung des Softwaremarktes für Business Intelligence in Deutschland findet sich in der gleichnamigen BARC-Studie zur Marktentwicklung.
Aufgrund des breit gefächerten Angebots an adäquaten Lösungen sollte dem Erwerb eines BI-Systems unbedingt eine sorgfältige Evaluierung vorausgehen. In diesem Prozess ist die Kommunikation und Festlegung einer unternehmensweiten BI-Strategie und der Einbeziehung der Anwenderanforderungen sehr wichtig.
Neben der Funktionalität und Architektur von Werkzeugen sollten Themen wie das Datenqualitätsmanagement und eine akzeptierte Data Governance adressiert werden. Denn: Auch das beste BI-Werkzeug verfehlt seinen Nutzen, werden ihm qualitativ minderwertige Daten zur Verfügung gestellt.
* Dr. Carsten Bange ist Redakteuri der deutschen CFOworld.
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