Die Fähigkeit, in Chaos und Zufall Struktur zu erkennen, macht den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg. Big Data und Enterprise Search liefern genau jene Werkzeuge, die zum Aufspüren von Mustern führen. [...]
Schach gehört zu den komplexesten Spielen. Bereits nach zwei Zügen können 72.084 verschiedene Stellungen entstehen. Für die ersten 40 Züge belaufen sich die möglichen Spielabfolgen Schätzungen zufolge auf etwa 10 hoch 115 bis 10 hoch 120. Schach wird nur von dem japanischen Brettspiel Go geschlagen: Auf dem 19 mal 19 Felder großen Brett sind etwa 4,63 mal zehn hoch 170 unterschiedliche Stellungen möglich. Im Vergleich dazu: Die Anzahl aller Atome im gesamten Universum beträgt angeblich nur 10 hoch 80.
Trotz dieser astronomischen Zahlen, die auf Basis von bloß 64 Feldern entstehen, ist Schach ein Spiel, das selbst für Kinder erlernbar ist. Die Weltmeisterin der 1990er-Jahre, Zsusza Polgár, die als Vierjährige die Budapester Mädchenmeisterschaft der unter 11-Jährigen mit 10:0 Punkten gewann, tat dies vor allem mit Hilfe von Mustern. Denn das Schachbrett ist nicht nur ein Ort schier unbegrenzter Möglichkeiten, sondern auch einer, an dem bestimmte Muster wiederkehren, die es zu lernen und zu erkennen gilt. Es gibt taktische, strategische und Mattmuster. Es gibt Muster in der Eröffnung, Muster im Mittelspiel, Muster im Endspiel.
Dank dieser Muster sind die Spieler nicht gezwungen, alle Varianten, die die Spielregeln erlauben, durchzurechnen, sondern können sich auf die erfolgversprechenden Varianten konzentrieren. Kurz: Muster haben die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen.
DAS MONEYBALL-PRINZIP
Mustererkennung hat auch in einem anderen Spiel Einzug gehalten: Baseball. Bis vor wenigen Jahren bestand oft das Problem, Spieler nach äußeren Merkmalen zu engagieren: Größe, Athletik, sogar die Attraktivität der Partnerin spielten in dem äußerst subjektiv gefärbten Auswahlverfahren durch die Scouts eine zentrale Rolle („Hässliche Freundin bedeutet, der Spieler hat kein Selbstvertrauen.“).
Das änderte sich, als der Teammanager der Oakland Athletics, Billy Beane, begann, neue Wege zu gehen und auf Statistikverfahren zu setzen – heute bekannt unter der Bezeichnung „Sabermetrics“. „Es geht einfach darum, die Dinge auf eine Zahl runterzubrechen. So wie wir die Statistik interpretieren, können wir den Wert von Spielern erkennen, so wie ihn niemand anders erkennen kann“, sagt Peter Brand in dem Film „Moneyball“, in dem Brad Bitt die Rolle des Managers Billy Beane spielt. Analytische Mustererkennung statt Bauchgefühl. Und Mustererkennung, die hilft, die künftige Entwicklung von Spielern realistisch einzuschätzen.
BIG DATA
Das Moneyball-Prinzip ist der Klassiker, wenn es darum geht, Big Data in der Praxis zu beschreiben. Immerhin stammt Billy Beanes Paradigmenwechsel in Sachen Baseball-Scouting aus den frühen 2000er-Jahren – lange bevor der Begriff Big Data von den Herstellern und Marktanalysten entdeckt wurde. In der Zwischenzeit gibt es unzählige Anwendungsbeispiele, die alle zeigen, welches Potenzial in der Fähigkeit liegt, Muster zu erkennen.
Ein weiterer Klassiker ist der aggressive Grippevirus H1N1 aus dem Jahr 2009 und Googles Datenspezialisten, die es schafften, die Ausbreitung der Epidemie in Echtzeit zu beobachten und auch Voraussagen zu treffen. Der übliche Weg ist der, dass Ärzte einer Meldepflicht unterliegen, neue Grippefälle anzuzeigen. Diese Informationen werden von der Gesundheitsbehörde gesammelt und ausgewertet. Damit erhält man ein genaues Bild davon, in welchen Gebieten sich der Grippevirus verbreitet. Der Haken an der Sache: Dieser Weg ist sehr langsam, und der Handlungsspielraum der Gesundheitsbehörde bleibt damit sehr eingeschränkt. Dann kam Google und nutzte die täglich rund drei Milliarden Suchanfragen seiner Kunden, um der Ausbreitung des H1N1-Virus auf die Spur zu kommen, wie es Viktor Mayer-Schönberger in „Big Data – Die Revolution, die unser Leben verändern wird“ beschreibt.
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