Mythen zur Reparatur von Festplatten entzaubert

Do-It-Yourself-Reparaturen an Festplatten und warum sie scheitern: Viele Tipps, über die man in Internetforen stolpert, haben ihren Ursprung vor ca. zehn bis 15 Jahren und haben in Einzelfällen vielleicht auch mal mit mehr Glück als Verstand für den einen oder anderen Anwender funktioniert. Die Mehrzahl der Anwender wird heute wie damals jedoch mehr Schaden anrichten, als dass es ihnen Nutzen stiften wird. Hier finden Sie die gängigsten Mythen, ihre Hintergründe - und warum die Tipps nicht funktionieren. [...]

Jeder Schlag auf eine Festplatte, sei sie nun alt oder aktuell, führt in der Konsequenz zu einer direkten Beschädigung der Magnetoberflächen und entsprechenden Kratzern auf den Scheiben. Jedes Daten-Bit, das innerhalb und direkt außerhalb dieser Kratzer liegt, ist unwiederbringlich verloren. Bei aktuellen externen Festplatten, die zum Beispiel hochkant betrieben werden, reicht ein einfaches Umfallen im laufenden Betrieb, um schwerwiegende Oberflächenbeschädigungen hervorzurufen.

3. Platten-Stapelwechsel bei defekten Magnetscheiben einer Festplatte

Ein weiteres Gerücht, das sehr häufig mittels Forenbeiträgen transportiert wird, ist der Plattenstapelwechsel. So wird häufig kolportiert, dass man diesen sehr einfach durchführen könne, um eine defekte Festplatte zu reparieren, indem man die Scheiben einfach in ein baugleiches Gehäuse setzt. Die Wahrheit ist, dass Datenrettungslabore den Platten-Stapelwechsel nur sehr selten und nur bei einer bestimmten Art des Defekts der Festplatte einsetzen. Zudem sind für einen Plattenstapelwechsel spezielle Werkzeuge und Mechanismen unumgänglich. Zumeist dann, wenn es direkte Probleme mit dem Antriebsmotor der Festplatte gibt, was eher selten der Fall ist. Bei modernen Festplatten werden mehrere Magnetscheiben eingesetzt und jeder Anwender, der sich hieran versucht, wird die Rettungschancen durch ein Labor zunichte machen. Die Magnetscheiben sind herstellerseitig auf einer Achse ausgerichtet und bis auf ein µ genau ohne Kennzeichnung kalibriert. Wer hier etwas verstellt, zerstört jegliche Chance auf eine Rettung durch ein Labor.

Ein weiteres Gerücht ist das Auslesen magnetischer Informationen mittels Laser-Technik. Zwar gibt es Forschungsansätze, die sich hiermit beschäftigen, jedoch steckt diese Technologie noch in den Kinderschuhen der theoretischen Grundlagenforschung und ist somit für den praktischen Einsatz in der Datenrettung untauglich.

4. Datenrettung sei durch die Herstellergarantie abgedeckt

Einige Anwender gehen auch davon aus, dass die Kosten der Datenrettung einer ausgefallenen Festplatte durch die Herstellergarantie abgedeckt seien. Dies ist falsch, denn aus den Garantiebedingungen der Hersteller lässt sich entnehmen, dass diese für enstehende Datenverluste oder Beschädigungen an den Speichermedien nicht verantwortlich gemacht werden können und sich somit auch nicht dazu verpflichten, beschädigte Festplatten zu reparieren, sondern diese lediglich austauschen – so der Garantieanspruch überhaupt als berechtigt anerkannt wird. So betrachtet, steht jeder Anwender in der Pflicht, seine Daten regelmäßig zu sichern, da ein plötzlicher Ausfall einer Festplatte, sei es aus Materialverschleiß oder eigenem Verschulden, jederzeit auftreten kann.

5. Defekte Festplatten-Elektronik – Reparieren durch einfachen Austausch der Platine

Dieser Mythos stimmt nur teilweise. In der Praxis gab es tatsächlich mal eine Phase, in der ein Austausch einer ausgefallenen, baugleichen Elektronik von sehr alten Festplatten (häufig < 300 GB) durchaus Aussicht auf Erfolg hatte. Bei allen Festplatten größer 300 GB funktioniert dies jedoch nicht, im Gegenteil. Hier kann der Tausch einer baugleichen Platine zu einer deutlicheren Ausprägung des bestehenden Schadensbilds führen. Augenscheinlich mag die ausgetauschte Elektronik zwar baugleich sein, jedoch gilt dies nicht für die in ihr gespeicherten und in Teilen einzigartigen Informationen. Hierzu zählen wichtige Betriebsparameter, die auch bei Festplatten innerhalb einer Modellserie abweichen können. Zu den Betriebsparametern von Festplatten zählen Parameter zur eingesetzten Firmware und Informationen zu den Schreib-Leseköpfen der Festplatte, sowie fehlerhafte Einträge wie defekte Sektorenlisten im Bereich der Service-Area der Platte. Zwar mag ein Austausch einer defekten Elektronik eine Festplatte dazu bewegen, dass diese wieder anläuft. Einen Zugriff auf die Daten erhält man hierdurch dennoch nicht, denn über ein leises Klicken der Festplatte wird kein Anwender an aktuellen Modellen hinauskommen. Verantwortlich hierfür sind die im ROM der Platte abgelegten spezifischen technischen Betriebsparameter. Diese sind als einzigartig anzusehen. Durch einen Austausch der Platine jedoch können diese wichtigen Parameter jedoch nicht übernommen werden. Sie müssen kopiert werden. Ohne technisches Know-How und entsprechende kostspielige Werkzeuge wird ein Anwender nicht in der Lage sein, den Datenzugriff durch einen Platinentausch herzustellen. Im Gegenteil. Durch falsche Parameter die nach Austausch der Festplatten-Platine übertragen werden, können diese auch Beschädigungen an der Firmware der Festplatte selbst auslösen und bis zur Unrettbarkeit der Festplatte führen.

6. Eine defekte Festplatten-Mechanik lässt sich mit Software-Programmen „reparieren“

Falsch. Wenn immer die Ursache eines Festplatten-Defekts eine ausgefallene Mechanik ist, dann sollte man diese unter keinen Umständen mehr anschalten oder den PC hochfahren. Sind die Schreib-/ Leseköpfe der Festplatte erst einmal beschädigt, so ist auch das Riskio von Folgeschäden durch erneute Inbetriebnahme der Festplatte besonders hoch. Schlimmstenfalls kann ein mehrmaliges Anschalten der Festplatte dazu führen, dass diese dann auch für ein professionelles Datenrettungslabor nicht mehr rettbar ist.


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