Mythen zur Reparatur von Festplatten entzaubert

Do-It-Yourself-Reparaturen an Festplatten und warum sie scheitern: Viele Tipps, über die man in Internetforen stolpert, haben ihren Ursprung vor ca. zehn bis 15 Jahren und haben in Einzelfällen vielleicht auch mal mit mehr Glück als Verstand für den einen oder anderen Anwender funktioniert. Die Mehrzahl der Anwender wird heute wie damals jedoch mehr Schaden anrichten, als dass es ihnen Nutzen stiften wird. Hier finden Sie die gängigsten Mythen, ihre Hintergründe - und warum die Tipps nicht funktionieren. [...]

Bei Festplatten, die schon im BIOS nicht angezeigt werden, sollten keine weiteren Versuche unternommen werden, um die Daten mittels eine Rettungssoftware wiederherzustellen. Hier gilt: Was im BIOS nicht erkannt wird, das kann grundsätzlich auch nicht angesprochen werden, sprich es ist für jegliche Art von Betriebssystem unerreichbar, gleichgültig, ob dieses von einer Festplatte oder über ein Boot-Medium gestartet wurde. Dies gilt nicht nur für Festplatten, sondern für alle Arten von Datenträgern.

Kann ein Anwender einen physikalischen Defekt der Festplatte ausschließen, z.B. weil Dateien, Ordner oder Partitionen versehentlich gelöscht wurden, so ist es durchaus sinnvoll, einen Versuch zur Rettung der verlorenen Daten mittels einer Wiederherstellungssoftware zu starten. Empfehlenswert ist es, diesen Versuch jedoch an einem zuvor erstellten Image des Originaldatenträgers durchzuführen. Selbst den meisten IT-Fachhändlern ist dieses Prozedere zu umständlich und zeitintensiv, dabei stellt das Imaging jedoch die Basis-Grundlage für jede Art von Wiederherstellung, Rettung oder auch nur der Analyse von Speichermedien dar.

7. Nach Formatierung der Festplatte sind Daten permanent verloren

Auch hierbei handelt es sich um einen Mythos. Das Formatieren einer Festplatte, löschen einer Datei oder eines Ordners, löscht zwar den physikalischen Eintrag aus dem Inhaltsverzeichnis, nicht jedoch die physikalischen Inhalte der Datei als gespeicherte Information auf den Magnetscheiben der Platte selbst. Insofern ist eine umfassende Wiederherstellung der Daten direkt nach durchgeführter Formatierung oder Löschung einer Festplatte zumeist möglich.

Gültig ist dies für jede Art von logischer Beschädigung einer Festplatte. Dennoch gibt es Situationen, bei denen ein logischer Defekt einer Platte nur das Symptom für eine physikalische Beschädigung der Festplatte darstellt. Hierbei sind Bereiche auf der Festplatte dann physikalisch beschädigt und können nicht mehr gelesen werden. Die gemeldeten Lesefehler der Festplatte stellen dann eine Indikation für den Nutzer auf eine physikalisches Problem der Platte dar. Besonders, wenn die Zahl der schlechten Sektoren im Leseprozess plötzlich zunehmend ansteigt, ist große Vorsicht geboten, denn physikalisch beschädigte Sektoren sind für Anwender normalerweise nicht rettbar. Logische Defekte am Dateisystem, z.B. bei allen Arten von Überschreibungsszenarien nach erneuter Installation eines Betriebssystems, stehen immer im Kontext zur Gesamtkapazität des zu rettenden Datenträgers und dem Datenvolumen der neu geschriebenen Daten. Zusätzlich spielt dann noch der Fragmentierungsgrad sowie die physikalische Positionierung der wiederherzustellenden Alt-Daten eine Rolle. Auch die spezifischen Eigenschaften einer Datei sind maßgeblich für gute oder schlechte Wiederherstellungsergebnisse, z.B. bei TrueCrypt-Partitionen oder Containern, die auf defekten Sektoren liegen und bei denen somit Inhalte fehlen. Dadurch, dass die Dateninhalte verschlüsselt sind, ist der Container als Ganzes für einen Datenzugriff unzugänglich und kann dann als Konsequenz nicht geöffnet werden. Zu den Dateicharakteristika zählt natürlich auch der Dateityp. Jede Rettungssoftware erkennt Dateiendungen wie jpg, gif, png, doc, xls. Mit exotischeren Dateitypen, wozu zum Beispiel schon Kameraaufnahmen im RAW-Format zählen, trennt sich die Spreu vom Weizen hinsichtlich der Qualität und der Erkennungsrate einer Rettungssoftware. Je spezieller oder ungewöhnlicher ein Dateiformat ist, desto wichtiger ist es zu prüfen, ob die Wiederherstellungssoftware diese Art von Dateitypen überhaupt erkennen kann.

Ganz gleich, ob Sie Ihre Daten nun aus beruflichen oder privaten Gründen zurück benötigen: Sofern gesammelte oder erstellte Daten Ihnen wichtig sind, wenden Sie sich an ein professionelles Labor zur Datenrettung, um eine bestmögliche Chance zur Wiederherstellung Ihrer verlorenen Daten aufrechtzuerhalten. Die gilt ganz speziell für jede Art von physikalischer Beschädigung von Speichermedien. Exakt in diesem Segment passieren die meisten Fehler, bei denen Anwender aus Kostengründen und durch unsachgemäße Vorgehensweise bei Do-It-Yourself-Rettungsversuchen die letzte Chance auf eine Datenrettung durch ein professionelles Labor verspielen. (pi/rnf)


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