Quantum Computing bezeichnet die Hochleistungsrechner der Zukunft. Lesen Sie, wie Quantencomputer funktionieren und was sie von herkömmlichen Rechnern unterscheidet. [...]
Quantencomputing ist ein grundlegend anderer Ansatz zu rechnen als die Art von Berechnungen, die heute Laptops, Workstations und Großrechner durchführen.
Es wird diese Geräte zwar nicht ersetzen, aber durch die Nutzung der Prinzipien der Quantenphysik wird es spezifische, typischerweise sehr komplexe Probleme statistischer Art lösen, die für heutige Computer schwierig sind.
Quantum Computing – Funktionsweise
Klassische Computer werden mit Bits als Dateneinheiten (Nullen und Einsen) programmiert. Quantencomputer verwenden dagegen so genannte Qubits, die eine Kombination aus Null und Eins gleichzeitig darstellen können, basierend auf einem Prinzip, das als Superposition bezeichnet wird.
Dieser Unterschied verleiht Quantencomputern das Potenzial, exponenziell schneller zu sein als die heutigen Großrechner und Server. Quantencomputer können mehrere Berechnungen mit mehreren Eingaben gleichzeitig vornehmen. Heutige Computer können jeweils nur einen Satz von Eingaben und eine Berechnung gleichzeitig verarbeiten. Bei der Arbeit mit einer bestimmten Anzahl von Qubits – nehmen wir wir n als Beispiel – kann ein Quantencomputer Berechnungen mit bis zu 2n Eingaben gleichzeitig durchführen.
Das klingt einfach. Vertieft man sich aber in die Details der Funktionsweise eines Quantencomputers, beginnt man zu verstehen, dass viele Herausforderungen gelöst werden müssen, bevor Quantencomputer dieses Potenzial auch in der Praxis ausschöpfen können. (Siehe Kasten „Quantencomputer im Vergleich zu klassischen Rechnern“).
Quantencomputer – technische Herausforderungen
Einige dieser Herausforderungen sind technischer Natur. So sind Qubits beispielsweise volatil. Jedes Bit in den heutigen Computern muss sich in einem Zustand von Eins oder null befinden. Es wird viel Arbeit darauf verwendet sicherzustellen, dass ein Bit auf einem Computerchip kein anderes Bit stört. Qubits hingegen können jede beliebige Kombination von Null und Eins darstellen. Außerdem interagieren sie mit anderen Qubits. Tatsächlich sind es diese Interaktionen, die es ermöglichen, mehrere Berechnungen auf einmal durchzuführen.
Die Steuerung dieser Interaktionen ist jedoch sehr kompliziert. Die Volatilität von Qubits kann dazu führen, dass Eingaben verloren gehen oder verändert werden, was die Genauigkeit der Ergebnisse beeinträchtigen kann. Und um nun einen leistungsfähigen Quantencomputer zu bauen, müssen Hunderttausende oder Millionen von Qubits kohärent miteinander verbunden werden. Die wenigen Quantencomputer, die es heute gibt, können diese Anzahl nicht annähernd verarbeiten.
Software- und Hardwarefirmen – von unbekannten Start-ups, über Forschungsinstitute bis hin zu Unternehmen wie Google, IBM und Microsoft – versuchen, diese Herausforderungen zu meistern. Sie arbeiten an Algorithmen, die den heute verwendeten kaum noch ähneln. Ebenso wird sich die Hardware möglicherweise sehr von den heutigen grauen Kästen unterscheiden. Zudem arbeiten sie an Software, die dabei hilft, vorhandene Daten in ein Qubit-fähiges Format zu übersetzen. Aber noch haben die Unternehmen einen langen Weg vor sich.
Obwohl das Konzept des Quantencomputers seit den frühen 1980er Jahren existiert, gab es erst Ende 2019 den ersten wirklichen Beweis dafür, dass Quantencomputer mit Problemen umgehen können, die für klassische Computer zu kompliziert sind: Google gab bekannt, dass sein Quantencomputer eine solche Berechnung in nur 200 Sekunden gelöst hat. Aber dies war eher eine mathematische Übung als etwas Praktisches, das sich real in der Geschäftswelt anwenden ließ – das gelöste Problem hatte keinerlei realen Nutzen.
Quantum Computing – Bereiche statt Antworten
Die Natur der Quantenmechanik stellt exponenziellen Geschwindigkeitszuwächsen auch durchaus Hindernisse in den Weg. Heutige Computer arbeiten auf eine einfache Weise: Sie manipulieren einen begrenzten Datensatz mit einem Algorithmus und geben dann ein Ergebnis aus. Quantencomputer sind dagegen komplizierter.
Nachdem mehrere Dateneinheiten in Qubits eingegeben wurden, werden diese Qubits so manipuliert, dass sie mit anderen Qubits interagieren, so dass eine Reihe von Berechnungen gleichzeitig vorgenommen werden können. Darin sind Quantencomputer viel schneller als die heutigen Maschinen. Aber diese Performance-Gewinne werden dadurch relativiert, dass Quantencomputer keine klare Antwort liefern. Stattdessen erhalten die Benutzer eine eingeschränkte Bandbreite möglicher Antworten. Es kann sogar vorkommen, dass diverse Rechenläufe stattfinden müssen, um den Bereich noch weiter einzugrenzen. Die gleichzeitige Durchführung mehrerer Berechnungen kann aber dazu führen, dass die erhofften Geschwindigkeitsgewinne ausbleiben.
Erhält man nun unscharfe oder mehrere Antworten, dann scheinen Quantencomputer weniger präzise als die heutigen Computer zu sein. Das stimmt auch für Berechnungen, die in ihrem Umfang begrenzt sind, was ein Grund dafür ist, dass Quantencomputer die heutigen Systeme nicht ersetzen werden. Stattdessen dürften sie für neue Arten von Problemen eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um unglaublich komplexe Aufgabenstellungen, bei denen eine große Bandbreite von Möglichkeiten eingeschränkt wird, was eine enorme Zeitersparnis bedeutet. Womit letztlich auch Hybrid-Ansätze vorstellbar sind: Ein komplexes Problem wird zuerst per Quantencomputer auf wenige Möglichkeiten eingegrenzt und in einem letzten Schritt errechnet ein klassischer Computer ein Ergebnis.
Das können Quantencomputer
Quantencomputer verfügen über vier grundlegende Fähigkeiten, die sie von den heutigen klassischen Computern unterscheiden:
- Quantensimulation, bei der Quantencomputer komplexe Moleküle modellieren;
- Optimierung, also die Lösung multivariabler Probleme in beispielloser Geschwindigkeit;
- quantenkünstliche Intelligenz (KI) mit besseren Algorithmen, die das maschinelle Lernen optimieren und
- die Primfaktorzerlegung, die die Verschlüsselung revolutionieren könnte.
Quantencomputer im Vergleich zu klassischen Rechnern |
Bits vs. Qubits – das Konzept ist völlig anders Ein Bit ist die wesentliche Informationseinheit heutiger Computer. Jedes Bit kann als Informationsinhalt entweder den Wert Null oder Eins annehmen. Ein Qubit ist die wesentliche Informationseinheit für Quantencomputer. Qubits können jede Kombination von Nullen und Einsen gleichzeitig speichern. Dementsprechend unterscheiden sich ihre Berechnungen: Ein einzelnes Ergebnis gegenüber einem eingegrenzten Bereich an Möglichkeiten. Die Einschränkungen der Bits zeigen sich, wenn klassische Computer ein Problem mit mehreren Variablen bearbeiten sollen. In solchen Szenarien muss der Computer bei jeder Änderung einer Variablen eine neue Berechnung durchführen. Jede Berechnung ist ein einzelner Pfad zu einem einzelnen Ergebnis. Quantencomputer haben dagegen dank der Natur der Qubits einen exponenziell größeren Arbeitsraum. Sie können eine gigantische Anzahl von Rechenpfaden gleichzeitig erforschen, was Quantencomputern das Potenzial verleiht, viel schneller zu sein. Sie liefern mehrere Ergebnisse in einem engen Bereich und nähern sich so der Antwort viel schneller an als klassische Computer. Der hybride Ansatz Forscher erwarten, dass viele multivariable Probleme künftig durch eine Kombination aus Quanten- und klassischer Berechnung gelöst werden können. So könnte ein Unternehmen beispielsweise durch den Einsatz von aufkommenden Quantencomputern, die die Bandbreite möglicher Lösungen für ein Finanz- oder Logistikproblem eingrenzen, die optimale Lösung um zehn Prozent schneller erreichen. Diese Art von inkrementellem Fortschritt wird die Norm sein, bis die Quantencomputer reif genug sind, um massive Durchbrüche in Bereichen wie der Medikamentenentwicklung oder der Kryptographie zu erzielen. |
*Alexandre Ménard ist Senior Partner bei McKinsey.
**Ivan Ostojic ist Partner bei McKinsey.
***Mark Patel ist Senior Partner bei McKinsey.
****Daniel Volz ist Consultant bei McKinsey.
Be the first to comment