SAP ist als Softwareanbieter für die großen Unternehmen dieser Welt gestartet. Anfang der Nuller-Jahre blies der ERP-Riese zur Jagd auf den Mittelstand, um seinen Markt zu erweitern: SAP Business byDesign sollte die Lösung für kleinere Unternehmen sein. Doch Entwicklungs- und Strategieprobleme machten die hochfliegenden Pläne vorerst zunichte. Wo steht SAP heute im Mittelstand? [...]
„Im Bereich des traditionellen deutschen Mittelstands und auch bei den ‚Hidden Champions‘ mit teilweise nur 100 bis 300 Mitarbeitern ist SAP durchaus zu Hause“, sagt Karsten Sontow, Vorstand des ERP-Beratungshauses Trovarit AG. „Wenn aber von Betrieben mit fünf bis 50 Mitarbeitern und wenigen ERP-Usern die Rede ist, darf man auch heute noch fragen, ob SAP da angekommen ist.“ In diesem „Small“-Markt mit rund 750.000 Unternehmen in Deutschland täten sich die Walldorfer schwer. Um hier auf maßgebliche Marktanteile zu kommen, müsse das Angebot massentauglich sein.
Auch aus Sicht der Deutschen SAP Anwender Gruppe (DSAG) ist der Hersteller im Markt der kleineren mittelständischen Unternehmen nicht präsent genug. „SAP Business byDesign ist hinter den Erwartungen zurück geblieben“, kommentiert Gerhard Göttert, DSAG-Vorstand Anwendungsportfolio: „Die Informationspolitik war in den letzten anderthalb Jahren nicht immer glücklich – bis hin zur Pressemeldung, dass SAP das Produkt selbst in Frage stellt.“ Vor allem aber habe die Software mit Blick auf kleine Unternehmen Nachholbedarf. An vielen Stellen stoße man auf komplexe ERP-DNA wie beispielsweise eine stark arbeitsteilige Rollenausprägung. Hinzu komme, dass wichtige Standardfunktionen für Kleinunternehmen fehlten oder nur mit externer Unterstützung nutzbar gemacht werden könnten. Beispielsweise gibt es ein sehr flexibles Werkzeug zur Formularanpassung, das jedoch nur von wenigen Kleinunternehmen ohne zusätzlichen Support genutzt werden kann.
BUSINESS BYDESIGN: PATIENT TOT?
Als der ERP-Hersteller 2007 mit Business byDesign antrat, hieß es, die Software sei ausgelegt für Unternehmen mittlerer Größe aller Branchen mit 100 bis 500 Mitarbeitern. Mittlerweile spricht SAP von Unternehmen ab 500 Mitarbeiter. Eigentlich war der Softwarekonzern mit dem ersten Cloud-ERP-System der Zeit voraus, der geplante Siegeszug jedoch blieb aus: Zu viele Probleme nach dem Start der Software und die Skepsis der Anwender standen im Weg. 2012 wurde dann auch Business One, das Angebot für die ganz kleinen Unternehmen, in der Cloud angeboten und ist über Amazon Web Services zu bestellen. Dass sich die Zielgruppen der Lösungen – Unternehmen, die bisher nicht über ein ganzheitliches ERP-System verfügen und Tochtergesellschaften von Großunternehmen – überschneiden, nahm SAP in Kauf.
Nachdem die „Wirtschaftswoche“ 2013 berichtete, der Hersteller wolle die Weiterentwicklung von Business byDesign einstellen, galt das Projekt endgültig als gescheitert, obwohl ein Dementi folgte. Doch wohl vor allem die Partner, die auf das Produkt gesetzt hatten, wollten die Cloud-Lösung am Leben erhalten. Der Verein SAP Cloud Partner (SCP), dem Softwarehäuser wie ABS Alpha Business Solutions oder All for One Steeb angehören, begrüßte im Herbst 2014, dass SAP die Roadmap eingehalten und die Lösung auf die Hana-Plattform migriert habe. Auch die Ernennung von Michael Schmitt zum neuen General Manager für Business ByDesign bei SAP zeigt, dass noch einmal Leben in das Cloud-ERP kommen könnte. Schmitt kündigte an, die Partner stärker einzubinden, um mehr Branchen-Know-how zu generieren. Bis dato hatte SAP die Lösung auch selbst vertrieben. Der neue Manager will darüber hinaus Bereiche wie FieldServices, Development, PreSales und Marketing stärker zusammenführen.
ZU TEUER? NICHT AUF KLEINE ZUGESCHNITTEN?
Es gebe zwar für jede Unternehmensgröße ein SAP-Angebot, einige ausschlaggebende Details blieben bei den Lösungen für kleinere Unternehmen jedoch auf der Strecke, kritisiert der DSAG-Vorstand. „SAP hat erheblichen Nachholbedarf bei den Lizenzmodellen, sie müssen idealer auf den Bedarf kleiner und mittlerer Unternehmen ausgelegt werden. Bei Business byDesign startet das Lizenzmodell bei 25 SAP-Usern. Diese Begrenzung ist zu hoch, es müsste ein anderes Einstiegszenario für KMUs geben“, so Göttert. Ob die SAP-Lösungen überdimensioniert sind, lasse sich aber nur schwer an Mitarbeiterzahlen fest machen, erläutert der DSAG-Vorstand.
„Viele kleine Unternehmen würden bei ihrem Auswahlprozess im Traum nicht auf die Idee kommen, SAP als relevanten Anbieter zu sehen. Das ist ein Sichtbarkeits- und ein Imageproblem“, konstatiert ERP-Experte Sontow. Selbst im gehobenen Mittelstand hafte SAP das Image an, teuer zu sein. So kritisierten Anwender zum Beispiel das Preis-Leistungsverhältnis von SAP ERP, obwohl sie der Software gleichzeitig absolut wettbewerbsfähige Preise bei Anschaffung und Betrieb attestierten und die Leistungsfähigkeit gut bewertet werde. „Wenn es inhaltlich also keinen Grund gibt, muss es mit dem Eindruck am Markt zu tun haben. Dass die SAP als Lieferant für DAX-Konzerne wahrgenommen wird, steht ihr bei kleineren Unternehmen eher im Weg“, so Sontow. Aus seiner Sicht scheinen die Walldorfer bisher auch nicht die passenden Maßnahmen gefunden zu haben, diese Wahrnehmung im „Small“-Segment zu ändern.
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