Virtualisierte Netze und Software Defined Networking (SDN) existieren nicht mehr nur in Strategiepapieren. Die Technik ist heute praxisreif und wird in den nächsten Monaten und Jahren die Netzwerk- und Rechenzentrenszene kräftig umkrempeln. [...]
PROVIDER ALS EARLY ADOPTER
Besondere Treiber der SDN-Umsetzung sind derzeit Serviceprovider wie zum Beispiel Rechenzentrenbetreiber. Für sie ist es natürlich geschäftsentscheidend, ihre Infrastruktur schnell auf die Anforderungen ihrer Kunden anpassen zu können. Eine Studie von Packet Design bei Providern während der SDN/MPLS International Conference in Washington hat ergeben, dass mittlerweile 53 Prozent SDN produktiv einsetzen. Ein Jahr zuvor lag diese Quote noch bei 19 Prozent. Hauptargument für die Einführung von SDN ist die erhöhte Agilität, die dazu führt, dass schneller auf Geschäftsanforderungen reagiert werden kann.
Die Serviceprovider sind aber auch besorgt, etwa darüber, dass es zu wenig Industriestandards gibt. Bereits 56 Prozent sind in der jüngsten Umfrage von Packet Design dieser Ansicht – gegenüber 26 Prozent ein Jahr zuvor. Dagegen hat heuer ein etwas geringerer Teil der Befragten, nämlich 53 gegenüber 57 Prozent, das Gefühl, dass SDN-Techniken und -Implementierungen zu komplex sind. Schliesslich haben 70 Prozent Bedenken, dass sie zu wenig Erfahrung und Kenntnisse in Sachen SDN haben.
DIE FOLGEN FÜR NETZWERKADMINS
Eines scheint klar zu sein: SDN, in welcher Spielart auch immer, wird den Betrieb heutiger Netzwerke stark verändern, was sich auch auf die Netzwerkadministratoren auswirkt. Laufen sie Gefahr, marginalisiert zu werden oder gar ihren Job zu verlieren, da nun die Applikationsprogrammierer und das Server-Virtualisierungs-Team das Szepter in die Hand nehmen?
Für IDC hat sich Brad Casemore diese Frage gestellt und zusammen mit Rohit Mehra die Erkenntnisse in der Studie „SDN Survey“ zusammengetragen. Darin kommen sie zum Schluss, dass die einzelnen Silos bereits aufgebrochen sind. Auf die Frage, wer für die Entscheidungen über die Netzwerkinfrastruktur im Rechenzentrum des Unternehmens verantwortlich ist, nannten nur 10 Prozent das Netzwerk-Team als allein verantwortlich. In den meisten Fällen arbeitet das Netzwerk-Team mit anderen IT-Divisionen zusammen, so mit dem Server-Virtualisierungs-Team (22,7 Prozent), mit den IT-Architekten (30,1 Prozent) oder mit beiden zusammen (13,5 Prozent). Entsprechend viele Unternehmen haben denn auch schon die IT-Abteilung als Ganzes restrukturiert oder planen eine derartige Umorganisation (71,6 Prozent). „Jene Netzwerkprofis, die aus ihren Silos ausbrechen, die Veränderungen annehmen und neue Fähigkeiten in Gebieten wie Automation und Programmierbarkeit erwerben, werden belohnt“, so das Fazit der IDC-Studie. Und ja, Netzwerkprofis haben laut den Auguren eine Zukunft in einem von SDN geprägten Umfeld. Aber diese werde anders aussehen als in der Vergangenheit. Rolf Schärer sieht als früherer Netzwerkadministrator eine spannende Zukunft für seine Zunft: „Wenn es für einen Netzwerkadmin spannend ist, ein Netzwerk aufzubauen und die Architektur zu definieren, dann ist die neue Zeit für ihn interessant. Denn er hat letztlich für solche Aufgaben mehr Zeit und muss sich nicht mehr um tägliche Routineaufgaben kümmern, weil ihm diese nun abgenommen werden.“
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