Low-Code-Plattformen bergen enormes Potenzial, doch die Lösungen unterscheiden sich teilweise erheblich. Darauf sollten Sie bei der Auswahl achten. [...]
Aus geschäftlicher Perspektive macht es oft Sinn, auf Microservices, individuell angepasste Applikationen, proprietäre Datebanken oder Enterprise Workflows zu setzen. Es gibt aber auch Umstände, unter denen Business- wie Technologieteams Low-Code– und No-Code-Plattformen in Erwägung ziehen sollten. Zum Beispiel, um:
- Entwicklungsprozesse zu beschleunigen,
- technische Best Practices „out of the box“ zur Verfügung zu stellen, oder
- DevOps-Prozesse zu vereinfachen.
Low-Code-Plattformen lassen sich in verschiedene Kategorien einordnen. Einige fokussieren darauf, damit möglichst schnell Web-, Mobile Interfaces und Workflows entwickeln zu können, andere legen den Schwerpunkt auf Data Visualization, Datenintegration oder Data Preparation. Zudem unterstützen moderne Low-Code-Plattformen auch Machine Learning, IoT und IT-Automatisierung. Um zur richtigen Low-Code-Plattform für Ihr Unternehmen zu finden, sollten Sie die folgenden sieben Auswahlkriterien beherzigen.
1. Use Cases evaluieren
Low-Code– und No-Code-Lösungen haben im Lauf der letzten Jahre an Popularität gewonnen. Insbesondere im Jahr 2020, als viele Unternehmen ihre Applikationen wegen der Pandemie und ihrer Folgen möglichst schnell erstellen, beziehungsweise anpassen mussten.
Im Idealfall helfen Low-Code-Plattformen Ihrem Unternehmen dabei, die Anwendungsentwicklung zu beschleunigen und Erweiterungen umzusetzen. Das muss jedoch im Vorfeld mit Blick auf die Art der Applikationen, die Datenerfordernisse, Workflow-Funktionen und andere Faktoren evaluiert werden.
Deswegen ist es wichtig, diverse Bedürfnisse der App-Entwickler und Use Cases im Blick zu haben, wenn Sie Low-Code-Plattformen in Augenschein nehmen. Am wichtigsten ist jedoch, ein Gefühl für die Stärken und Schwächen sowie den Umfang einer Low-Code-Lösung zu bekommen. Auf Low-Code zu setzen, weil er für einen einzigen Anwendungsfall gut funktioniert, ist riskant, da es keine Garantie dafür gibt, dass der Ansatz auch für künftige Anforderungen optimal ist.
2. Verantwortlichkeiten spezifizieren
Einige Plattformen schmücken sich mit dem Label Low-Code, was impliziert, dass zumindest rudimentäre Programmierkenntnisse erforderlich sein können, um Applikationen zu entwickeln. Andere Plattformen werden unter der Bezeichnung No Code vermarktet und bieten visuelle Tools, um Benutzeroberflächen, Workflows und Integrationen zu erstellen.
Viel wichtiger ist jedoch, festzulegen, wer die Anwendungen eigentlich entwerfen, entwickeln und warten soll. Manche Low-Code-Plattformen sind eher für Softwareentwickler konzipiert, andere für Citizen Developer – also zum Beispiel Business-Analysten oder Fachexperten. Einige Lösungen adressieren auch beide Zielgruppen und bieten für diese jeweils unterschiedliche Tools und Möglichkeiten.
Je nachdem, welche der beiden Gruppen in Ihrem Fall adressiert werden soll, tun Sie gut daran, diese so früh wie möglich in den Auswahlprozess zu integrieren. Die Menschen, die mit der Low-Code– oder No-Code-Plattform später arbeiten, sollten interessiert daran sein und auch die Zeit haben, sich eingehend mit der Technologie zu befassen.
3. Kundenzufriedenheit recherchieren
Jede Menge positive Bewertungen für eine Technologie-Plattform aufzutun, ist ein Kinderspiel. Einige Low-Code-Plattformen vermarkten ganz gezielt die Anzahl ihrer Kunden oder Anwendungsfälle – andere teilen ihre Kundenzufriedenheits-Reportings. Die großen, etablierten Plattformen finden sich zudem in Gartners Magic Quadrant oder dem Wave-Report von Forrester.
Im Idealfall finden Sie einen Mittelweg: Plattformen, die begeisterte Fans haben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Endbenutzererfahrung, die technologischen Möglichkeiten sowie der kurz- und langfristige Mehrwert sich auf einem hohen Level bewegen. Es wird schwer, mit Low-Code-Plattformen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, langfristig erfolgreich zu sein.
4. Anforderungen definieren
Low-Code-Plattformen weisen sehr unterschiedliche Geschäfts- und Preismodelle auf. Einige setzen auf ein Endbenutzer-Preismodell, das heißt, Sie zahlen im Fall einer größeren Nutzerzahl oder einer generell ausgeprägteren Nutzung mehr. Andere Anbieter ermitteln ihre Preise auf Grundlage des Entwicklungsumfangs, beziehungsweise auf Basis von Metriken wie der Anzahl der Applikationen oder Entwickler. Einige Unternehmen bieten auch separat zu erwerbende Einzelprodukte an und bei den meisten Lösungen orientiert sich das Preisgefüge außerdem an den zur Verfügung stehenden Features.
Sie sollten sich also trotz niedriger Einstiegsbarrieren mit kostenlosen Testzugängen, etc. im Klaren sein, welche Kosten unter Produktivbedingungen anfallen. Machen Sie dabei jedoch nicht den Fehler, bei der Evaluierung von Low-Code-Plattformen ausschließlich auf den Preis zu achten. Am Ende ist entscheidend, dass die User Experience, die Entwicklungsproduktivität und die Funktionen im Betrieb stimmen.
5. Integrationsaufgaben präzisieren
Niemand kann es sich leisten, Low-Code-Applikationen in Silos zu entwickeln. Anwendungen müssen mit Enterprise-Systemen, APIs, Cloud- und Rechenzentrumsdatenbanken und Datenquellen von Drittanbietern integriert werden. Wenn Ihr Unternehmen IoT-Datenpipelines oder Machine-Learning-Modelle entwickelt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese in Low-Code-Plattformen integriert werden sollen.
So gut wie alle Plattformen bieten APIs, aber was Sie damit machen können, wie gut sie funktionieren und wie die Anbieter die Entwicklungsteams unterstützen, ist ein ganz anderes Thema. Das Letzte was Sie wollen, sind Low-Code-Anwendungen, die komplexe und wartungsintensive Integrationen erfordern.
Im ersten Schritt empfiehlt es sich, IFTTT-Plattformen in Augenschein zu nehmen: Integrieren diese mit der Low-Code-Plattform? Welche Aktionen und Trigger werden unterstützt? Selbst wenn Sie diese Plattformen nicht produktiv zum Einsatz bringen, geben sie einen Überblick über Fähigkeiten der Plattform und die Implementierung von Integrations-Proof-of-Concepts.
6. Hosting-, DevOps- und Governance-Optionen prüfen
Low-Code stand eine ganze Zeit als Synonym für SaaS- und Cloud-Hosting-Optionen, nur wenige Anbieter hatten Hybrid-Cloud- und Rechenzentrums-Optionen in petto. Das hat sich inzwischen geändert – auch Low-Code-Plattformen setzen inzwischen auf Hosting-Flexibilität. Auch die Optionen in Sachen DevOps sollten Sie in Ihre Überlegungen mit einbeziehen. Denn was das anbelangt, unterscheiden sich Low-Code-Plattformen teils erheblich. Insbesondere in Bereichen wie:
- Versionierung von Anwendungen oder Integration mit einem Versionskontrollsystem
- Unterstützung des Entwicklungslebenszyklus in Entwicklungs-, Test- und anderen Umgebungen
- Ermöglichung von agilen Entwicklungsprozessen in Verbindung mit Backlog- und Roadmap Tools
- Integration mit CI/CD, Continuous Testing oder ITSM-Change-Management-Prozessen
- Ermöglichung von Data Snapshots, Mirroring, Replikationen oder ETL-Prozessen zur Unterstützung von Disaster Recovery und Data Science
Dabei sollten Sie nicht erwarten, dass Low-Code-Plattformen so flexibel sind wie Java, .NET oder JavaScript DevOps. Der Umstieg auf Low-Code birgt auch Tücken – schließlich besteht das Ziel darin, all die „Gerüste“ zu vereinfachen, die zur Unterstützung von App-Entwicklung und IT-Betriebs erforderlich sind. Die Frage ist, ob sie die geschäftlichen und technischen Anforderungen erfüllen – nicht, ob sie den Tools und Prozessen entsprechen, die für die Softwareentwicklung gemacht wurden.
Darüber hinaus sollten Sie auch einen Blick auf die Governance-Optionen in Sachen Citizen Development werfen, wenn Sie damit planen, die Mitarbeiter in den Fachbereichen zu befähigen, Applikationen zu erstellen.
7. Compliance- und Security-Anforderungen verstehen
Die Reihenfolge, in der Sie Low-Code-Plattformen bewerten, ist wichtig. Das soll nicht heißen, dass Compliance und die unwichtigsten Dinge sind. Wenn Sie Anwendungen entwickeln, die HIPAA-konform sein müssen, Data-Lineage- und Auditing-Fähigkeiten mitbringen müssen oder andere nicht verhandelbare Anforderungen erfüllen sollen, sollten Sie diese zuerst prüfen.
Wenn Sie dann damit beginnen, Applikationen zu implementieren, sollten Sie ein Verständnis darüber erlangen, wie die Low-Code-Plattformen mit rollenbasierter Administration, Data Masking und anderen Security-Anforderungen umgehen.
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.
*Isaac Sacolick ist Autor des Amazon-Bestsellers „Diving Digital: The Leader´s Guide to Business Transformation thourh Technology“. Er schreibt als freier Autor unter anderem für unsere US-Schwesterpublikation CIO.com.
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