So verändert die Digitalisierung den Handel

Lange erschien die Digitalisierung dem stationären Einzelhandel hauptsächlich als Bedrohung. Doch aktuelle Untersuchungen zeigen: Das Ladengeschäft hat Zukunft - wenn die Betreiber vom Erfolg des Onlinehandels lernen. [...]

DIGITALER LADEN AN DER WALL STREET
Auch das britische Modelabel Thomas Pink hat die Bedeutung digitaler Daten für das Ladengeschäft der Zukunft erkannt. In seiner Filiale an der Wall Street in New York erfasst der Anbieter exklusiver Herrenoberbekleidung unter anderem mit Video-Sensoren die Waren- und Besucherbewegungen im Laden. Big-Data-Analysen dienen der Prognose des Kaufverhaltens von Kunden sowie zur Optimierung von Ladengestaltung und Arbeitsabläufen. Auch RFID-Tags zur nahezu 100-prozentigen Erfassung des Inventars kommen bei Thomas Pink zum Einsatz. So können zeitintensive manuelle Inventuren vermieden und auch falsch einsortierte Kleidungsstücke schnell wiedergefunden werden.
Allerdings lassen sich solche Lösungen nicht ohne eine leistungsfähige Informations- und Kommunikationsinfrastruktur realisieren, denn es reicht nicht, dem Besucher einfach nur digitale „Touchpoints“ im Laden anzubieten. Vielmehr kommt es darauf an, den Kunden vom virtuellen Schaufenster im Internet über Informationssysteme im Laden und die Interaktion mit Verkaufsmitarbeitern bis hin zur – möglicherweise kassenlosen – Bezahlung und zur Auslieferung der Waren ohne Unterbrechungen zu begleiten.
Hilfe zu diesen oder anderen Fragen bietet etwa die Acuitas Digital Alliance. In ihr haben sich Unternehmen wie Intel, BT, RetailNext, NexGen Packaging, SATO Global Solutions und die Valmarc Corporation zusammengeschlossen. Gemeinsam präsentieren die Mitglieder der Allianz in der New Yorker Demo-Filiale von Alexander Black bereits das nächste Digitalisierungs-Szenario: eine interaktive Umkleidekabine. Der Kunde in der Kabine bekommt über ein interaktives Display Vorschläge für passende Kleidungsstücke. Wenn er per Touchscreen auswählt, was er als nächstes probieren möchte, erhält der Verkäufer eine Nachricht auf sein Smartphone oder Tablet. Er kann in der Zwischenzeit im Verkaufsraum andere Kunden betreuen. Das erhöht die Effizienz des Personals und den Komfort für den Kunden. Genau wie im Online-Handel.
IN FÜNF SCHRITTEN ZUM DIGITALEN LADENGESCHÄFT
Digitale Technologien bieten eine Fülle von Möglichkeiten für „reale“ Ladengeschäfte. Um sie erfolgreich zu nutzen, brauchen Handelsunternehmen ein klares Konzept und die passenden Maßnahmen, um es zu realisieren:
1. Digitale Kunden einbinden
Beacons ermöglichen die Ortung und unmittelbare Ansprache von Besuchern vor dem Geschäft oder im Laden per Bluetooth und WLAN.
2. Verkaufsmitarbeiter mit mobilen Endgeräten unterstützen
Weil das Online-Angebot immer größer ist als das im Laden, kann ein Verkäufer nicht jede Alternative zu jedem Artikel kennen. Aber er muss im Kundengespräch direkten Zugriff darauf haben.
3. Ladenlogistik digitalisieren
Wenn Kunden in den Laden gehen, erwarten sie Unterstützung und Beratung durch das Personal. Damit dafür mehr Zeit bleibt, können RFID-Etiketten in Echtzeit darüber informieren, welche Waren sich gerade wo befinden. So lässt sich beispielsweise schnell ein Paar Schuhe finden, das ein Kunde in den falschen Karton zurückgelegt hat.
4. Systeme und Daten schützen
Schutz und Sicherheit aller Daten im Laden und im gesamten Unternehmensnetz sind die Grundlage für das Funktionieren der Systeme und das Vertrauen des Kunden.
5. Daten konsequent analysieren
Kunden, die ihre Daten mit Unternehmen teilen, erwarten dafür eine Gegenleistung: Sie wollen schneller, persönlicher und besser bedient werden. Durch die konsequente Auswertung aller relevanten Daten mit speziellen Analysesystemen und die Umsetzung der dabei gewonnenen Erkenntnisse sind Unternehmen in der Lage, diese Erwartung zu erfüllen.
*Uwe Küll ist freier Journalist in München


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