Software für Bewerber-Auswahl im Überblick

Sprachanalyse- und Spielsoftware findet über Kunden, Mitarbeiter und Bewerber mehr heraus, als diese über sich selbst wissen. Wir stellen ihnen drei Tools und ihre Einsatzfelder vor. [...]

„Prävention wird im psychischen Bereich oft vernachlässigt“, sagt Ralf Steinbrecher von Actimonda. Die Aachener Krankenkasse bot ihren Versicherten deshalb den Service „VoiceCheck“ an. Kostenfrei und anonym konnten sie sich bei einem Sprachcomputer einwählen und zehn bis 15 Minuten lang telefonisch Fragen zum Urlaub oder dem typischen Verlauf eines Sonntags beantworten.

  • Mit Sprachsoftware lässt sich über Bewerber auf mehreren psychologischen Ebenen viel herausfinden

  • Zudem können bestimmte Softwaren helfen, Führungskräfte zu schulen

  • CIOs sehen noch keinen Bedarf für die Anwendung solcher Software

Wenig später hatten sie, versinnbildlicht durch einen mehr oder weniger blühenden Baum, eine automatisch erstellte Auswertung ihres Stresslevels auf dem Bildschirm, wenn nötig garniert mit Hinweisen auf autogenes Training oder ein Selbsthilfebuch. Auch ernsthafte psychische Erkrankungen sollen sich auf diese Weise früh erkennen lassen. Actimonda gab den Service wieder auf, weil zu wenige Versicherte ihn nutzten. Steinbrecher hält VoiceCheck aber für wissenschaftlich fundiert und sagt nur Gutes darüber.
ANALYSIERT WIRD NICHT, WAS GESAGT WIRD, SONDERN WIE ES GESAGT WIRD
VoiceCheck ist einer der Dienste, den das Aachener Unternehmen Psyware auf Grundlage seiner Software „Precire“ entwickelt hat. Was der Testteilnehmer dem Sprachcomputer sagt, ist egal, Precire analysiert das Wie, und zwar einerseits prosodisch (Stimmführung, Tonlage etc.), andererseits linguistisch (Satzbau, Wortwahl etc.). Nach Angaben von Psyware unterscheiden die Precire-Algorithmen 180 000 sprachliche Variablen, die mit psychologischen Merkmalen korrelieren.
Dazu wurden Sprachproben von 5000 Personen genommen, die auch psychologische Tests durchliefen. „Auch wenn man ein Youtube-Video mit Precire auswertet, erfährt man auf zwei, drei psychologischen Ebenen viel über den Sprecher“, wirbt Psyware-Gründer und -CEO Dirk Gratzel. „Mit einem kompletten Precire-Test sind es wesentlich mehr Ebenen.“
Wenn das stimmt, dann liegt es nicht fern, sich von Precire bei der Personalauswahl helfen zu lassen. Dazu dient der Service „JobFit“, zu dessen Anwendern das Zeitarbeitsunternehmen Randstad zählt. Der Bewerber ruft den Sprachcomputer an und antwortet etwa 20 Minuten lang auf bis zu 50 Fragen, danach geht eine Auswertung seiner Eigenschaften und Fähigkeiten von Psyware an den Auftraggeber. Die Fragen sind normalerweise immer dieselben, beziehen sich also nicht auf die zu besetzende Stelle. Der Bewerber bekommt keine Denkaufgaben zu lösen, wie sie für „Perls“ und andere klassische Eignungstestsoftware typisch sind. Precire soll herausfinden, ob der Bewerber persönlich zu Unternehmen und Job passt.
CIOS FRAGEN LIEBER SELBER
Eben davon machen sich viele CIOs lieber selbst ein Bild. Sebastian Saxe, CIO der Hamburg Port Authority (HPA) und CIO des Jahres 2015 in der Kategorie Mittelstand: „Ich bin ein Freund der Digitalisierung. Aber wenn wir unter den Bewerberinnen und Bewerbern eine Vorauswahl mit Software treffen würden, würden wir Leute mit Ecken und Kanten, die letztlich gut zu uns passen, nie zu Gesicht bekommen.“ Ob jemand gerne bei der HPA arbeiten und mit einem Gehalt des öffentlichen Dienstes zufrieden sein werde, „kann man nur in einem persönlichen Kontakt feststellen“.
Sebastian Saxe, CIO der Hamburg Port Authority:


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